Mission Wachstum

Kennen Sie das chinesische Wort für Lkw-Vermietung? Dietrich: TIP (lacht). Ob es tatsächlich einen chinesischen Ausdruck für Lkw-Vermietung gibt - und ob das in China bereits ein Geschäftsmodell ist - weiß ich nicht. Auch in China gewinnt jedoch der Grundsatz "Mobiles leasen, Immobiles kaufen" zunehmend an Bedeutung. Warum ist GE (General Electric) bei TIP ausgestiegen? Von Ohlen: Im Rahmen der Finanzkrise hat GE entschieden, das Geschäftsvolumen von GE Capital zu reduzieren und sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren, und zwar die Unterstützung des Industriebereiches. Wir als Miet- und Servicedienstleister im Trailerbereich gehörten nicht zu diesem Kernbereich. Die HNA-Gruppe wurde auf uns aufmerksam. HNA hatte zuvor bereits die Seecontainervermietung Seaco von GE übernommen. Dadurch bestand bereits ein gewisses Vertrauensverhältnis. Wie ist es bei Ihren Mitarbeitern und Kunden angekommen, dass Sie jetzt einen Besitzer aus China haben? Dietrich: Als bekannt wurde, dass sich ein chinesischer Investor bei uns engagiert, kamen natürlich Fragen auf. Aber überhaupt nicht negativ. Mittlerweile ist es für die meisten Menschen völlig normal, dass das I-Phone in China produziert wird und es auch dort ein gutes Management gibt. Als wir unser Kick-Off hatten, hat der Präsident der HNA Group am Kick-Off teilgenommen. Er hat zwei Stunden mit uns gesprochen, sowohl über TIP als auch über die HNA-Firmenphilosophie und über Werte, für die HNA steht. Er wollte aber auch viel von uns wissen. Wir sind jedenfalls froh, dass wir mit HNA einen strategischen Investor haben, der uns auch umfangreich investieren lässt. In 2014 konnten wir so unsere Vermietflotte um 500 neue Auflieger erweitern. Wir können jetzt freier und flexibler agieren. Sie haben kürzlich Hauser Trucks übernommen. Was ist noch von TIP in Sachen Expansion zu erwarten? Von Ohlen: Wir haben das Vermiet- und Servicegeschäft von Hauser Trucks übernommen. Herr Hauser kümmert sich weiterhin für uns um die Kunden. Für uns ist damit ein zusätzlicher TIP-Standort entstanden mit Vermietung, Wartung und einer großen Werkstatt. Planen Sie weitere Übernahmen? Dietrich: Wenn wir über Akquise sprechen, geht es nicht alleine darum, Flotten von anderen Vermietern zu übernehmen. Wir se hen stets, wie wir unser Netz geo grafisch ver dich ten können. Mit der Akquise von Hauser Trucks haben wir zehn Standorte mit Vermietgeschäft und Werkstatt in Deutschland. Da gibt es na türlich noch Fle cken, wo wir we der mit Vermie tung noch mit Werk statt sys temen vertreten sind. Hier schauen wir sehr konkret, wo gibt es interessante Bereiche, die an in ternationalen Routen liegen, um hier ge mein sam mit den Kunden wachsen zu können. Von Ohlen: Wir hören uns bei unseren Kunden um, wo noch Standorte benötigt werden. Insofern beobachten wir kontinuierlich, wie sich der Markt entwickelt und was für unsere Kunden sowie für uns die beste Lösung ist. Wie viele Standorte sind als Ziel definiert? Dietrich: The sky is the limit. Dieser Satz klingt erst mal etwas hart. Wir haben aber tatsächlich keine Ziele, die uns blockieren. Wenn unser Kunde eine Lösung braucht, dann werden wir für diesen Kunden - wenn das für uns rentabel ist - eine Lösung aufbauen. Das kann zum Beispiel so aussehen, dass wir am Standort Werkstätten übernehmen. Wir haben aber auch Lösungen, bei denen wir Mitarbeiter in Fremdwerkstätten integrieren. Können Sie dabei in die Schatulle Ihrer Mutter greifen oder müssen Sie sich selber finanzieren? Von Ohlen: Wir finanzieren uns als TIP Europe und gehen so auf die Finanzmärkte. Der HNA-Konzern steht natürlich im Hintergrund, aber wir finanzieren uns selbst. Durch unsere Größe haben wir hier einen Vorteil, den zum Beispiel kleinere Vermieter nicht haben. So können wir uns unabhängig von den Herstellern aufstellen. Kleinere Mitbewerber finanzieren sich oftmals über Hersteller wie Krone oder Schmitz, wir sind hier unabhängig. Sie sprachen das Thema Größe an. Hier gehören Sie in Deutschland zu den Top 5. Beim Image-Ranking der Verkehrs-Rundschau ist TIP auf Platz 10 gelandet. Wie erklären Sie sich dieses mäßige Ergebnis? Dietrich: Das ist einfach zu beantworten. Diese Wahrnehmung spiegelt das wider, was auch ich sehe. Die meisten unserer Fahrzeuge fahren in Kundenfarben. Hinzu kommt, dass wir sehr stark durch unsere frühere Besitzerin und ihr Logo geprägt waren. Der GE-Ball hat in unserer Corporate Identity eine große Rolle gespielt. Das hat sich jetzt geändert. Auf der IAA in Hannover haben viele Besucher überrascht festgestellt, dass TIP noch am Markt ist. Die haben uns durch unser neues Logo das erste Mal wieder bewusst wahrgenommen. So verliert man natürlich im Laufe der Jahre an Image. Das wollen wir jetzt wieder zurückgewinnen. Es wird sicher noch einige Jahre dauern, aber dann werden wir beim Image- Ranking den Platz erreichen, auf dem wir uns selbst sehen. Gibt es auch für 2015 wieder ein großes Investitionsprogramm? Dietrich: Es wird wieder ein europaweites Investment in die Flotte geben. Wir arbeiten momentan daran, das Fahrzeugprogramm zusammenzustellen. Das hängt unter anderem von der Maut-Gesetzgebung ab. Hier sind wir mit den Herstellern vor allem über die Zahl der Achsen im Gespräch. Geht der Trend zu vierachsigen Fahrzeugen? Dietrich: Das ist eine schwierige Frage. Die Hersteller erkennen momentan keinen Trend. Das werden wir erst spüren, wenn es eine rechtliche Grundlage gibt. Dann zeigt sich, was die Kunden wollen und was sie tatsächlich einsparen können. Im Distributionsbereich, wo nicht oft voll ausgeladen wird, macht so ein Fahrzeug sicher Sinn - wenn es nur wenige Kilometer Autobahn fährt. Sie arbeiten mit allen Herstellern zusammen? Dietrich: Wir haben sogenannte "Preferred Supplier", mit denen wir zusammenarbeiten. Aber generell bieten wir kundenorientiert an und arbeiten mit allen Herstellern zusammen. Möchte ein Kunde einen ganz bestimmten Hersteller, realisieren wir das für ihn. Diese Herstellerunabhängigkeit ist ein wichtiger Punkt in unserer Strategie. Wer baut die besten Trailer? Dietrich: Das hängt auch von dem Einsatz der Fahrzeuge ab. Da gibt es bei jedem Hersteller Vor- und Nachteile. Ihr neuer Firmenname lautet TIP Trailer Services. Was hat man sich unter den Services vorzustellen? Dietrich: Wir bieten dem Kunden nicht nur an, dass er seinen Trailerbedarf bei uns über das Mietgeschäft decken kann. Wir bieten ihm auch an, unser gesamtes Netzwerk im Bereich Service zu nutzen, vom Reifen über die gesamte Wartung bis zum TÜV. Dieses beinhaltet auch Wartungsverträge sowie das damit zusammenhängende Management der Flotte. Das ist die Abgrenzung, die wir heute als Wettbewerbsvorteil haben und die wir noch stärker ausbauen wollen. Auch Nicht-Mietkunden können die Services nachfragen? Dietrich: Wir arbeiten bei TIP mit einem modularen System, das sich aus ganz kleinen Bausteinen zusammensetzt. Ein Kunde kann mit uns den Pannenservice vereinbaren, aber auch das gesamte Fuhrpark-Management. Dazu muss er seine Flotte aber nicht bei uns mieten. Wir haben Kunden, für die machen wir nur das Reifenmanagement. Andere haben einen Vertrag über das Compliance-Management. Von Ohlen: Gerade den Bereich Services für Fremdfahrzeuge haben wir seit der Finanzkrise verstärkt ausgebaut. Gibt es die Services nur für die Trailer oder auch für Zugfahrzeuge? Von Ohlen: Wir haben Konzepte, bei denen wir die gesamte Steuerung der Trucks übernehmen. Die Wartung und Reparatur machen wir dann allerdings nicht in unseren Werkstätten, sondern arbeiten hier mit den Herstellerwerkstätten zusammen. Sie haben sich in der Wirtschaftskrise aus dem Bereich der ziehenden Einheiten weitgehend verabschiedet. Warum? Dietrich: Das beantwortet sich aus der Vergangenheit unseres Unternehmens. Wir sind 1986 als Transport International Pool gestartet und haben als Erstes gezogene Einheiten in der Flotte gehabt. Hier liegt unsere Kernkompetenz, die sicher europaweit ihren Vergleich sucht. In der Krise haben wir uns auf diese Kernkompetenz konzentriert. Das waren für uns als Unternehmen in dem Moment eher die gezogenen Einheiten als die ziehenden. Wobei die sicher vom Umsatz her interessanter sind. Für uns war jedoch immer das, was unter dem Strich steht, wichtiger. Diese Konzentration auf unsere Kernkompetenz hat uns gesund durch die Krise gebracht. Mit der Übernahme von Hauser Trucks haben Sie ziehende Einheiten dazubekommen. Wollen Sie dieses Geschäft jetzt wieder ausbauen? Dietrich: Wir hatten uns einmal entschieden, im Bereich Trucks aktiv zu sein. 2007 hat uns die allgemeine wirtschaftliche Situation stark eingebremst und wir entschlossen uns, die Strategie zu ändern. Damals haben wir festgelegt, alles zu tun, was der Kunde gemeinsam mit uns machen möchte. Wir haben uns lediglich bei der Kurzzeitmiete zurückgehalten. Wir kaufen keine Fahrzeuge, um sie auf den Hof zu stellen und zu warten, dass jemand kommt, um sie für einen Tag oder so zu mieten. Mit der Übernahme von Hauser haben wir einen Teil des Geschäfts zurückbekommen. Wobei Hauser das sehr professionell betrieben hat. Das wollen wir an diesem Standort jetzt beibehalten. Zahlen Sie bei der Kurzzeitmiete drauf? Von Ohlen: Wir arbeiten mit einer Mischkalkulation. Wir kaufen Neufahrzeuge, die in der Regel in das langfristige Geschäft gehen. Wenn sie zurückkommen, entscheiden wir, ob wir sie kurzfristig vermieten oder verkaufen. Das hängt jeweils von der Auslastung ab. Dietrich: Die Lebensdauer der Fahrzeuge ist die entscheidende Variable. Wenn Sie die Kurzzeitmiete nur mit nagelneuen Fahrzeugen bestreiten wollen, dann werden Sie kein Geld verdienen. Wie lange bleiben die Fahrzeuge bei Ihnen im Fuhrpark? Dietrich: Das hängt vom Typ ab. Eine Gardine hat eine andere Lebensdauer als eine Wechselbrücke. Von Ohlen: Die Haltedauer hat sich über die Jahre hinweg verlängert. Bis 2007 waren die Gebrauchtwagenpreise sehr hoch und die Lieferzeiten der Hersteller sehr lang. Da musste man frühzeitig Produktionsplätze blockieren. Die Qualität der Fahrzeuge hat sich stetig weiterentwickelt und wir investieren viel in die Wartung, damit sich unsere Fahrzeuge immer in einem einwandfreien Zustand befinden. Insofern ist die Haltedauer nicht rein abhängig von dem Alter des Fahrzeuges, sondern auch durch die Situation am Gebrauchtmarkt sowie durch die Nachfrage der Kunden beeinflusst. Wie stellt sich der Gebrauchtfahrzeugmarkt dar? Von Ohlen: Wir verkaufen die Fahrzeuge nach Deutschland, europaweit und auch in Drittländer. Unsere Standorte in Frankreich und Spanien verkaufen eher nach Afrika, wir orientieren uns vor allem in Richtung Osteuropa. Der russische Markt hat sich von einem großen zu einem schwierigen Markt gewandelt. Aber dadurch, dass wir in den gesamten osteuropäischen Bereich verkaufen, gleicht sich das aus. Wir sind immer dabei, uns neue Märkte zu erschließen. Wenn ein Markt schwieriger wird, nutzen wir andere Märkte. Wir können relativ gut ausweichen, das ist unser Vorteil. Beim Thema Telematik arbeiten Sie mit Novacom zusammen. Dietrich: Novacom gehörte früher, wie wir, zu GE. Wir haben einen Teil unserer Flotte mit der Telematik von Novacom ausgestattet. Unsere Kunden sehen das Thema unterschiedlich, deshalb haben wir nicht die gesamte Flotte mit Telematik ausgerüstet. In bestimmten Bereichen - Pharma beispielsweise - sind die Trailer natürlich mit einem Telematiksystem versehen. Für die normale Flotte realisieren wir kundenorientierte Lösungen. Der eine will einmal am Tag wissen, wo sein Fahrzeug steht, der andere braucht als Abrechnungsbasis eine permanente Übersicht, wer wann wie lange den Trailer gezogen hat. Wir haben auch Kunden, die ihr eigenes System einsetzen. Das bauen wir dann in unseren Werkstätten für den Kunden ein. Sie haben sich auch mit dem Trailer CAN Bus befasst. Welchen Vorteil hat das für die Kunden? Dietrich: Die Kunden fragen häufig nach einem System, mit dem man nachweisen kann, wer wann welchen Trailer gezogen hat. Dabei geht es in der Regel um die Zuordnung von Schäden. Vor allem Kunden, die mit einem großen europäischen Pool und vielen Subunternehmern unterwegs sind, brauchen solche Systeme. Für diesen Zweck haben wir mehrere Projekte gestartet. Eines beispielsweise mit der Firma Schenker. Dort wissen die Verantwortlichen jetzt genau, welcher Subunternehmer wie lange ein bestimmtes Fahrzeug gezogen hat. Vita Lars von Ohlen Der Finanzdirektor Zentral- und Osteuropa des Nutzfahrzeug-Vermieters TIP Trailer Services ist seit fast sechs Jahren im Unternehmen. Er begrüßt es, dass TIP mit dem chinesischen Konzern HNA seit 2013 einen strategischen Investor im Rücken hat. Von Ohlen spricht sich für Lang-Lkw mit 40 Tonnen aus. Der Werder-Bremen-Fan hört gerne Rock und steht den sozialen Netzwerken eher kritisch gegenüber. Er nutzt weder Facebook noch Twitter. bb Vita Oliver Dietrich Seit fast drei Jahren ist der Verkaufsleiter Deutschland und Österreich beim Unternehmen TIP Trailer Services. Davor war er unter anderem bei Pirelli und Michelin tätig. Der Marketingfachmann liebt es kulinarisch hanseatisch und findet, Lkw-Maut sollte es nur auf Autobahnen geben. Auch er ist Werder-Bremen-Fan und favorisiert den Lang-Lkw mit 40 Tonnen. bb

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