Ancona. Der Einsturz einer über die A14 zwischen Ancona und Loreto verlaufenden Brücke, der zwei Todesopfer forderte, wird immer mehr zum Streitthema in Italien. Während Kraftfahrer und Anwohner sich über den generell schlechten Zustand der Straßen beschweren und immer weniger Verständnis für die teure Maut aufbringen, die auch für Instandsetzungsarbeiten gedacht ist, gibt es auf anderer Seite Schuldzuweisungen.
Tatsache ist: Die provisorischen Brückenpfeiler hielten nicht und ließen die Brücke mitsamt drei Arbeitern, die für Instandsetzungsarbeiten eingesetzt waren, auf die Fahrbahn krachen. Ein Ehepaar wurde in seinem Auto von der Brücke erschlagen, die drei Arbeiter teils schwer verletzt. Die italienische Staatsanwaltschaft versucht derzeit, die genaue Unglücksursache zu ermitteln. Die Hypothesen reichen von menschlichem Versagen bei den Arbeiten über einen Konstruktionsfehler bis hin zu schlechter Instandhaltung. Der Autobahnbetreiber Autostrade per l’Italia, in dessen Bereich die A14 fällt, geht indes von einem „tragischen, nicht vorhersehbaren Unfall aus“, der durch das Nachgeben der provisorischen Pfeiler verursacht sei. Es handele sich definitiv nicht um ein strukturelles Problem der Überführung. „Der Beton der Pfeiler befand sich in bestem Zustand.“ Zudem habe es sich um reine Routinearbeiten gehandelt.
Brücke gesperrt, Autobahn nicht
Im Zuge der beidseitigen Fahrbahnerweiterung von zwei auf drei Spuren war es nötig gewesen, die über die A14 verlaufende Brücke um etwa 30 bis 40 Zentimeter anzuheben, um für eine gleichmäßige Durchfahrthöhe zwischen Brücke und Fahrbahn von 5,20 Metern zu sorgen. Die entsprechenden Arbeiten hatten am 28. Februar begonnen und sollten am 15. Mai abgeschlossen werden. Die Brücke selbst war dafür komplett gesperrt, die darunter verlaufende Autobahn nicht.
Da jedoch sehen vor allem Lokal- und Regionalpolitiker den Autobahnbetreiber in der Pflicht. Obwohl die gleiche, von Autostrade per l’Italia eingesetzte Firma bereits eine andere, ebenfalls über die A14 verlaufende Brücke, erfolgreich angehoben hatte, sehen Politiker einen groben Verstoß gegen Sicherheitsrichtlinien. So äußerte etwa Roberto Ascani als Bürgermeister des anliegenden Castelfidardo, dass es „unzumutbar sei, Arbeiten dieser Art durchzuführen, ohne dabei die A14 zu sperren.“ Das wiederum hätte aber die komplette Blockierung der Adrialinie und somit einer der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen für mindestens zwei Monate bedeutet.
Autostrade per l’Italia, die von der Benetton-Gruppe über die Gesellschaft Atlantia kontrolliert werden, weist jede Schuld von sich, hat aber nun erklärt, in Zusammenarbeit mit den beauftragten Firmen die Unglücksursache ermitteln zu wollen. Die Arbeiten an der Brücke hatte der Autobahnbetreiber an die Pavimental Spa übergeben, die von ihm zu 20 Prozent kontrolliert wird. Diese wiederum hatte den Auftrag in Höhe von 800.000 Euro nach italienischen Medienberichten an ihren Subunternehmer Delabech Srl aus Rom weitergegeben. Keine der Firmen sieht sich bislang in der Verantwortung. (nja)