IAA-Nachbericht Lkw: Stecker-Offensive

Mehr Strom war nie! Kein Lkw-Hersteller, der auf der IAA-Transportation das Thema Elektromobilität nicht in den Vordergrund gerückt hätte. Auch wenn bei vielen Exponaten noch Monate, wenn nicht gar Jahre verstreichen werden, bis sie in die Serienproduktion finden. Bei MAN dauert es beispielsweise laut Werksangabe noch bis 2024, bis der neue "eTruck" voraussichtlich an die ersten Kunden ausgeliefert wird. Trotzdem war die neue, batteriebetriebene Fernverkehrs-Sattelzugmaschine auf TGX-Basis der unangefochtene Star auf dem Messestand des Münchener Herstellers. Auch, weil die versprochenen Daten des eTruck vielversprechend klingen: Dank Megawatt-Laden sollen Tagesfahrleistungen zwischen 600 und 800 Kilometern mit der Elektro-Sattelzugmaschine möglich sein - natürlich inklusive kurzer Zwischenladestopps. Eine direkte Antwort auf den Elektro-MAN ließ bei Daimler Truck auch nicht lange auf sich warten. Der Mercedes-Benz "eActros Long Haul" ist ebenfalls auf den vollelektrischen Fernverkehr zugeschnitten. Die 4x2-Sattelzugmaschine verfügt über Akkus auf Lithium-Eisenphosphat-Basis. 600 Kilowattstunden fassen die Batterien, auch, weil die Entwickler zwischen den Rahmenträgern keinen Platz für eine Kardanwelle lassen müssen. Denn die beiden E-Motoren sind direkt an der Antriebsachse montiert. Bis zu 500 Kilometer Reichweite sollen ohne Ladestopp drin sein. Zudem will Daimler später einen MCS-Lader nachlegen, mit dem die Ladeleistung auf bis zu 1000 kW steigen soll. Voraussichtliche Verfügbarkeit: ebenfalls nicht vor 2024. Früher, nämlich ab der zweiten Hälfte des kommenden Jahres, soll die neue Sattelzugmaschinen-Variante des kleineren eActros 300 verfügbar sein, die Mercedes-Benz auf der Messe enthüllte. BEV und Brennstoffzelle bei Nikola Premieren auch bei Iveco/Nikola. Bereits länger angekündigt, präsentierte Nikola auf der IAA-Transportation nun die 4x2-Modelle seiner batterieelektrischen Sattelzugmaschine "Tre BEV". Der in Grundzügen auf dem Iveco S-Way aufbauende E-Lkw ist ab sofort bestellbar. Die Zugmaschine verfügt über einen langen 4021-mm-Radstand, was Platz für neun Batteriepakete mit einem Gesamtenergie-Volumen von 738 kWh schafft. Bis zu 500 Kilometer soll der Tre BEV ohne Ladestopp rollen können. Nachgeladen wird nach Herstellerangabe per 175-kW-Bordlader in 160 Minuten von zehn auf 90 Prozent Akkufüllstand. Nikola hofft aber, noch in diesem Jahr einen stärkeren 350-kW-Bordlader nachreichen zu können, der dann deutlich schneller laden würde. Das Jahr 2024 gibt Nikola als mögliches Serienreifedatum für seine zweite Messepremiere an. Der aerodynamisch geformte "Tre FCEV" verfügt über einen Brennstoffzellenantrieb, der mit 70 Kilogramm Wasserstoff bis zu 800 Kilometer Reichweite bieten soll. Kosten sparen kann Nikola durch sein modulares Baukonzept. BEV und FCEV teilen sich viele Komponenten, wie beispielsweise die von Fiat-Power-Train (FPT) entwickelte Antriebsachse, an der die beiden Elektromotoren direkt montiert sind. Kardanwelle oder ein Getriebe werden so überflüssig. Ein wahres Fest an Neuheiten zündete DAF auf der IAA-Transportation. Die Niederländer stellten einerseits ihre neue schwere Verteilerbaureihe "XD" vor, die über kurz oder lang die bisherigen CF-Modelle ablösen wird. Aufgrund des Baukastenprinzips sind Ähnlichkeiten zum größeren XF-Fernverkehrsmodell kein Zufall, beim XD ist die Kabine aber 17 Zentimeter niedriger auf dem Rahmen montiert, was den Einstieg entsprechend erleichtert. Zusätzlich gab es aber auch bei DAF Neuheiten in Sachen Elektro. Die brandneuen batterieelektrischen Modelle XD und XF Electric verfügen über einen komplett neu entwickelten Antriebsstrang, womit DAF die bisherige Zusammenarbeit mit dem niederländischen Bushersteller VDL im Elektrobereich wieder beendet. Die Stromer werden in verschiedenen Leistungsstufen als Fahrgestell und Sattelzugmaschine lieferbar sein, wobei der Verkauf bereits Anfang kommenden Jahres beginnen soll. Volvo Trucks hat sein komplettes E-Programm dagegen bereits vor längerer Zeit vorgestellt und zeigte dieses selbstredend auf der Messe, garniert mit mehreren Details, die innerhalb der kommenden Jahre in die Serie finden sollen. Wie die neue elektrische Antriebsachse, an der die E-Motoren direkt an der Achse verbaut sind. Ähnlich wie bei Nikola und Mercedes-Benz macht das Komponenten wie Kardanwelle oder Getriebe überflüssig. Neben einer verbesserten Effizienz des Antriebs lässt sich der so gewonnene Platz zwischen den Rahmenträgern für zusätzliche Batterien nutzen, wodurch sich die Reichweite entsprechend erhöht. Zum Serieneinsatz wird die neue Achse aber erst in einigen Jahren kommen, da aktuell noch die Erprobungsphase läuft. Dann soll sie aber auch in den H2-Modellen von Volvo Trucks zum Einsatz kommen, mit dem der schwedische Hersteller ab 2025 in die Felderprobung starten will. Auszüge der Brennstoffzellentechnik gab es auf dem Volvo-Stand ebenfalls zu sehen. Das Datum für einen möglichen Serienstart nennt Volvo Trucks für die beiden 300 Kilowatt leistenden Brennstoffzellen allerdings noch nicht. Neue Gasmotoren bei Scania Konkurrent Scania zeigte neben seinen bereits lieferbaren elektrischen Verteilermodellen seine neue batterieelektrische Sattelzugmaschine auf Basis der R- oder S-Modelle. Die Schweden werden zwei Leistungsstufen anbieten: den R oder S 40 mit 400 kW oder den um 50 kW stärkeren R/S 450. Beide Leistungsstufen kombiniert Scania mit einer installierten Batteriekapazität von maximal 624 kWh, die im 40-Tonnen-Einsatz genug Strom für realistische 350 Kilometer Reichweite liefern soll. Die Produktion soll Ende 2023 beginnen. Ab sofort zu haben sind die neuen Gasmotoren, die Scania ebenfalls auf der Messe der Öffentlichkeit vorstellte. Die Basis liefert der 13 Liter große OC13-Sechszylinder, den es bislang lediglich mit 410 PS gab. In der neuen Version leistet der nach dem Ottoprinzip mit Zündkerze arbeitende Gaser nun 420 oder 460 PS. Als Treibstoff hat Scania vor allem ökologisch erzeugtes Biomethan im Auge, auch wenn das hierzulande bislang noch kaum verfügbar ist. Alternativ lassen sich die beiden Aggregate aber auch mit konventionellem CNG oder LNG betreiben. Mehr zum Thema finden Sie unter #IAATransportation www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Coranabedingt musste die IAA vier Jahre lang pausieren. Mit neuem Konzept und verkleinerter Ausstellungsfläche fand die Nutzfahrzeugausstellung Ende September auf dem Messegelände in Hannover wieder statt. 2024 nennen viele Hersteller als mögliches Einführungsjahr für ihre neuen E-Modelle.

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