Mainz. Die rheinland-pfälzische Güterverkehrsbranche schlägt Alarm: Es gibt zu wenig Lkw-Fahrer - und es werden immer weniger. Der Mangel trifft nicht nur Speditionen, auch die Bevölkerung könnte die Auswirkungen zu spüren bekommen. „Wenn diese Entwicklung nicht gestoppt wird, könnte in zwei bis drei Jahren ein Versorgungskollaps zu erwarten sein“, warnt Gudio Borning, Geschäftsführer des Dachverbandes der rheinland-pfälzischen Mobilitäts- und Logistikbranche (Molo). „Die Branche ist systemrelevant.“
Wenig Geld für schlechte Arbeitsbedingungen
Die beiden Hauptursachen für den Fachkräftemangel sind nach Mike Kirschs, Experte für Speditionen und Logistik bei Verdi in Rheinland-Pfalz, Beobachtung die nicht gerade üppige Bezahlung der Brummifahrer und die Rahmenbedingungen, unter denen sie arbeiten müssen. Laut Tarif verdiene ein Berufskraftfahrer in Rheinland-Pfalz nach drei Jahren bei 170 Stunden im Monat brutto 2006 Euro - ohne Spesen.
Die Transportbranche in Deutschland steht nach Angaben von Verbandssprecher Borning in einem ausgesprochen scharfen Wettbewerb mit Betrieben in Osteuropa. „Wir haben hier Mindestlöhne, Tarifverträge und ordentliche Arbeitsbedingungen“, erklärt er. „Bei Speditionen und Güterverkehrsunternehmen beispielsweise in Rumänien, Belarus und der Ukraine herrschen ganz andere Bedingungen.“
Kosten des Lkw-Führerscheins als Hürde
Die Vertreter von Molo und Verdi sind sich einig, dass der teure Lkw-Führerschein eine große Hürde für mögliche Berufseinsteiger ist.
„Früher haben viele junge Wehrpflichtige ihren Lkw-Führerschein bei der Bundeswehr gemacht. Das ist nun weggefallen“, sagt Borning. „Der Führerschein kostet jetzt mindestens 8000 bis 9000 Euro. Das muss erst einmal aufgebracht werden.“ Er forderte einen Ausbau der Förderprogramme. Die gebe es zwar auch bei der Bundesagentur für Arbeit. Aber nicht jede Agentur vor Ort sehe da eine Notwendigkeit.
In dieser Hinsicht würde die Anerkennung als Mangelberuf weiterhelfen, sagte Borning.
Von den Kunden der Speditionen wünscht er sich die Einsicht in die Notwendigkeit „fairer Frachtpreise“, damit die Unternehmen das Geld auch an die Fahrer weitergegeben könnten. Die Integration von potenziellen Fahrern mit Migrationshintergrund könnte erleichtert werden, wenn Lkw-Führerscheinprüfungen zumindest in Englisch angeboten würden. Wichtig sei es auch, das Image des Brummifahrers als systemrelevanten Beruf zu verbessern. Zu den weiteren Pluspunkten des Berufs gehöre eine hohe Jobsicherheit und der Umgang mit modernen Fahrzeugen und Arbeitsgeräten.
Stabile Versorgung hängt von Transportbranche ab
Auch nach Kirschs Ansicht haben Brummifahrer „einen der wichtigsten Jobs in der Republik“. Ohne Lkw-Fahrer und Logistiker wäre in Deutschland nichts machbar, sagt er. Die ganze Versorgung hänge davon ab. Die Gewerkschaft fordere daher bessere Bezahlung und weniger Zeitdruck.
Zudem müsse durch das Bundesamt für Güterverkehr viel öfter kontrolliert werden, ob EU-Richtlinien beispielsweise zu Lenkzeiten, Routenplanung, Aufenthalten und Rückfahrten nach Hause eingehalten werden. „Wir haben 363 Millionen Lkw-Fahrten in Deutschland im Jahr, doch es werden nur 500 000 Kontrollen durchgeführt“, rechnet Kirsch vor. Das führe dazu, dass Verstöße in Kauf genommen werden würden - weniger von deutschen, als eher von osteuropäischen Unternehmen.
Viele Betriebe in Deutschland seien zudem nicht tarifgebunden, kritisiert der Gewerkschafter.
Verbraucher sind ebenfalls in der Verantwortung
Der Preisdruck, der auf den Speditionen laste, geht nach Meinung des Gewerkschafters zu Lasten der Fahrer. „Daran tragen wir auch als Verbraucher Mitverantwortung: heute bestellt, morgen da, und das möglichst billig“, sagte er. (ste/dpa)
Kane Bock
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