Personalmangel bedroht Existenzen

Neun von zehn Möbelspeditionen suchen derzeit händeringend Berufskraftfahrer, gefolgt von Möbelfachkräften (73 Prozent), sonstigen Kraftfahrern (41 Prozent) und Auszubildenden (33 Prozent). Das geht aus einer Umfrage hervor, die Vertreter des Bundesverbands Möbelspedition und Logistik (AMÖ) bei ihrer Jahrestagung Anfang September in Papenburg vorstellten. Drei von vier Möbelspediteure klagen demnach über zu wenig Personal. Für ein Viertel der 143 Befragten ist die Personalsituation "bedrohlich". Jeder Zweite empfindet sie als "schwierig" und jeder Fünfte als "befriedigend". Nur eine Handvoll stuft ihre Personalsituation als "komfortabel" ein. Aufgrund des Fahrermangels mussten Unternehmen im Bereich Möbelspedition bereits geplante Aufträge anderweitig vergeben oder konnten Neuaufträge erst gar nicht annehmen, geht weiter aus der Umfrage hervor. Durch den sich verschärfenden Fachkräftemangel sehe mittlerweile fast jede zehnte Firma ihre Existenz bedroht. "Fast jeder Achte überlegt, den Betrieb ganz einzustellen", berichtete AMÖ-Präsident Frank Schäfer. Mehr als die Hälfte denke darüber nach, sich zumindest zu verkleinern. Und zwei von drei Befragten gaben an, aufgrund des Personalmangels Investitionen, etwa in neue Fahrzeuge oder Immobilien, zurückzustellen. Ebenfalls zwei Drittel zahlen bei der Suche nach Personal durch Mund-zu-Mund-Propaganda ihren Mitarbeitern "Empfehlungsprämien". Und fast jeder Fünfte spricht gezielt Personal des Wettbewerbs an. Dabei geben viele bei der Suche nach neuen Arbeitnehmern auch weniger qualifizierten Bewerbern eine Chance: Jeder Zweite bis jeder Dritte würde Abstriche bei der Qualifikation oder mangelnde Sprachkenntnisse bei neuen Mitarbeitern akzeptieren. Allerdings verlor auch ein Drittel im vergangenen Jahr Personal durch Abwerbungen aus dem Gewerbe. Bei zwei von drei Unternehmen wanderten Mitarbeiter in eine andere Branche ab. Um das eigene Personal enger an den Betrieb zu binden, nehmen die befragten Firmen Mehraufwendungen in Kauf: 68 Prozent zahlten mehr Lohn und Gehalt oder boten höhere außertarifliche Leistungen (56 Prozent) an. Ein Viertel von ihnen will mit einem positiven Betriebsklima dafür sorgen, dass sich Mitarbeiter verstärkt mit dem Betrieb identifizieren. Beispielsweise dürfen Fahrer hier bei der Auswahl der Lkw-Ausstattung mitreden. Entladehelfer soll Zweitfahrer ersetzen Bei Neueinstellungen legt inzwischen etwa jeder zweite Arbeitgeber beim Gehalt drauf. Im Rahmen des ZIMLog-Pilotprojekts "Entladehelfer" will die AMÖ nun herausfinden, ob künftig auf einen Beifahrer bei der Anlieferung von Möbeln verzichtet werden kann. Seit dem 10. September bis zum 19. Oktober unterstützen dazu zwei ausgebildete Helfer eines Personaldienstleisters die Entladung bei der Fima Porta Möbel in Vennebeck. Doch nicht allein bei den Personalkapazitäten stoßen die Möbellogistiker an ihre Grenzen. Speziell bei den Verteilspediteuren führt der boomende Onlinehandel, bei denen die Firmen auf einige wenige Auftraggeber angewiesen sind, zu einem immer größeren Sendungsaufkommen. Allein im vergangenen Jahr stieg der Onlineumsatz mit der Warengruppe "Einrichtung" um 20,3 Prozent auf 8,6 Milliarden Euro. Für Haushaltswaren und -geräte legte er sogar um 26,5 Prozent auf mehr als drei Milliarden Euro zu. "Immer mehr Menge abzuwickeln bei immer größerer Personalnot und auch mit dem zunehmend größer werdenden Problem des Flächenbedarfs für den Umschlag ist mancherorts kaum noch lösbar", bringt es AMÖ-Präsident Schäfer auf den Punkt. In der Folge entwickelten sich die Margen im Onlinehandel mit Neumöbeln oftmals unzureichend. Mittlerweile überlegten daher einige Verteilspediteure, sich aus dem Marktsegment zurückzuziehen. Die rasante Zunahme des E-Commerce bedeute darüber hinaus eine Verringerung des Ladungsaufkommens für die klassischen Neumöbelspeditionen, die für den Transport von den Möbelherstellern zum Handel verantwortlich seien. Verschärft werde der Negativtrend noch durch die Mautausweitung zum 1. Juli dieses Jahres sowie Dieselfahrverbote in deutsche Innenstädte, so der AMÖ. Entwarnung ist hier nicht in Sicht: Im Rahmen der Jahrestagung kündigte Gerhard Schulz, Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), an: "Im nächsten Schritt werden auch Lärmabgaben kommen, mittel- bis langfristig auch solche für den CO2-Ausstoß von Fahrzeugen." Ein weiteres Thema der Versammlung war der Ausstieg der AMÖ aus der FEDEMAC zum Jahresende, die Geschäftsführer Dierk Hochgesang ankündigte. Stattdessen habe man die Mitgliedschaft in der International Road Transport Union (IRU) beantragt und plane eine eigene Informationsplattform für europäische Möbelspediteure. "Das Pferd FEDEMAC ist tot, aber wir wollen uns nicht isolieren und suchen den Schulterschluss auf vernünftigem Level", erklärte Hochgesang in Papenburg. Mehr zum Thema im Dossier Möbel-Logistik & Umzüge www.verkehrsrundschau.de/dossiers