Leichter und intelligenter

Die Digitalisierung und Elektrifizierung der Antriebe sorgte auch bei Achs- und Bremsherstellern für einen riesigen Innovationsschub. Beginnen wir bei SAF Holland, wo die hydraulisch angetriebene "SAF Trak" klar das Messehighlight war. Sie treibt den Trailer in der Regel an der letzten Achse an und entspricht mit ihren Poclain-Komponenten im Prinzip den hydraulischen Vorderachsantrieben der Lkw-Hersteller. Sie bringt die Kraft aber dorthin, wo auch die Ladung in der Steigung hinrutscht. Konzipiert ist die nachrüstbare "Trak" mit integriertem Zusatzantrieb für Trailer im Neun-Tonnen-Standard-Segment, die on- und offroad laufen. Aber auch bei den Standard- und Leichtbaufahrwerken legte SAF-Holland nach: "Mit unseren gewichtsoptimierten Komponenten sparen wir deutlich Gewicht, optimieren damit den Verbrauch von Fahrzeugen und reduzieren die Umweltbelastung", erklärt SAF-Chef Detlef Borghardt. Folglich ergänzte man das Programm um zwei neue, besonders leichte Luftfederaggregate, die noch effizienter sind und eine höhere Zuladung ermöglichen: Während SAF "Intra Light" für den Onroad-Einsatz in Sattelfahrzeugen ausgelegt ist, ist SAF "Intra CD Light" für schwierigen Untergrund konzipiert. Dabei spart die SAF Intra Light laut Hersteller rund 20 Kilo pro Achse. Die holten die Ingenieure aus dem sogenannten topologie-optimierten Scheibenbremssattel SBS 2220 H1 in Verbindung mit der neuen geschlitzten Bremsscheibe für 22,5-Zoll-Bereifung, dem optimierten Achsrohr und der neuen Luftfederdämpfung SAF Air Damping, die ohne übliche Stoßdämpfer auskommt. Ähnlich agierte man bei der SAF Intra CD Light für den Offroad-Bereich: "Das Fahrwerk wurde ebenfalls am Bremssattel und an der Bremsscheibe optimiert. Dadurch sparen wir elf Kilogramm pro Achse oder 33 Kilogramm im Trio ein", sagt Stefan Wallmeier, Vice President Engineering Europe. Neue Leichtbaukomponenten bei BPW Ähnliche Themen bewegten auch BPW: Auch die "Bergischen" drehten an der Gewichtsschraube: So konnte laut Pressesprecherin Nadine Wilhelm durch neue Leichtbaukomponenten für "Airlight II" das Modulgewicht auf 370 Kilo reduziert werden. Dazu tragen zwei Optimierungen bei. Erstens die neue, sogenannte "LightTube"-Lenkerfeder. Sie besteht aus einem Hohlprofil, das in einem mehrstufigen, patentierten Prozess geschmiedet wird und dadurch gegenüber einer konventionellen Lenkerfeder aus Federstahl knapp 14 Kilogramm pro Achse sparen soll. Weitere 18 Kilo möchte BPW mit der hochfesten Alunabe holen, die das Modulgewicht dementsprechend senken soll. Aber auch an den alternativen Werkstoffen bleiben die "Blauen" dran: Glasfaserverstärkter Kunststoff (Gfk) soll bei "Eco- Vision" künftig eine Gewichtsreduzierung von 80 Kilo pro Luftfedermodul ermöglichen. Dabei ist die Dichte des Werkstoffs laut Wilhelm geringer als die von Alu, doch die Festigkeit soll höher liegen als bei Federstahl. Derzeit wird ein Vorserienmuster des Fahrwerks getestet. Und wie SAF zeigt auch BPW Konzepte, die weggehen von der reinen "Rollachse", Stichwort "E-Solutions": "Die Elektrifizierung ist ein Megatrend, der jetzt die gesamte Fahrzeug- und Logistikbranche bewegt. Jenseits des Hypes setzen wir auf die Entwicklung praxisorientierter Innovationen, die Fahrzeugbetreibern und Fahrzeugherstellern handfeste wirtschaftliche Vorteile bieten", so Michael Pfeiffer, geschäftsführender Gesellschafter von BPW. Interessant ist dabei die Energierückgewinnung am Trailer mithilfe von Radnabengeneratoren. Die sieht BPW vor allem für die Energieversorgung von Kühlfahrzeugen. Laut BPW erzeugt schon eine Achse mit zwei E-Power-Radnabengeneratoren beim Bremsen genug Energie, um die Kühlmaschine zu betreiben, was laut BPW bis zu 2500 Liter Diesel jährlich sparen soll. Interessant: Der E-Power-Generator soll, selbst mit zweiter Batterie zur Zwischenspeicherung der Energie, im Vergleich zur Kühlung mittels Dieselaggregat gewichtsneutral sein. Er ist kann laut BPW an bestehende Achskonzepte montiert werden. Bei "E-Transport" handelt es sich dagegen um eine neue elektrische Achse, die speziell für Verteilerfahrzeuge entwickelt wurde. "Insbesondere im innerstädtischen Transportverkehr, etwa im Kurier- und Express-Bereich, dürfte den E-Antrieben die Zukunft gehören", meint Michael Pfeiffer. Achse, elektrischer Antrieb und Energiespeicherung bilden bei "E-Transport" ein System, das sich in die verschiedenen Fahrzeugmodelle integrieren lässt. Der Antrieb ist emissionsfrei, rekuperiert die Bremsenergie und soll die Manövrierfähigkeit des Transporters verbessern, indem er die Lenkung aktiv unterstützt. "E-Transport" soll eine Tagestour im Verteilerverkehr mit Reserven für weitere Einsätze schaffen. Die Aufladung soll in wenigen Stunden möglich sein. BPW startet derzeit erste Erprobungen. Auch bei Gigant purzelten die Gewichte Auch die Krone-Tochter Gigant ging das Gewicht an: Davon profitieren auch die Krone-Achsen, von denen man laut Krone-Geschäftsführer Marketing und Vertrieb, Gero Schulze Isfort, im nächsten Jahr gern 30.000 statt der 16.500 im aktuellen Geschäftsjahr fertigen möchte. Ein Volumen, von dem auch das Gigant-Programm profitiert, wo man auf der IAA ebenfalls gewichtsreduzierte Varianten sah. Darunter eine gewichtsoptimierte, scheibengebremste 7,5-Tonnen-Achse für 17,5-Zöller. Leichter wurde auch die Euro-Achse mit dem Fahrwerk für die Bahnverladung, was mit einem neuen Kühlkonzept für die scheibengebremsten Euro-Achsen einherging. Leichter baut auch die neue Neun-Tonnen-Euro-Achse für Mega-Fahrwerke. Mehr als 50 Kilo gegenüber einem Aggregat mit 100-Millimeter-Federlenker will Gigant beim Starrachsset mit Langhubaggregat für 17,5 und 19,5 Zoll geholt haben. Jost hat die Fertigung der von Daimler übernommenen Achsen von Kassel in ein komplett neues polnisches Werk verlegt, wo sie mittels KTL korrosionsgeschützt werden. Auch Jost nutzt spezielle Lüftungskanäle in der Bremsscheibe für ein besseres Temperaturniveau. Das Programm aus Air-, Pave-, Rail-, Steer- und Weightmaster ergänzte Jost um den "Weightoptimizer 27". Der Luftbalgträger aus Alu soll rund neun Kilo pro Achse sparen. Hier entwickelte man Daimler-, respektive Jost-typisch wieder eine spezielle Geometrie zur uneingeschränkten Kraftaufnahme. Die Ersatzteilversorgung gliederte man komplett ins Jost-System ein. Nach Schmitz Cargobull und Krone startet auch Kögel mit der eigenen Trailerachse. Achslenker und -rohr lassen sich separat voneinander tauschen. Die Achsrohre sind ohne jegliche Fügestellen aus einem Stück geschmiedet, was laut Pressesprecher Volker Seitz für einen spannungsfreien Verlauf der Kräfte und für einen zuverlässigen Schutz vor Brüchen sorgen soll. Wie das Thema sicheres oder gar autonomes Rangieren auf dem Hof aussehen könnte, demonstrierten Knorr und ZF. Auch Haldex entwickelte seine Technik in Richtung "Anfahrschutz" respektive "sanftes Andocken" weiter. Laut Krone-Geschäftsführer Schulze-Isfort ein hochbrisantes Thema: Nach wie vor gehört das Andocken an die Rampe zu den Manövern, bei denen die meisten Schäden entstehen. Wabco stellte den Abbiegeassistenten "On-City" vor: Bei einer drohenden Kollision mit ungeschützten Verkehrsteilnehmern kurz vor und während eines Abbiegemanövers warnt es den Fahrer optisch und akustisch. Falls der nicht reagiert, kann das System aktiv bremsen, um eine Kollision zu vermeiden - auch bei Nacht, blendendem Sonnenlicht oder schlechten Sichtverhältnissen. Auch neu: Die elektropneumatische Feststellbremse OnHand, die als einzige der Branche unabhängig von der Luftaufbereitung des Fahrzeugs arbeiten und die Bremse automatisch betätigen und lösen kann. Sie wird über einen Schalter im Armaturenbrett aktiviert und sorgt auch bei einer Fahrzeugkombination für sicheres Parken, sogar auf abschüssigen Straßen. Dazu kam das Notbremssystem "OnGuardMax" - alles vorbereitet für "autonomes Fahren". Wenn das Unfälle vermeidet und Kosten senkt, ist das sicher der richtige Ansatz! Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Bremsen www.verkehrsrundschau.de/dossiers