München. Ein Expertenteam des Bifa Umweltinstituts hat unter der Leitung von Siegfried Kreibe für die ARD-Sendung Geld-Check untersucht, wie viel Emissionen des Treibhausgases CO2 beim Einkauf im stationären Handel und beim Online-Shopping anfallen. Anhand von verschiedenen Fallbeispielen wurde deutlich, dass der Online-Einkauf klimafreundlicher sein kann als die Shopping-Tour mit dem Auto in die City. Siegfried Kreibe, Mitglied der Geschäftführung des Bifa Umweltinstituts in Augsburg im Interview mit der VerkehrsRundschau.
VerkehrsRundschau: Rettet oder verdirbt Online-Shopping unser Klima?
Siegfried Kreibe: Weder noch. Die Klimaeffekte der Logistik werden meist deutlich überschätzt. Viel wichtiger für das Klima sind die Produkte, die wir kaufen. Aber natürlich hat auch die Logistik einen Einfluss auf den Klimawandel. Und dabei ist der Online-Einkauf meist deutlich weniger klimaschädigend als der Einkauf im Geschäft. Das gilt vor allem dann, wenn ich mit dem Pkw ins Geschäft fahre.
Warum ist das so?
Wenn ich für den Kauf, beispielsweise einer Hose, mit dem Auto in die Stadt fahre, dann muss ich den gesamten Treibstoffverbrauch und damit auch die dazugehörigen CO2-Emissionen der einen Hose zurechnen. Beim Online-Kauf bekomme ich die Hose mit dem Transporter nach Hause gebracht. Der verbraucht zwar mehr Kraftstoff als ein Pkw, transportiert aber noch 200 weitere Pakete. So entfällt auf jedes Paket nur ein Zweihundertstel des Treibstoffverbrauchs. Das ist effizienter als die Fahrt in die City. Selbst wenn sie mit dem Pkw noch ein paar andere Dinge mit erledigen, erreichen sie nicht die Effizienz eines solchen Transporters. Beim Transport der Hose vom Hersteller ins Geschäft oder ins Verteilzentrum des Online-Händlers fallen vergleichbare CO2-Emissionen an.
Oft gehen Sachen zum Online-Händler zurück. Bleibt bei Retouren die positive CO2-Bilanz?
Das kann die Bilanz ganz erheblich schädigen, tatsächlich kippt das Ganze sehr schnell. Insbesondere dann, wenn ich das Paket mit dem eigenen Auto zur Annahmestelle für die Retoure bringe. Der Verbrauch muss der Online-Lieferung hinzugerechnet werden.
Oft wird der Empfänger nicht angetroffen. Mit der Zahl der Zustellversuche steigt der CO2-Ausstoß – wie oft darf der Bote kommen, bis das Pendel in die andere Richtung ausschlägt?
Das lässt sich pauschal nicht wirklich quantifizieren. Aber unter halbwegs normalen Umständen kann der KEP-Dienst durchaus fünf bis zehn Mal kommen, bevor das Pendel umschlägt. Auch hier bleibt der Transport ja sehr effizient. Anders sieht es aus, wenn der Bote einen Zettel im Briefkasten hinterlässt und der nicht angetroffene Empfänger mit dem Auto zu einem Abholpunkt fährt.
Die nötige Transportverpackung muss nicht nur transportiert, sondern auch hergestellt werden.
In der Regel spielt das keine große Rolle. Meist werden Kartons aus Wellpappe und Kunststoffpackmittel zum Polstern eingesetzt. Die Kartons werden fast vollständig aus Altpapier hergestellt und dieses aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz. Eine Schachtel für ein Paar Stiefel verursacht in der Produktion so viel CO2 wie ein Kilometer Pkw-Fahrt. Und da ist noch kein Recycling reingerechnet. Die Kunststoffpackmittel sehen zwar nach viel aus, wiegen aber oft weniger als 20 Gramm. Selbst unter Berücksichtigung der Herstellung ist ihr Einfluss geringer als der der Pappschachtel. Oft werden im Online-Handel zu große Schachteln verwendet. Das Mehr an Verpackungsmaterial ist nicht das Problem, aber zu große Kartons verschlechtern die Auslastung des Transporters spürbar.
Wie abhängig ist die CO2-Bilanz von der online gekauften Produktart?
Hier gilt sogar: Je schwerer das Produkt, je geringer der Verpackungsanteil am Transport. Aber einen großen Einfluss auf die CO2-Bilanz hat das insgesamt nicht. Meist ist nicht das Gewicht, sondern die Größe der limitierende Faktor.
Das Interview führte VerkehrsRundschau-Redakteur Serge Voigt.