Interview

Interview Respekt vor dem Amt Der BGL hat einen neuen Präsidenten. Nach 17 Jahren endete in Bremen die Ära von Hermann Grewer. Jetzt führt Adalbert Wandt den BGL an. Wer dieser Adalbert Wandt ist und welche Themen ihn bewegen, zeigt das VerkehrsRundschau-Interview. Sie sind seit fast 24 Stunden Präsident des BGL. Gab es schon etwas, mit dem Sie so nicht gerechnet hätten? Das Spannendste war, als ich gestern in meiner neuen Rolle den Festabend eröffnen durfte. Nicht alle Anwesenden hätten mir das so zugetraut, worüber ich mich schon gewundert habe. Ein ,Aha-Erlebnis‘ für mich war, dass ich seit gestern 50 ,Verbündete‘ mehr habe: Die BGL-Mitarbeiter, für die ich jetzt auch verantwortlich bin. Das ist mir bis jetzt nicht so klar gewesen. Das schönste Erlebnis hatte ich allerdings, als nach der Wahl mein Bruder und mein Neffe vor der Tür standen, um zu gratulieren. Sie waren ohne Ankündigung einfach gekommen. Es gibt Aussagen, dass Sie nur eine Periode im Amt bleiben wollen? Ich werde mich in diesem Amt einsetzen, als wenn ich es zehn Jahre führen möchte. Etwas anderes lässt mir der Respekt davor nicht zu. Ich weiß aber, dass es nach drei Jahren einen Wechsel geben kann. Ich muss sehen, wie es mir dann gesundheitlich geht und ob man mich überhaupt noch als Präsidenten möchte. Vielleicht sind auch jüngere Präsidiumsmitglieder bis dahin nachgerückt. Wir haben mit Thomas Usinger, Horst Kottmeyer und Hans-Dieter Otto jetzt drei um die 50 im Präsidium. Eventuell finden sich demnächst noch jüngere Kandidaten, die dann in drei oder sechs Jahren den richtigen Präsidenten stellen könnten. Ihr Kollege aus dem GVN, Mathias Krage, ist Präsident des Deutschen Speditions- und Logistikverbands. Eröffnet das Optionen für eine stärkere Zusammenarbeit der beiden Verbände? Das vertrauensvolle Verhältnis zu Mathias Krage ist völlig unbelastet und könnte nicht besser sein. Bereits unsere Väter waren miteinander befreundet. Aber wenn ich für eine stärkere Zusammenarbeit der Verbände stehen würde, hätte ich das meinen Mitgliedern vor der Wahl sagen müssen. In Niedersachsen lösen wir im Gesamtverband manches Problem zwischen Spediteuren und Transportlogistikern bereits im Vorfeld. Solche Entwicklungen könnten sich zwischen BGL und DSLV ergeben. Manchmal muss man einfach nur telefonieren, um Missverständnisse auszuräumen oder etwas zu regeln. Vielleicht gibt es hier künftig ein wenig mehr Diplomatie von beiden Seiten aus. Hatten Sie jemals daran gezweifelt, den elterlichen Betrieb übernehmen zu wollen? Wir waren fünf Geschwister und es war immer klar, dass ich den Betrieb übernehmen werde. Wir waren damals als reines Fuhrunternehmen aufgestellt für Kies, Kohle, Getreide, Zuckerrüben und dann noch mit zehn Tankzügen für Esso. Während meiner Ausbildung bei Kühne + Nagel sagte mein Chef, wenn ich mit meinem Laden nicht zufrieden sei, müsse ich etwas daraus machen. Ich hatte das große Glück, immer die richtigen Leute zu treffen. Was ist Ihre wichtigste Botschaft, die Sie an Ihr Präsidium haben? Das konnten Sie heute bei der Pressekonferenz erleben. Ich habe alle Präsidiumsmitglieder vorgestellt und es sind auch alle, die wollten, zu Wort gekommen. Mir ist wichtig, dass das Team in der Öffentlichkeit auch als Team wahrgenommen wird. Ansonsten werde ich ein eher langweiliger Präsident sein und jetzt nicht alles auf einmal umkrempeln. Waren Sie mit den Aussagen heute von Bundesverkehrsminister Ramsauer zufrieden? Wir haben seit drei Jahren ein exzellentes Verhältnis zu Herrn Ramsauer. Da brauchen wir auf einer Mitgliederversammlung keine spektakulären Äußerungen und wir müssen ihn auch nicht zu Aussagen zwingen, die politisch nicht reif sind. Er war mit rund einem Dutzend Mitarbeitern hier. Deshalb war meine Rede auch teilweise nicht an Ramsauer, sondern an seine Mitarbeiter gerichtet. Der Minister hätte heute allerdings schon sagen können, zu welchem Zeitpunkt welche neue Mauthöhe kommt. Aber wahrscheinlich sind sie tatsächlich noch nicht so weit. Sie haben Themen wie Fahrzeugkontrollen angesprochen, auf die der Minister nicht eingegangen ist. Er konnte auch nicht wissen, dass dieses Thema kommt. Wir haben jedoch Signale aus Brüssel erhalten, die uns sehr bedenklich stimmen: Viele internationale LKW sollen mit manipulierten Tachografen unterwegs sein. Das haben wir Ramsauer heute gesagt. Nach der Pressekonferenz hat uns dann der Pressesprecher des Ministeriums gebeten, dieses Thema unbedingt mit dem Staatssekretär Scheuer zu besprechen. Damit haben wir die Tür aufgemacht und können das Thema mit ihm abarbeiten. Glauben Sie, Herrn Ramsauer auch nach 2013 noch als Verkehrsminister begrüßen zu können? Nach meinen Vorstellungen bleibt er in der nächsten Regierungskoalition Verkehrsminister. Das wäre auch in einer großen Koalition so. Und wenn es eine ganz andere Koalition gibt? Wen hätten Sie dann gerne als Gesprächspartner im Verkehrsministerium? Herrn Herrmann. Er ist sachkundig und mit ihm könnte ich sicher spritzige Verkehrsdiskussionen führen. Ich könnte jetzt auch Herrn Hofreiter eine Freude machen. Der hat sich in dieses Amt sicher schon ein wenig eingedacht. Allerdings zeigt er sich bei Podiumsdiskussionen schon fast zu moderat. Da gäbe es bei Herrmann mehr zu kontern. Welchem der bekannten Probleme des Gewerbes räumen Sie die höchste Priorität ein? Die Mauthöhe ist für das Transportgewerbe momentan das wichtigste Thema. Von SAT1 Bremen ist mir heute entgegengehalten worden, das Gewerbe wolle Euro 6 nicht. Das ist das Wissen von vor zwölf Monaten. Die Frage ist nicht, ob wir Euro 6 kaufen, die Frage ist, wann wir Euro 6 kaufen. Unser Schimpfen hat aber dazu geführt, dass sich die Industrie unheimlich angestrengt hat bei ihrer Forschung, Entwicklung, der Technik und auch den Preisen. Ist dann der Vorschlag vom BGL und dem Verband der Automobilindustrie VDA, die Maut für Euro 6 im ersten Schritt um vier Cent zu spreizen, überhaupt noch aktuell? Das haben Sie richtig herausgehört. Dieser Vorschlag kann unter Umständen nicht mehr aktuell sein. Wesentlicher ist jedoch, ob die Durchschnittsmaut gesenkt wird oder ob sie steigt. Wenn die Maut für Euro 6 dort liegen wird, wo heute Euro 5 ist und alle anderen Klassen um zwei oder drei Cent erhöht werden, bedeutet das eine Erhöhung von 20 Prozent. Die Spedition Wandt zahlt 80.000 Euro Maut im Monat. Das wären dann 16.000 Euro zusätzlich. Das muss ich vom Kunden wiederhaben. Wir haben Kunden, da geht das. Wir haben aber auch schwierige Kunden, da arbeiten wir mit Pauschalen. Da geht das nicht. Die große Gefahr ist jedenfalls, dass der Bund das ganze Niveau anhebt. Dabei müsste die Maut im Durchschnitt auf dem gleichen Niveau bleiben. Wenn Sie mich nach meinen Erwartungen fragen, gehe ich persönlich davon aus, dass sie sich im Durchschnitt nicht verändern wird. Sie haben in Ihrer Rede auch den Lang-LKW angesprochen und die Schwierigkeit, mit der anhängenden Klage seriös eine Investition zu kalkulieren. Können Sie denn wirklich empfehlen, am Feldversuch teilzunehmen? Wir haben noch nie empfohlen oder aufgefordert, teilzunehmen. Wir bitten darum. Unternehmen müssen immer Risiken eingehen, sonst entwickelt sich nichts weiter. Wobei die Investitionen in einen Lang-LKW nun auch wieder nicht so hoch sind. Eigentlich müsste ich mir auch einen Lang-LKW anschaffen, um das zu testen. Auch wenn ich die entsprechenden Verkehre nicht unbedingt habe. Ich freue mich über Firmen wie Bosch Siemens Hausgeräte, die dieses Thema aktiv anstoßen. Wir sind uns auf der IAA in Hannover vor zwei Wochen einige Male begegnet. Was war Ihr persönliches Highlight der Messe? Die Scheckübergabe von Krone an die Aktion Kinder-Unfallhilfe und die 100 Krone-Trailer mit dem Logo unseres Präventionspreises Roter Ritter. ❙❚■ Birgit Bauer, Michael Cordes Auf der Delegiertenversammlung in Bremen übernahm Adalbert Wandt das Steuer des BGL Vita Adalbert Wandt Der Braunschweiger leitet seit dem 11. Oktober 2012 den Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL). Seit 1994 war der 64-Jährige (*19. Oktober 1948) BGL-Vizepräsident. Er ist seit 2001 Präsident des Gesamtverbandes des Verkehrsgewerbes Niedersachsen (GVN). Bevor Wandt die elterliche Spedition zusammen mit seinem Bruder Gerhard übernahm, lernte er bei Kühne und Nagel. Wandt ist Vereinsmitglied bei Eintracht Braunschweig und schaut sich die Spiele – ebenso wie die des VFB Wolfsburgs – auch gerne live im Stadion an. Wenn er Urlaub macht, dann am liebsten in Südafrika oder auf einem Kreuzfahrtschiff. Laut seiner eigenen Aussage ist seine beste Eigenschaft, Netzwerke zu knüpfen. Wandt ist patriotischer Braunschweiger, sein Lieblingsschriftsteller ist deshalb nicht ohne Grund der Braunschweiger Schriftsteller Eckhard Schimpf, dessen Kurzgeschichten er schon lange schätzt. Doch auch dem englischen Humor kann er einiges abgewinnen und nennt als einen seiner Lieblingsfilme die britische Filmkomödie „Sterben für Anfänger“. Verheiratet ist Wandt mit der Touristikexpertin und Reisebüroinhaberin Marianne Wandt. Sein Lebensmotto: Das eigene Unternehmen der nächsten Generation zu erhalten. „Ich bin nur der Statthalter“, so seine Aussage. bb Der BGL In den Landesverbänden des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung sind rund 10.000 Unternehmen aus den Bereichen Straßentransport, Logistik, Spedition, Lagerei und Entsorgung organisiert. In der Frankfurter Zentrale arbeiten etwa 50 Mitarbeiter in acht Fachabteilungen. bb Adalbert Wandt erklärt sich zum „langweiligen Präsidenten“. 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