Neue Fahrer über Facebook

Für unseren Standort in Fulda suchen wir Kraftfahrer (m/w) mit CE-Führerschein - ein typischer Anzeigentext. Dazu ist im Hintergrund ein freundlicher Herr mit Schnäuzer zu sehen, der die Tür zu seiner Fahrerkabine öffnet. Speditionen sind auf Facebook präsent Mit dieser Stellenanzeige sucht die Zufall Logistics Group derzeit neues Personal. Sie erscheint aber nicht in der Lokalzeitung, sondern auf Facebook. "Wir wissen, dass viele Berufskraftfahrer in Facebook-Gruppen aktiv sind und die Anzeigen dort gut geteilt werden", erklärt Tino Mickstein, Zentralleiter Marketing und Kommunikation bei Zufall. Das Unternehmen betreibt für seine Standorte eigene Konten bei Facebook und nutzt sie, um Personal zu gewinnen. "Gerade wenn es darum geht, Ausbildungsstellen und Vakanzen in gewerblichen Berufen bekannt zu machen, hat sich das bewährt", so Mickstein. Wer auf Facebook nach "Logistik" sucht, merkt schnell: Zufall ist kein Einzelfall. Hunderte von Speditionen und Dienstleistern sind dort schon präsent - und viele ihrer Wortmeldungen beginnen mit den Worten "Wir suchen". Facebook und andere soziale Netzwerke haben sich zu wichtigen Rekrutierungskanälen entwickelt. Laut einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung Kienbaum veröffentlichen 52 Prozent aller Firmen dort bereits offene Stellen. Dabei gehen die Personalverantwortlichen meist so vor: Sie posten die Stellenanzeige als Foto, darunter einen Link zur Karrierehomepage des Unternehmens. Hier kann sich der Kandidat bewerben, entweder per E-Mail oder über ein Online-Formular. Unternehmen in anderen Branchen experimentieren sogar mit einer direkten Bewerbung auf Facebook - der Kandidat kann dann eine sogenannte private Nachricht schicken -, in der Logistik ist diese Praxis jedoch noch nicht angekommen. Kommt man auf diesem Weg an die dringend gebrauchten Fahrer und Fachkräfte? Experten sind optimistisch. "Bei gewerblichen Arbeitnehmern funktionieren vor allem Anzeigen in Facebook-Gruppen super", sagt Stefan Scheller, Rekrutierungsexperte und Autor des Blogs Persoblogger.de. "Werden in örtlichen Job-Gruppen Angebote oder Gesuche gepostet, gehen häufig im Minutentakt Antworten ein." Hinzu kommt, dass Mitarbeiter des suchenden Betriebs Stellenanzeigen häufig mit ihren Freunden online teilen und so für einen Schneeballeffekt sorgen. Bitte kein Marketing-Blabla Der tritt allerdings nur ein, wenn die Formulierung stimmt. "In der Stellenausschreibung sollte kein Marketing-Blabla verwendet werden. Kurz und prägnant mit den wichtigsten Fakten aufwarten lautet die Devise", betont Scheller. Wichtig ist auch, Facebook nicht nur als Kanal für kostenlose Anzeigen zu verstehen. Wer das tut, wird schnell ohne Fans und Likes dastehen. Gerade Nutzer von Facebook erwarten nämlich in erster Linie unterhalten zu werden. Und das bedeutet für Arbeitgeber: Die Stellenanzeigen müssen in ein attraktives Rahmenprogramm eingebettet werden - in Geschichten aus dem Unternehmen, die zum Lesen oder Anschauen einladen. "Flankierende Inhalte sollten eine stark emotionale Komponente enthalten, also Gefühle beim Leser oder Betrachter der Videos erzeugen", betont Experte Scheller. Es gehe nicht darum, zu behaupten, dass das eigene Unternehmen ein toller Arbeitgeber ist, sondern es die Leser spüren und erleben zu lassen. Ein Tipp von ihm: Wer sich als Ausbildungsbetrieb attraktiv machen will, sollte die eigenen Azubis auf Facebook aus ihrem Alltag berichten lassen - und nicht die Personalabteilung. Vor der erfolgreichen Rekrutierung steht also das Arbeitgebermarketing (Fachsprech: Employer Branding). Es gilt, den potenziellen Bewerbern ein Bild vom möglichen Arbeitsplatz zu vermitteln. Diese Idee verfolgt auch Zufall. "Wir machen ein Fenster zum Unternehmen auf", sagt Marketingleiter Mickstein. Der Mittelständler setzt dabei vor allem auf Fotos von Menschen: Wer Zufall in sozialen Medien folgt, sieht zum Beispiel Mitarbeiterinnen, die Holzspielzeug des Herstellers Brio umladen, für den man das europäische Logistiklager betreibt. Oder es werden Bilder von Mitarbeitern im Firmentrikot gepostet, die gemeinsam an einem Triathlon teilnehmen. Solche Inhalte ziehen Social-Media-Nutzer an - und bereiten den Boden für das Personalmarketing. Social Media macht Arbeit Aber woher die ganzen schönen Fotos und Beiträge nehmen? Große Konzerne leisten sich eigene Social-Media-Redaktionen, die ausschließlich dafür da sind, die diversen Online-Kanäle täglich mit Futter zu versorgen. Für Mittelständler oder gar Kleinbetriebe ist das keine Option. "Wir haben keinen festen Redaktionsplan. Wenn ein interessantes Bild oder ein guter Inhalt reinkommt, wird es gepostet", so Mickstein. Daneben nutzt Zufall, wenn möglich, vorhandenes Material. So werden zum Beispiel regelmäßig Beiträge aus dem Firmenmagazin ausgekoppelt und über Social-Media-Kanäle weiterverwertet. Das Unternehmen betreibt mittlerweile zwölf Profile bei Facebook, ist auf Twitter aktiv, verfügt über ein Unternehmensprofil bei Xing und bespielt zwei YouTube-Kanäle. Um den Überblick zu behalten, verwendet man das Programm Hootsuite, mit dem 20 Social-Media-Profile für 99Euro pro Monat betreut werden können (www.hootsuite.com/de). Über eines sollten sich Unternehmen allerdings im Klaren sein: Personalbeschaffung über soziale Medien macht Arbeit. Zum einen steigt die Zahl der Rückläufer, da die Schwelle, eine Direktnachricht über Facebook abzuschicken, niedriger ist, als zum Telefonhörer zu greifen oder eine ausführliche schriftliche Bewerbung zu senden. Zum anderen erwarten die Bewerber eine schnellere Antwort. "Drei Tage auf eine Antwort zu warten ist weder üblich noch akzeptabel", betont Experte Scheller. Das bedeutet, in der Personalabteilung müssen genug Mitarbeiter sitzen, um eine schnelle Reaktion gewährleisten zu können. Und die sollten den prägnanten Kommunikationsstil der Smartphone-Generation beherrschen. Typische Fehler vermeiden Derzeit gehen viele Betriebe das Thema Facebook-Rekrutierung noch sehr unbedarft an - und machen bisweilen handwerkliche Fehler, die Jobinteressenten unnötig abschrecken könnten. Ein typischer Patzer: Der Link unter der Stellenanzeige führt zwar zur Karriere-Homepage des Unternehmens - aber nicht zur konkreten Stelle. Also muss sich der Interessent erst mal durch eine Liste mit offenen Stellen kämpfen, um "seine" Position zu finden - ein unnötiger Umweg, bei dem viele Bewerber die Lust verlieren. Daneben machen viele Unternehmen den Fehler, dass sie in der Überschrift der Stellenanzeige nicht-gängige Begriffe verwenden, nach denen jemand suchen könnte. "Ein Nutzer wird beispielsweise nach einem 'Praktikum' Ausschau halten - dennoch wird oft ein 'Praktikant (m/w)' gesucht", nennt Experte Scheller ein Beispiel. Die Folge: Viele Bewerber, die nach Stichworten suchen, sehen die Stellenanzeige schlichtweg nicht. Und schließlich fehlt in vielen Betrieben einfach die Erfolgskontrolle: Oft weiß die Personalabteilung überhaupt nicht, wie erfolgreich eine Facebook-Anzeige war, weil sich alle Kandidaten am Schluss letztlich über die gleiche E-Mail-Adresse bewerben. Welches soziale Netzwerk etwas gebracht hat und wo sich Aktivitäten lohnen, bleibt so unklar. Dabei lässt sich hier recht einfach Klarheit schaffen: In der Stellenanzeige auf Facebook sollte eine spezielle E-Mail-Adresse stehen, etwa fb-bewerbung@firma.de. Auf diese Weise können Personaler sofort sehen, wie ein Interessent auf die Stelle aufmerksam geworden ist. Matching per App Ist Facebook der Königsweg bei der Suche nach neuen Mitarbeitern? Im Moment vielleicht schon, doch das kann sich in der Digitalwelt sehr schnell wieder ändern. Zumal sich ein grundlegender Wandel andeutet: Das alte Verfahren "Stellenanzeige schalten und Bewerbungen abwarten" könnte bald passé sein. Auf den abgeräumten Arbeitsmärkten der Zukunft bewirbt sich das Unternehmen eher beim Jobsuchenden. In welche Richtung es geht, zeigt die Plattform Birdie Match (www.birdiematch.de): Hier können Logistikprofis ihre Qualifikation sowie ihre beruflichen Wünsche und Vorstellungen (anonym) eingeben. Ein Computerprogramm schlägt dann aus einem Pool von offenen Stellen die vor, die am besten zum Kandidaten passen. Der Service ist auch per App nutzbar. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Personalwesen www.verkehrsrundschau.de/dossiers Expertentipp So finden Sie über soziale Netzwerke neue Mitarbeiter - Pflegen Sie Ihren Ruf im Netz. Googeln Sie den Namen Ihres Betriebs und schauen Sie sich die Treffer an - denn genau das werden auch Bewerber tun! Eine moderne Homepage, die für Mobilgeräte optimiert ist, gehört zum Pflichtprogramm. Sie sollten Ihren Online-Ruf genauso sorgfältig pflegen wie das Äußere Ihrer Lkw.- Bauen Sie eine Präsenz in sozialen Netzwerken auf, in denen Ihre Zielgruppe präsent ist und die zu Ihrem Unternehmen passen. Facebook ist für Speditionen sicher eine Option, Snapchat aufgrund der Kurzfristigkeit eher nicht. Ein Profil auf Xing ist ebenfalls unerlässlich, denn Disponenten und Techniker sind mittlerweile in dem Business-Netzwerk präsent.- Bauen Sie einen Talentpool auf. Nur Stellenanzeigen in sozialen Netzwerken zu posten, bringt oft nicht den gewünschten Erfolg - ganz einfach, weil es zu viele davon gibt. Deshalb sollten Sie sich auf die wichtigste Personalquelle konzentrieren: Empfehlungen Ihrer eigenen Mitarbeiter. Nutzen Sie soziale Netzwerke, um mit Empfehlern, interessanten Kandidaten und Ehemaligen in Kontakt zu bleiben. Dabei kann schon eine Facebook-Gruppe helfen.- Bleiben Sie aktiv. Social Recruiting ist keine einmalige Aktion, sondern eine Daueraufgabe. Zeigen Sie immer wieder Präsenz in den sozialen Netzwerken, sorgen Sie dafür, dass man Sie in Erinnerung behält. cg Praxisbeispiel Spedition Gressel Offene Stellen auf Facebook ausschreiben - das gehört für Barbara Gressel-Kolb zum Alltag. Die Geschäftsführerin der Spedition Gressel aus Neustadt/Aisch veröffentlicht schon seit drei Jahren ihre Stellenanzeigen auch im sozialen Netzwerk."So erreicht man die jüngere Generation", begründet Gressel-Kolb. Besonders gut gefällt ihr der Schneeballeffekt."Wir bekommen zusätzliche Rückmeldungen dadurch, dass unsere eigenen Mitarbeiter die Stellenanzeigen teilen." Außerdem sorgt Facebook selbst für Echo: Alle Nutzer, die der Spedition Gressel folgen, bekommen die Anzeige in ihrem sogenannten News-Feed (Neuigkeiten) in regelmäßigen Abständen angezeigt. So poppt die Stellenausschreibung zwei bis drei Wochen lang immer wieder auf. Derzeit nutzt manFacebook nur, um Aushilfen und Berufskraftfahrer zu finden - ganz einfach, weil diese Gruppen hier gut vertreten sind. Die Stellenausschreibung wird in der Form eines Fotos - nicht als bezahlte Anzeige - gepostet, interessierte Kandidaten können sich per E-Mail bewerben. Rückfragen sind per Telefon oder Facebook-Chat möglich, wobei viele Bewerber letztere Option, also die unpersönliche Textnachricht, bevorzugen."Viele haben Hemmungen zu telefonieren", sagt Gressel-Kolb. Die Transportunternehmerin ist mit dem Bewerbungsrücklauf, den Facebook produziert, zufrieden. Weitere soziale Netzwerke nutzt sie noch nicht, denkt aber über eine Präsenz bei der Foto-Plattform Instagram nach."Für den Fall, dass die Popularität von Facebook abklingt." cg

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