Die Europäische Umweltagentur schlägt vor, dass die Mautgebühren die externen Kosten widerspiegeln sollten. Wie sieht die Realität aus?
Wir haben in Europa eine neue Situation durch die Europäische Eurovignettenrichtlinie 2011/76/EU, die es den Mitgliedstaaten erlaubt, externe Kosten für Luftverschmutzung und Lärm in die Maut einzubeziehen. Mit unserem Report, der erstmals die Höhe der externen Kosten für Luftverschmutzung differenziert nach Ländern und unterschiedlichen Fahrzeugklassen aufzeigt, wollen wir den Staaten eine Hilfestellung dazu geben. In den Ländern laufen jetzt die Diskussionen darüber auf Hochtouren. Im Oktober müssen die Mitgliedstaaten bei der EU-Kommission darüber berichten, ob und wie sie die Maut künftig ausgestalten.
Wie gut decken sich Ihre Daten mit bereits veröffentlichten Daten zu den externen Kosten bei LKW?
Wir haben schon viele pauschale Durchschnittswerte zu externen Kosten gesehen. Die Eurovignettenrichtlinie stellt aber höhere Ansprüche an die Berechnung. Die von der EU-Kommission bisher veröffentlichten Daten stammen aus dem Jahr 2008 und nehmen keine Differenzierung nach Land vor. Auch werden keine Werte für unterschiedliche Fahrzeugklassen genannt. Die Autoren dieser Studie benutzen im Wesentlichen dasselbe Modell, aber wir verfügen heute über bessere atmosphärische Rechenmodelle, um die Auswirkungen der Luftverschmutzung in Abhängigkeit von der Topografie eines spezifischen Landes zu berechnen. Deshalb kommen wir auf andere Zahlen. Allerdings decken sich unsere Daten weitgehend mit jenen, die das Deutsche Umweltbundesamt kürzlich veröffentlicht hat.
Um wie viel müsste die Mautgebühr in Deutschland steigen, wenn die externen Kosten für Luftverschmutzung laut EEA-Tabelle hierzulande konsequent einberechnet würden?
Das deutsche Mautsystem unterscheidet bereits zwischen den Schadstoffklassen bei Nutzfahrzeugen und spiegelt daher indirekt die unterschiedliche Umweltbelastung durch Luftverschmutzung wider. Allerdings wird nicht zwischen unterschiedlichen Gewichtsklassen unterschieden. Würde man die EEA-Tabellen anwenden, ergäbe sich für mittelschwere Fahrzeuge mit 12 bis 14 Tonnen der Klassen Euro 3 und Euro 4 nur ein leichter Anstieg um 1 bis 2 Eurocent. Grundlage dieser Abschätzung ist die Annahme, dass in der Maut für Euro-5- und -6-Fahrzeuge derzeit gar keine externen Kosten einberechnet sind. Für einen 40-Tonner mit Euro 3 ergäbe sich ein Anstieg von 5 bis 8 Cent pro Kilometer – das wäre eine Preissteigerung um 40 Prozent und damit mehr, als die Vignettenrichtlinie erlaubt.
Zur Person:
Mikael Skou Andersen ist Mitautor der Studie zu externen Kosten des LKW-Verkehrs und bei der Europäischen Umweltagentur EEA für Umweltökonomie und Politik zuständig. Er hält überdies eine Professur an der Universität Aarhus. Die EEA beziffert die Kosten auf insgesamt 43 bis 46 Milliarden Euro für alle EU-Mitgliedstaaten.
Das Interview führte Dietmar Winkler, Redakteur VerkehrsRundschau