Keine Liberalisierung ohne Kontrollen

Solange soziale Harmonisierung und Kontrolle nicht gewährleistet sind, werden wir weitere Liberalisierungsvorstöße bei der Kabotage ablehnen", betonte Norbert Barthle (CDU), parlamentarischer Staatssekretär des Bundeslandwirtschaftsministers, in seiner Rede vor den Mitgliedern des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung BGL in Köln. (Nach dem Rücktritt des Bundesverkehrsministers Alexander Dobrindt wurde das Verkehrsministerium kommissarisch an das Landwirtschaftsministerium angegliedert; Anm. d. Red.) "Logistikbranche ist systemrelevant" Barthle lobte die Branche und die Arbeit des BGL: ".. durch jahrzehntelangen Einsatz zum Erfolg beigetragen ...", "... auch künftig Gehör im Bundesverkehrsministerium finden ...", "Logistikbranche ist systemrelevant. Ohne sie bricht alles zusammen" und so weiter. Ein guter Mobilitätspakt sei wichtig für Deutschland, besonders die Einhaltung der Sozialvorschriften. Zwischen Politik und den Verbänden bestehe Einigkeit in wesentlichen Bereichen: Ruhezeiten, Entsenderichtlinien, Drei-Tage-Regelung, Mindestlohn, Briefkastenfirmen, Manipulation von Fahrtenschreibern. Er gab jedoch zu bedenken, dass es in einigen Bereichen erhebliche Widerstände aus den östlichen EU-Ländern gebe. Und schließlich dürfe man nicht vergessen, dass Verkehrskommissarin Violeta Bulc aus Slowenien komme. "Wir brauchen die Fahrer", der Autopilot habe den Piloten auch nicht überflüssig gemacht. Mit diesem Statement eröffnete BGL-Hauptgeschäftsführer Dirk Engelhardt die Podiumsdiskussion mit den Mitgliedern des Bundestags-Verkehrsausschusses Oliver Wittke (CDU), Udo Schiefner (SPD), Oliver Luksic (FDP) und BGL-Präsident Adalbert Wandt. Unklar ist, ob es mehr Differenzen zwischen den Diskutierenden gegeben hätte, wenn Stephan Kühn von den Grünen nicht krankheitsbedingt abgesagt hätte. Jedenfalls zeigte sich im Grundsatz große Einigkeit zwischen den Parteien und den Positionen der Verbände. Mautdaten zur Kontrolle Schiefner sagte, es gebe sowohl technisch als auch personell großen Nachholbedarf bei den Kontrollbehörden. Der gnadenlose Unterbietungswettbewerb auf Kosten der Unternehmer und Fahrer sei nicht hinnehmbar, "sonst ist die Branche tot". Wittke warnte, dass die derzeit von der EU geplante Kabotageregelung "Tür und Tor für den Missbrauch" öffne. Er erinnerte daran, dass die Kabotageregelung eigentlich dem Umweltschutz dienen sollte, damit nicht leer gefahren werden muss. Die Kabotage sei keine Liberalisierungsmaßnahme, wie es östliche EU-Länder gerne verstanden haben wollten. Luksic nannte die Drei-Tage-Regelung ein gutes Instrument, um das Nomadentum einzuschränken, und plädierte dafür, die Investitionslinie oben zu lassen, damit schneller und günstiger gefahren werden könne. Deutschland müsse Vorreiter bei der Digitalisierung sein. Schiefner regte an, die Kontrollbehörden besser zu vernetzen. Polizei, Bundesamt für Güterverkehr (BAG), Zoll und Gewerbeaufsicht würden zu wenig zusammenarbeiten. Dem BAG sollten mehr Rechte übertragen und die bereits vorhandenen Daten von Toll Collect auch für Kontrollen genutzt werden. "Wenn selbst die Opposition für eine intensivere Nutzung der Mautdaten ist, dann sollten wir das hinbekommen", merkte Wittke süffisant an. Kritisch wurde auch die zunehmende Bedeutung der sogenannten Sprinter-Klasse für das Transportgewerbe gesehen. Wittke sprach von "ständigen Überladungen". Luksic meinte, es könne nicht sein, dass normale Lkw-Transporte zunehmend durch mehrere Sprinter abgelöst würden. Wittke regte ein Tempolimit für die Sprinterklasse an. Und Engelhardt hinterfragte, warum sich der Bundestag gegen die Einbeziehung der Sprinterklasse in die Berufszugangsregelung ausgesprochen habe. Worauf Wittke entgegnete, man müsse das Transportgewerbe mit einbeziehen, nicht aber die Handwerksbetriebe. "Diese Unterscheidung müssen wir hinbekommen." "Unmenschliches Leben der Fahrer" BGL-Ehrenpräsident Hermann Grewer bemängelte, dass die verladende Wirtschaft in der Diskussion nicht vorgekommen sei, und er forderte deutlich mehr Personal für das BAG. Vizepräsident Klaus Peter Röskes bezweifelte, dass ein Tempolimit für Sprinter gegen die Automobillobby durchsetzbar sei. Ein Mitglied aus dem Publikum merkte abschließend in Richtung der Diskutierenden auf dem Podium an: "Das unmenschliche Leben dieser Fahrer sollte uns auch zu denken geben. Das ist menschliche Käfighaltung." Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "BGL" www.verkehrsrundschau.de/dossiers Neustrukturierung in Arbeit Das Präsidium tritt zurück Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung BGL steht vor einer grundlegenden Neuausrichtung. Einstimmig beschlossen die 70 Delegierten bei der Mitgliederversammlung in Köln am Mittwoch vergangener Woche entsprechende Vorlagen des Vorstands. Nach dem Generationenwechsel in der Geschäftsführung von Karlheinz Schmidt zu Dirk Engelhardt Anfang dieses Jahres, läuft im Herbst 2018 die Präsidiumsmitgliedschaft von Präsident Adalbert Wandt sowie den beiden Vize-Präsidenten Klaus Peter Röskes und Hans Wormser aus. Das BGL-Präsidium wird bei dieser Gelegenheit vollständig aufgelöst und voraussichtlich nicht neu gegründet. Stattdessen soll eine Art Kontrollgremium eingesetzt werden, dessen genaue Ausgestaltung bis dahin durch eine Satzungskommission festgelegt werden soll. Das verkündete Wandt bei einer Pressekonferenz.Gestärkt werden soll dadurch die Position des Hauptgeschäftsführers. Auslöser der Neustrukturierung sind unter anderem Probleme bei den Einnahmen. Rückläufige Mitgliederzahlen, kaum Zinsen auf die einst üppigen Rücklagen und schwindende Erlöse aus dem Verkauf von Carnets machen dem Verband zu schaffen. Die Delegierten der Landesverbände stimmten daher auch einer Sonderumlage an den Bundesverband zu. Auch über die Fusion einzelner Landesverbände werde nachgedacht, sagte Wandt.Hauptgeschäftsführer Dirk Engelhardt betonte: "Der BGL ist handlungsfähig." Man werde die Kosten senken, wo es sinnvoll ist, und die Leistungen erhöhen, wo es möglich ist. Mit den Landesverbänden, der Kravag und der SVG wolle man erarbeiten, wo man Mehrwert bei den Leistungen schaffen könne, zum Beispiel in der Rechtsberatung oder bei elektronischen Parkplatz-Lösungen. In Brüssel würde man enger mit anderen europäischen Organisationen zusammenarbeiten, die Vertretung auf europäischer Ebene zu stärken. mo