Klimaneutraler Güterverkehr: Das fordert die Verkehrspolitik

Die Butter im Supermarkt, der Pullover aus dem Online-Shop, das Getreide für das Brot, die Rotorblätter für die Windkraftanlage: Ob kleine oder große, leichte oder schwere Dinge - Logistik und Güterverkehr bringen sie dorthin, wo sie gebraucht werden. Das wird auch in Zukunft so bleiben. Mehr noch: Die Transportleistung wird zunehmen, so die Prognosen. Umso wichtiger ist es, dass Logistik und Güterverkehre klimafreundlich sind. Rahmen für Klimafreundlichkeit Eine Herausforderung sind dabei die Nutzfahrzeuge auf der Straße, die derzeit noch etwa ein Drittel der CO2-Emissionen des Verkehrssektors verursachen. Sie müssen zunehmend klimafreundlich angetrieben werden. Im Jahr 2030 soll im schweren Straßengüterverkehr ein Drittel der Fahrleistung emissionsfrei erfolgen. Unser Gesamtkonzept klimafreundliche Nutzfahrzeuge hilft, dieses Ziel zu erreichen. Ein Schwerpunkt ist der Aufbau einer öffentlichen Lade- und Tankinfrastruktur. Zum Beispiel für batterieelektrische Lkw. Für sie errichten wir an den Bundesautobahnen ein flächendeckendes Schnellladenetz. Künftig können E-Lkw an rund 350 bewirtschafteten und unbewirtschafteten Rastanlagen schnell die Batterie laden. Mit diesen Standorten decken wir etwa zwei Drittel des zu erwartenden Ladebedarfs für den Schwerlastverkehr an den Autobahnen ab. Das verbliebene Drittel wird privatwirtschaftlich aufgebaut. Start ist zunächst mit den unbewirtschafteten Rastanlagen. Dafür startete die Autobahn GmbH im September die Ausschreibung. Im kommenden Jahr soll das Vergabeverfahren abgeschlossen werden und der Aufbau recht schnell beginnen. Hebel Technologieoffenheit Zusätzlich zum öffentlichen Ladenetz hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) die gewerbliche Schnellladeinfrastruktur gefördert und Anträge für das Errichten mehrerer Tausend neuer Schnellladepunkte bewilligt. Die Transport- und Logistikbranche konnte diese Förderung ebenso in Anspruch nehmen wie Handwerksbetriebe, Pflegedienste und alle anderen Flottenbetreiber, die die Elektrifizierung ihrer gewerblichen Fuhrparks einleiten oder weiter vorantreiben wollen. Neben der E-Mobilität mit Batterie gibt es mit der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie sowie den erneuerbaren Kraftstoffen wie E-Fuels weitere Optionen. Jede dieser Technologien soll so eingesetzt werden, dass sie ihre jeweiligen Stärken ausspielen und optimal wirken kann. Dafür gestaltet das BMDV den passenden, technologieneutralen Rahmen. Etwa mit einer ausgewogenen Regulierung. Dazu zählt die CO2-differenzierte Lkw-Maut, die im Dezember 2023 eingeführt wurde. Auch wenn sie eine enorme Herausforderung für die Transport- und Logistikbranche darstellt, war dieser Schritt nötig, um beim Klimaschutz im Verkehr weiter voranzukommen. Die Maut ist das Signal, dass es sich lohnt, auf alternativ angetriebene Fahrzeuge umzusteigen - Fahrzeuge, deren Entwicklung und Markthochlauf in vollem Gange sind. Schiene als Wegbereiter Nutzfahrzeuge werden also immer stärker zu Klimaschützern. Die Bahn ist das bereits, die meisten Züge werden elektrisch angetrieben. Der Schienenverkehr spielt deshalb eine zentrale Rolle für einen klimafreundlichen Güterverkehr. Um den Anteil der auf der Schiene transportierten Güter weiter zu steigern, setzen wir unseren Masterplan Schienengüterverkehr um, modernisieren und digitalisieren. So führen wir etwa das European Train Control System (ETCS) ein, mit dem Züge effizienter gesteuert und enger getaktet werden können. Und beim Rangieren hilft künftig die Digitale Automatische Kupplung (DAK). Sie trägt zu schnelleren Abläufen und höheren Kapazitäten bei. Zudem können Züge mit der neuen Kupplungstechnik länger und schwerer werden. Die DAK ist ein entscheidender Hebel, um die Schiene wettbewerbsfähiger zu machen. Voll entfalten kann sie ihre Wirkung allerdings nur, wenn sie überall in Europa eingesetzt wird. Dafür wirbt das BMDV intensiv. Zugleich sanieren wir das Schienennetz. Damit hat das BMDV in diesem Sommer begonnen. In den kommenden Jahren bringen wir mit den Korridorsanierungen die hochbelasteten, teils maroden Strecken wieder auf Vordermann. Von dieser starken, widerstandsfähigen Infrastruktur profitieren der Personen- und der Güterverkehr gleichermaßen. Um zusätzliche Anreize für mehr Gütertransporte auf der Schiene zu schaffen, unterstützt das BMDV auch finanziell, zum Beispiel die Eisenbahnverkehrsunternehmen bei den Trassenpreisen. Das heißt: Der Bund übernimmt einen Teil der Kosten, die für die Nutzung der Infrastruktur anfallen, und trägt damit zu mehr Wettbewerbsfähigkeit bei. Die aktuelle Förderrichtlinie läuft bis November 2028. Ein weiterer Schwerpunkt ist der Einzelwagenverkehr. Er gilt als Rückgrat des Schienengüterverkehrs. Dabei werden Wagen von unterschiedlichen Absendern und an verschiedene Empfänger zu einem Zug zusammengesetzt. Weil aber die Zugbildung und die Wagenzustellung einen hohen Kosten- und Personalaufwand erfordern, kann der Einzelwagenverkehr bislang kaum rentabel betrieben werden. Hier springen wir mit einer Förderung der Betriebskosten ein, entlasten die Unternehmen und verbessern so die Wirtschaftlichkeit. Ziel ist es, bestehende Verkehre zu erhalten und neue zu erzeugen. Potenzial Wasserstraße Mehr Verkehr, mehr Transporte: Darum geht es auch auf den Wasserstraßen und bei der Schifffahrt. Hier gibt es ein enormes Potenzial, das noch besser zu nutzen ist. Zum Beispiel bei schweren und großen Gütern wie etwa Rotoren von Windkraftanlagen, Transformatoren, Turbinen oder Chemieanlagen. Wir wollen, dass solche Güter künftig deutlich häufiger auf dem Wasserweg transportiert werden. Um das Bewusstsein dafür zu schärfen und die Planungen zu vereinfachen, wurde vom BMDV eine Datenbank für Umschlagstellen geschaffen. Hier kann abgerufen werden, in welchen Häfen bereits heute sehr schwere und große Ladungen verladen und entladen werden können. Diese Informationen helfen beim Abwägen und Entscheiden, ob ein Transport über das Wasser erfolgen kann. Darüber hinaus haben wir ein spezielles Förderprogramm aufgelegt. Dabei geht es darum, regelmäßige Shuttle-Linien für Groß- und Schwertransporte auf Binnenschiffen zu etablieren. Ermöglicht wird so, dass Transporte auf dem Wasserweg planbar und durch das Bündeln von Gütern effizienter stattfinden können. Klimafreundlicher Antrieb Damit die Wasserstraßen ihren Klimavorteil voll ausspielen können, müssen die Schiffe klimafreundlich angetrieben werden. Für das Gewerbe ist diese Umstellung eine gewaltige Aufgabe, die mit Chancen, aber auch mit Mehrbelastungen verbunden ist. Das BMDV hat deshalb ein Förderprogramm zur nachhaltigen Modernisierung von Binnenschiffen aufgelegt, um Investitionen in die Aus- und Umrüstung mit emissionsfreien und emissionsarmen Antriebssystemen zu unterstützen. Zu-gleich wollen wir unternehmerisches Handeln noch stärker anreizen: Es soll attraktiv sein, klimafreundliche Antriebe einzusetzen. Darum und um viele weitere Themen wird es auch im Nationalen Aktionsplan klimafreundliche Schifffahrt gehen, der derzeit vom BMDV zusammen mit der Branche erarbeitet wird. Trendwende im Zusammenspiel Ob Lkw, Eisenbahn oder Schiff: Für den Kombinierten Verkehr (KV) werden alle Verkehrsträger gebraucht - und zwar so verknüpft, dass ihre jeweiligen Stärken zum Tragen kommen. Schon heute ist der Kombinierte Verkehr ein entscheidendes Segment für den Güterverkehr, künftig werden Bedeutung und Bedarf weiter zunehmen. Deshalb unterstützen wir etwa die Investitionen privater Unternehmen. So fördert der Bund mit bis zu 80 Prozent den Neu- und Ausbau von KV-Umschlaganlagen sowie den Ersatz bestehender Anlagen. Eine anspruchsvolle Aufgabe ist der Klimaschutz auch bei der Luftfracht. Nachhaltige Flugkraftstoffe (SAF) sind hier ein entscheidender Baustein. Für ihre einheitliche Nutzung innerhalb der EU legt die ReFuel-EU-Aviation-Verordnung verbindliche Beimischungsquoten fest. Das begrüßt das BMDV, weil so rechtliche Bedingungen für Investitionen in SAF geschaffen, der Markthochlauf beschleunigt und die Nachfrage stimuliert werden. So facettenreich Logistik und Güterverkehr sind, so vielfältig sind auch die Maßnahmen und Instrumente, um beides klimafreundlich zu gestalten. Wir setzen dabei aufs Motivieren und Anreizen, aufs Fördern und Regulieren. Das ist unser Rezept für mehr Klimaschutz und mehr Fortschritt. Autor Volker Wissing, Bundesminister für Digitales und Verkehr (BMDV) Volker Wissing ist seit Dezember 2021 Bundesminister für Digitales und Verkehr. Der promovierte Jurist ist 1970 in Landau in der Pfalz geboren. 1997 bis 1999 war er Richter und Staatsanwalt in Zweibrücken und Landau in der Pfalz. Von dort war Wissing 2000 an das rheinland-pfälzische Justizministerium abgeordnet und bis 2004 Persönlicher Referent des Justizministers Herbert Mertin. 2001 wurde er zum Richter am Landgericht Landau in der Pfalz ernannt und ist seit 2013 Rechtsanwalt. 1998 trat Wissing der FDP bei, im November 2024 verkündete er seinen Austritt. Unter anderem war er für die FDP 2004 bis 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages. 2009 bis 2011 war er Vorsitzender des Finanzausschusses sowie 2011 bis 2013 stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion. Von Mai 2016 bis Mai 2021 war er Mitglied des rheinland-pfälzischen Landtages sowie stellvertretender Ministerpräsident und Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau des Landes Rheinland-Pfalz.

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