KI im Stückgut

Noch planen, organisieren und disponieren Stückgut-Spediteure, die Teil einer Kooperation sind, ihre Verkehre eigenverantwortlich. Sie entscheiden beispielsweise, welche Transporte über ein Zentralhub fahren sollen oder aber im Direktverkehr abgewickelt werden. Mit dieser Tradition bricht nun die Stückgut-Kooperation NG.Network. "Die Steuerung unseres Netzwerks und der Verkehre erfolgt jetzt von unserer Zentrale aus", berichtet Stephan Opel, Geschäftsführer der Kooperation mit Sitz in Niederaula. "Unser Ziel ist es, unsere Stabilität und Qualität, aber auch unsere Kosten weiter zu optimieren. Das ist ein Paradigmenwechsel." Durch diese Strategie sichere NG. Network das Netzwerk ab. Denn durch die momentane Wirtschaftskrise fehle gerade kleineren und mittleren Betrieben die Kapitalkraft, was sich auf ihre Leistungsfähigkeit auswirke, erklärt Opel. "Gleichzeitig haben wir den Anspruch, unseren Kunden 365 Tage im Jahr Top-Qualität zu liefern. Wir müssen unser Netz stabil halten. Und das schaffen wir, indem wir deutlich stärker steuern", betont er. Zudem will die Kooperation Primär-Netzwerk werden - mit deutschlandweit aktuell 46 Standorten und künftig fünf Gesellschaftern. Einsatz von Predictive Analytics Um das alles zu stemmen, wurde die Systemzentrale in Niederaula um vier Mitarbeiter aufgestockt, die für das Netzwerk-Development und die digitale Ausrichtung zuständig sind. Zudem entwickelte NG.Network gemeinsam mit Siemens Digital Logistics die KI-Lösung "Supply Chain Suite", die seit Herbst 2022 im Einsatz ist. "Mit diesem Tool können wir nun Sendungsentwicklungen präzise prognostizieren - Stichwort Predictive Analytics. Auf Tagesbasis und mit bis zu sechs Wochen Vorlauf, verbunden mit entsprechendem Eskalations-Management", betont Opel. Stoße ein Partner-betrieb an seine Grenzen, werde dies automatisch erkannt und NG.Network könne eingreifen. Permanentes Netz-Monitoring Der zweite und für Opel viel wichtigere Schritt ist indes - da geht es in die Simulation - das Monitoring des NG.Network-Netzes mittels der neuen KI. "Wir simulieren seit ein paar Monaten unser Netz permanent, um festzustellen, ob wir in puncto Gebietszuschnitt optimal aufgestellt sind", erklärt er. Dazu werde das Netz mit den klar definierten Zustellgebieten hinsichtlich der Standorte, Flächen und Sendungskapazitäten der einzelnen Kooperationspartner monitort. So will die Stückgut-Kooperation sowohl für die aktuellen Gegebenheiten, aber auch für diverse perspektivische Szenarien innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre vorbereitet sein. Um das Netz in Gänze abbilden und simulieren zu können, wurde die KI nicht nur mit unzähligen historischen Daten trainiert, sondern muss auch kontinuierlich mit aktuellen Daten zu Sendungen und Kapazitäten "gefüttert" werden. Zusätzlich fließen sogar die Daten von Drittpartnern von NG.Network in die Simulation mit ein. "Durch die KI-gestützte Simulation erhalten wir eine zeitnahe Analyse der Netzwerk-Leistung. So dokumentieren wir den Status quo im Netzwerk und eruieren, wo wir zum Beispiel eine neue Linie oder einen neuen Standort aufbauen", erklärt Opel. "Sehen wir Bedarf, sprechen wir mit den Gesellschaftern und Partnern, was aus Sicht des Netzwerks zielführend wäre, und simulieren Lösungsansätze. Zuvor war dies nicht möglich, weil uns sowohl die belastbare Datengrundlage als auch die notwendigen Analysetools fehlten." Was sich dadurch konkret im Netz von NG.Network geändert hat? Zu nennen sei da zum Beispiel die Ende 2023 beendete Zusammenarbeit mit der Bächle Spedition und die Neuaufschaltung der Spedition Fecht in Meßkirch, die Streck Transport vergangenen Mai gekauft hat. Verstärkt habe sich die Kooperation auch am Standort Neumünster, der jetzt von Hellmann Worldwide Logistics besetzt ist. "Alles Themen, die wir unter anderem auf Basis unserer Simulation erkannt und entsprechend gelöst haben", betont Opel. Über NG. Network Bekannt wurde die Stückgut-Kooperation unter der Marke System Alliance. Seit 1. Januar 2023 positioniert sie sich als Marke und Netzwerk neu und tritt nun als NG. Network auf. NG steht für New Groupage. 46 Standorte in Deutschland Die Stückgut-Kooperation ist an 46 Standorten in Deutschland aktiv - mit derzeit vier Gesellschaftern und 48 Systempartnern (Stand 2022). Gesellschafter von NG.Network sind die Speditions- und Logistikunternehmen Gebrüder Weiss, Hellmann Worldwide Logistics, Streck Transport und Zufall Logistics. Auch Rhenus Freight Logistics kehrt künftig als Gesellschafter zurück.Vorteile für Frachtführer "In ihrer unternehmerischen Eigenständigkeit eingeschränkt werden unsere Gesellschafter und Partner dadurch nicht", unterstreicht er. "Die KI ermittelt Kennzahlen und Szenarien. Das ist eine Entscheidungsgrundlage, über die wir dann in den Ausschüssen und Gremien gemeinsam diskutieren. Wir entscheiden zusammen. Das ist keine Lösung, die wir oktroyieren. Auch für externe Frachtführer bringt die Netzoptimierung letztlich Vorteile, etwa im Bereich der Arbeits-, Lenk- und Ruhezeiten durch bessere Tourenplanung", ist er sich sicher. Zudem ließe sich im Nahverkehr die Stoppdichte und die Zahl der gefahrenen Kilometer dank der KI optimieren. Und was für den Geschäftsführer am wichtigsten ist: "Wir produzieren am Ende deutlich effizienter und stabiler."

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