Hamburg. Die einen befürchten massive Schäden und bezweifeln den wirtschaftlichen Sinn, die anderen halten sie für entscheidend für den größten deutschen Hafen in Hamburg: Die geplante Vertiefung und Verbreiterung der Elbefahrrinne von der Nordsee bis Hamburg ist hoch umstritten. Befürworterin ist die Hamburger Hafenwirtschaft, zu den Gegnern zählen Umweltverbände und Anwohnerinitiativen. Hier die Hauptargumente beider Seiten:
PRO:
- Schiffe mit einem Tiefgang von 13,50 Metern sollen unabhängig von Ebbe und Flut den Hamburger Hafen erreichen können. Auf der Flutwelle sollen Schiffe mit 14,50 Metern Tiefgang die Elbe passieren können.
Dazu muss die Fahrrinne auf einigen Abschnitten der Elbe vertieft oder verbreitert werden. Rund 40 Prozent des Fahrwassers sind bereits tief genug. Ziel ist, dass zwei große Containerschiffe sich begegnen und einander ausweichen können. Gegenwärtig ist die Elbe für große Schiffe eine Einbahnstraße.
- Der Hamburger Hafen besitzt mit einem für 2014 erwarteten Containerumschlag von rund zehn Millionen Standardcontainern eine überragende Bedeutung für die deutsche Exportwirtschaft. Bundesweit sichert der Hafen rund 260.000 Arbeitsplätze. Bei wachsendem Welthandel müsse der Hafen für größere Containerschiffe erreichbar bleiben.
- Es kommen immer mehr große Schiffe nach Hamburg. Im vergangenen Jahr waren es 894 Schiffe, die länger als 330 Meter oder breiter als 45 Meter waren. Zwei Drittel des Hamburger Containerumschlags wird bereits mit Schiffen mit einem Tiefgang von mehr als 12,50 Metern abgewickelt. Der Trend zu immer größeren Schiffen werde auch künftig anhalten. „Angesichts der hohen Bedeutung der Großcontainerschiffe für den Hafen Hamburg ist der Fahrrinnenausbau wichtiger denn je“, sagt Gunther Bonz, Präsident des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg.
- Der Schiffstransport in den Hamburger Ballungsraum sei umweltfreundlich und vermeide zahlreiche Lastwagenfahrten. Ohne Elbvertiefung würden die Reeder die Ladung mittelfristig nach Rotterdam oder Antwerpen umleiten, nicht aber in deutsche Häfen. Für die Hochwasserstände der Elbe werde die Fahrrinnenanpassung kaum messbare Auswirkungen haben. Für negative Umweltauswirkungen gebe es ökologische Ausgleichsmaßnahmen, die 80 Millionen Euro kosten sollten, sagte Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos).
CONTRA:
- Viele Bewohner der Elbmarsch fürchten um die Sicherheit der Deiche, weil das Wasser in einer tiefer ausgebaggerten Fahrrinne schneller strömen würde. Flachwasserzonen könnten erodieren, Wellen und höher auflaufende Sturmfluten zur Gefahr werden. Neue Sicherungen der Böschungen durch Buhnen sieht Walter Rademacher vom Regionalen Bündnis gegen Elbvertiefung kritisch, weil sie den Fluss stark veränderten.
- Die Gegner der Vertiefung, darunter der Umweltverband BUND, der sich mit dem WWF und dem Nabu zur Aktionsgemeinschaft Lebendige Tideelbe zusammengeschlossen hat, wies auf den gestörten Sedimenthaushalt der Elbe hin, den auch der offizielle Bewirtschaftungsplan einräume. Die seit Jahren beobachtete Verlandung der Nebenelben könne sich beschleunigen.
- Die Zahl der Tage mit niedrigen Sauerstoffwerten habe sich seit der bislang letzten Elbvertiefung erhöht. Ständiges Aufwühlen von Sediment durch Baggerarbeiten würde die Lage verschlechtern. An der Elbe sei nicht nur der seltene Schierlingswasserfenchel in Gefahr, Tideauwälder sowie Laich- und Ruheplätze für Fische gingen verloren. Nach der Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union ist eine Verschlechterung der Qualität von Gewässern verboten.
- Aus der Sicht der Gegner ist eine Elbvertiefung unnötig. Laut einer eigenen Statistik zur Zahl und zum Tiefgang der Schiffe auf der Elbe lasse sich die neue Vertiefung nicht begründen, sagte Rademacher. Im Falle voll beladener und besonders großer Containerschiffe verwies die Aktionsgemeinschaft auf den Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven. Die Elbe zu vertiefen, obwohl im Jade-Weser-Port kaum Verkehr herrsche, sei eine Verschwendung von Steuergeldern.
- Nach Überzeugung der Vertiefungsgegner steigt mit immer größeren Schiffen die Havariegefahr in dem engen Fahrwasser. (dpa)