Kurz vor der ersten Lesung des geplanten Gesetzes zur Lkw-Maut am 21. September im Bundestag haben der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) und die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) auf die Folgen für die Güterverkehrsbranche und die Verbraucher hingewiesen. Die Mittelstandsunion ist eine Vereinigung im Parteigefüge der CDU und CSU.
„Die Erhöhung der Mautsätze ist dramatisch, diese werden um 83 Prozent erhöht, auf circa 15,8 Cent pro Kilometer“, so Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher BGL auf einer Pressekonferenz, zu der der Verband gemeinsam mit der MIT geladen hatte. Ein Unternehmer könne das nicht aus eigenen Bordmitteln bezahlen. „Schon das Liquiditätsproblem, was die Unternehmen bekommen, ist gewaltig.“
Die durchschnittliche Marge eines Lkw-Transportunternehmens liege bei 0,1 bis maximal 2 bis 3 Prozent des Umsatzes. Damit müsse die Maut durchgereicht werden an den Endverbraucher.
Gitta Connemann (CDU), Mitglied des Bundestages und Bundesvorsitzende der MIT, ergänzt: Hinzu komme die Anhebung des nationalen CO2-Preises für Kraftstoffe im Emissionshandel. Dieser soll 2024 von 30 auf 40 Euro pro Tonne steigen, laut BGL erhöhe sich der Anteil am Kraftstoffpreis damit ab Januar insgesamt auf 10 Cent pro Liter Diesel. „Das heißt, die Betriebe sind doppelt belastet.“
Kritik: EU-Vorgaben werden übererfüllt
Beide kritisieren, dass Deutschland im Vergleich zu anderen EU-Ländern mit der Umsetzung des CO2-Mautanteils einen über die EU-Vorgaben hinausgehenden Weg verfolge. Das betreffe den Zeitpunkt der Einführung im Dezember, die Verwendung der Mittel, aber auch, dass in anderen europäischen Staaten eine gestaffelte Einführung vorgesehen sei, so Connemann.
„Die Inflation frisst sich bei uns fest. Dies wird ein Inflationstreiber werden, und zwar passend zur Weihnachtszeit.“
Das von der Bundesregierung geplante Gesetz könne dem Grunde nach noch verändert werden: Der Zeitpunkt könne etwa noch nach hinten verlagert werden, auf 2025, gestufte Modelle wären möglich, aber ihr fehle der rechte Glaube daran, dass es noch zu einer Veränderung komme.
„Die letzten Gesetzgebungsverfahren haben leider gezeigt, dass viele Gesetze keine weitreichenden Änderungen mehr seitens der Koalitionsfraktionen erfahren, jedenfalls nicht im Sinne einer Entlastung.“
BGL und MIT: Keine Lenkungswirkung für das Klima
Der BGL bekräftigte noch einmal seine Kritik, dass die Maut nicht in die Straße reinvestiert werde – es fehlten unter anderem Parkplätze. „Wenn die Transportunternehmer schon so zur Kasse gebeten werden, dann sollte das Geld auch für ihre Belange reinvestiert werden und für unsere Versorgung“, so Engelhardt
Die Hersteller würden 2024 im dreistelligen oder niedrigen vierstelligen Bereich E-Lkw liefern können. „Selbst wenn alles an Potenzial ausgeschöpft wird, was die Nutzfahrzeugindustrie liefern kann, reicht das bei weitem nicht, um dort eine Antriebswende herbeizuführen“, sagt der BGL-Vorstandssprecher. Nicht zu vergessen: Ein E-Lkw koste das drei bis dreieinhalbfache eines Diesel-Lkw.
Auch eine öffentliche Infrastruktur an so genannten Mega-Chargern, die ein Aufladen der Lkw in der für Lkw-Fahrer nach viereinhalb Stunden Fahrtzeit vorgegebenen Pausenzeit von 45 Minuten auf eine Kapazität von 60 bis 80 Prozent erlauben würde, fehle.
„Klimaschutz geht dem Grunde nach immer nur mit den Betroffenen, nicht gegen sie. Und für Klimaschutz müssen die entsprechenden Instrumente zur Verfügung stehen. Und das ist hier nicht der Fall“, meint Connemann.
Am Ende sei die Mauterhöhung in der jetzt geplanten Form kein Beitrag für das Klima, sondern ein Beitrag „für den Steuersäckel der Ampel, des Bundesfinanzministers und des Bundesverkehrsministers.“ Auch der BGL sieht keine Lenkungswirkung gegeben.
Eine Maut-Erhöhung am 1.12. auf den Weg zu bringen, sei „fernab jeglicher Praxis“, erklärt Engelhardt. Unternehmer hätten Jahresverträge, das sei nicht nur für die Transportbranche problematisch, sondern auch für die Verlader.
Wettbewerbsnachteile befürchtet
Der BGL fordert unter anderem, die CO2-Maut zumindest auf den 1. Januar 2024 zu verschieben und die Doppelbelastung für die Transportbranche durch den erhöhten CO2-Preis aus der Welt zu schaffen. Man sehe dadurch „massive Wettbewerbsnachteile“ gegenüber den ausländischen Transportunternehmen. Denn mit entsprechender Tankfüllungen bräuchten diese nicht in Deutschland tanken und zahlten damit die durch den CO2-Preis erhöhten Spritkosten nicht.
Eine weitere Wettbewerbsverzerrung sieht Connemann zum Beispiel darin, dass in anderen Ländern der Einsatz von Biokraftstoffen erlaubt sei, in Deutschland aber nicht, weil aufgrund des Widerstands aus dem Umweltministerium die entsprechende Diesel-Norm nicht angepasst werde. Mit der Folge, dass ein Lkw in den Niederlanden HVO tanken könne – und daher gerne gebucht werde von Unternehmen, die ihre CO2-Bilanz verbessern wollten.