Die Wettbewerber der Deutschen Bahn im Schienengüterverkehr haben den Konzern angesichts des zweitägigen Warnstreiks auf der Schiene ab kommendem Sonntagabend zur Organisation eines Notbetriebs aufgefordert. „Die nicht im Tarifkonflikt stehenden Unternehmen dürfen weder vorsätzlich noch fahrlässig indirekt geschädigt werden“, heißt es in einem Schreiben des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen an den Chef der Bahn-Infrastruktursparte DB Netz, Philipp Nagl, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
„Wir möchten Sie namens aller Güterbahnen auffordern, in diesem Zeitraum einen Notbetrieb zu organisieren, um die Auswirkungen des Streiks auf die nicht im Tarifkonflikt stehenden Eisenbahnverkehrsunternehmen zu minimieren“, schreibt der Verband weiter, in dem die Wettbewerber organisiert sind.
Auch Fahrdienstleiter streiken
Im Tarifkonflikt unter anderem mit der Deutschen Bahn ruft die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) ab Sonntagabend zu einem 50-stündigen Warnstreik auf, der den Personen- und Güterverkehr auf der Schiene weitgehend zum Erliegen bringen soll. Zum Warnstreik sind auch die sogenannten Fahrdienstleiter aufgerufen, die den täglichen Bahnverkehr auf dem gesamten deutschen Schienennetz koordinieren.
Deshalb sind Bahn-Unternehmen betroffen, die am Tarifkonflikt gar nicht beteiligt sind. „Bei der angekündigten Länge des Streiks muss mit erheblichen Problemen im Güterverkehr gerechnet werden“, hieß es am Donnerstag auch vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV).
VDV: Erfahrungsgemäß tagelang aus dem Takt
„Erfahrungsgemäß dauert es nach einem solchen Streik tagelang, bis alles wieder so fährt, wie es bestellt wurde.“ Lieferverzögerungen seien nicht auszuschließen, die sich auch auf die Industrie auswirken könnten, teilte VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff mit.
Grundsätzlich sei angesichts eines zweitägigen Warnstreiks auf der Schiene aber nicht zu erwarten, dass die deutsche Wirtschaft in die Knie gezwungen werde, heißt es wiederum vom Güterbahn-Verband. Zwar gebe es Industriezweige, die zeitkritisch kalkulierten, wie etwa die Auto-, oder die Mineralölindustrie. Doch auch dort dauere der Warnstreik für ernsthafte Auswirkungen nicht lang genug.
Einigung im Laufe des Freitags noch möglich?
Die Deutsche Bahn ist vorerst damit gescheitert, den für Montag und Dienstag angekündigten Warnstreik noch abzuwenden. Nach ihren Angaben gab es bis zum späten Donnerstagabend Gespräche mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG).
Aus Sicht der Deutschen Bahn (DB) gibt es keinen Grund mehr für den Warnstreik. „In intensiven Gesprächen bis zum späten Donnerstagabend“ habe man der EVG zugesagt, ihrer vor Monaten erhobene Forderung nach einer Abbildung des gesetzlichen Mindestlohns nachzukommen, teilte der Konzern gegen Mitternacht mit.
Deren Verhandlungsführer Kristian Loroch sprach in der Nacht zu Freitag von „Scheinangeboten“. Nach aktuellem Stand werde der Warnstreik stattfinden. Die Gewerkschaft habe der Bahn aber ein Ultimatum gesetzt, im Laufe des Freitags auf sie zuzukommen „und sich zu besinnen“, wie Loroch der Deutschen Presse-Agentur sagte.
Die EVG will den gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro zunächst in die Tariftabellen aufnehmen, damit alle weiteren Verhandlungsergebnisse dann auf diesen Wert berechnet werden. Die Bahn hat das inzwischen zugesagt.
Sie will aber erst später in den Verhandlungen klären, ob sämtliche Tarifergebnisse dann bei diesen Beschäftigten ebenfalls als Erhöhungen in die Tabellen kommen oder etwa über Zulagen gezahlt werden. Die Bahn argumentiert, dass sie sonst etwa bei Sicherheits- oder Reinigungspersonal weit mehr als die branchenüblichen Löhne zahle.
Die Gewerkschaft hat der Bahn ein Ultimatum bis Freitag 12 Uhr gesetzt. Folge bis dahin keine bessere Offerte, bleibe die Gewerkschaft beim angekündigten 50-stündigen Warnstreik im Bahnverkehr ab Sonntagabend.
Update 12. Mai, 12:25 Uhr: Das Ultimatum der Bahn-Gewerkschaft EVG für ein neues Tarifangebot von der Deutschen Bahn ist ohne erkennbare Annäherung abgelaufen. Die Gewerkschaft hält an ihrem geplanten 50-Stunden-Warnstreik auf der Schiene ab Sonntagabend fest. Das teilte die EVG mit.
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