Hier wohnt die Logistik

Ein neues Zuhause gefällig? Mit guter Verkehrsanbindung, reichlich Platz und gleichgesinnten Nachbarn? Natürlich in einer Top-Lage? An einem Ort, an dem Lagerhallen, das Zuhause von Waren, willkommen sind? Dann haben Sie ein Problem. So wie vor Kurzem Pfenning Logistics. Der Logistikdienstleister war aus dem alten Firmensitz herausgewachsen und brauchte mehr Raum für seine Aktivitäten. Fündig wurde das Unternehmen schließlich in Heddesheim bei Mannheim. Ganz ohne Auflagen durfte Pfenning seine 128.000 Quadratmeter Lagerfläche allerdings auch dort nicht errichten. Bürger und Kommune forderten beispielsweise ein optisch angepasstes Bauwerk und ein Verkehrskonzept ohne Ortsdurchfahrten. Logistik ist eben nicht überall uneingeschränkt willkommen. Heute läuft der Betrieb dort reibungslos und auch das Zusammenleben mit den Nachbarn klappt. Aber es ist nicht leicht, so einen Ort zu finden. Daher haben sich die Wissenschaftler der Fraunhofer Arbeitsgruppe für Supply Chain Service (SCS) in Zusammenarbeit mit den Experten des Logistikimmobiliendienstleisters Logivest auf die Suche gemacht - und sind fündig geworden. Unbekannte Perlen entdeckt In der Studie "LoGe 2015: Die erfolgreichsten Logistik-Gewerbegebiete in Deutschland" listen sie die 154 besten Plätze für Lagerhallen verteilt auf 127 Kommunen auf. Neben vielen bekannten Namen traditioneller Logistikstandorte finden sich darunter versteckt einige unentdeckte Perlen. "Viele Namen der Top-Gewerbegebiete kennt man noch nicht einmal", sagt Studienmitautor Alexander Nehm, Geschäftsführer der Logivest Concept. Dazu zählt er beispielsweise die Gewerbegebiete Linnfeld in Baunatal, Tucherstraße in Neuss, Garching Hochbrück bei München, die Böllinger Höfe in Heilbronn, den Europark Frechen oder den Businesspark A24 in Gallin. Sie alle gehören noch zu den 30 erfolgreichsten Logistik-Gewerbegebieten in Deutschland. Nach der zugrunde gelegten Definition sind Logistik-Gewerbegebiete als Gewerbe-, Industrie- oder Sondergebiet für Logistik ausgewiesene Areale und beherbergen mindestens zwei unterschiedliche Unternehmen, die überwiegend logistische Prozesse durchführen und die dazu Lager- und Logistikflächen nutzen. Die für die Logistik vorgesehenen Parzellen müssen eine Mindestgröße von 5000 Quadratmeter Grundstücksfläche ausweisen. Das Güterverkehrszentrum (GVZ) Bremen, das Logistik-Gewerbegebiet Logport I in Duisburg und das GVZ Bayernhafen Nürnberg sind die erfolgreichsten logistischen Gewerbegebiete in Deutschland (siehe Grafik Seite 48). 1,3 Millionen arbeiten im Lager Für das Ranking wurden die Ansiedlungserfolge in jedem der Gewerbegebiete bewertet. "Dazu haben wir drei Fragen untersucht", erklärt Uwe Veres-Homm, Leiter Markt, Fraunhofer SCS, und ebenfalls Studienautor: Wie hoch ist der Flächenbestand? Auf wie viele Logistikimmobilien verteilt er sich? Wie hoch war die Ansiedlungsdynamik bezüglich Logistikflächen in den vergangenen zehn Jahren? Da einen guten Standort mehr als seine Flächenentwicklung ausmacht, wurden neben den für das Ranking relevanten Kriterien für die einzelnen Gewerbegebiete auch Informationen zur Infrastruktur, zum ökonomischen Umfeld, zu den Kosten, dem Dienstleistungsangebot sowie zu möglichen Auflagen erhoben. Zur Infrastruktur zählen die Nähe und Qualität von Autobahnen sowie die Entfernung und Qualität von KV-Terminals und Frachtflughäfen. Das ökonomische Umfeld wird geprägt durch das vorhandene Mitarbeiterpotenzial, die Industriedichte, die Anzahl logistikaffiner Betriebe, die Bevölkerungsdichte und das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf. Zu den Kosten zählen die Lohnkosten, die Grundstückspreise und der Gewerbesteuerhebesatz. In Sachen Infrastruktur und ökonomisches Umfeld ist der Pfenning-Standort Heddesheim überdurchschnittlich gut. Bei den Kosten liegt er im Bundesvergleich im Durchschnitt. Das Dienstleistungsangebot des Orts in der Rhein-Neckar-Region umfasst den Anschluss an den öffentlichen Personennahverkehr, Gastronomie, Tankmöglichkeiten sowie Lkw-Werkstätten. Von dem als Gewerbegebiet (GE) ausgewiesenen Areal ist die Autobahn ohne Ortsdurchfahrt zu erreichen. GE dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich störenden Gewerbebetrieben. Industriegebiete (GI) dienen der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die in anderen Baugebieten wegen ihres Störpotenzials unzulässig sind (siehe Tabelle Seite 49). Insgesamt finden sich in den 154 Logistik-Gewerbegebieten des vollständigen Rankings 1600 Logistikimmobilien mit einer Fläche von 29,2 Millionen Quadratmetern. Zum Vergleich: Der Gesamtbestand an Logistikimmobilien in Deutschland wird auf eine Flächengröße von rund 330 Millionen Quadratmeter geschätzt, auf denen etwa 1,3 Millionen Menschen arbeiten. Das ist knapp die Hälfte aller in Deutschland in der Logistik arbeitenden Menschen. Logistiker wohnen gerne zusammen Dieser Immobilienbestand beinhaltet alle logistisch genutzten Flächen unabhängig von ihrer Größe, vom Alter, der Gebäudequalität oder ihrer Drittverwendungsfähigkeit. Als relevant für den Logistikimmobilienmarkt gilt in Deutschland daher nur eine Fläche von etwa 55 Millionen Quadratmetern. Im vergangenen Jahr wurden 3,5 Millionen Quadratmeter dieser Flächen neu gebaut. Nicht jedes Gewerbegebiet hat die gleichen Bewohnerstruktur. Dennoch haben die Studienautoren Gemeinsamkeiten beobachtet. Ein "besonders breites Nutzerspektrum", so Logivest-Experte Nehm, aus Industrie, Handel und Logistikdienstleistung zeichnet die Gewerbegebiete Ulm Donautal, Mannheim Vogelsang oder Großostheim Stockstädterweg aus. Dagegen ballen sich in Häfen, GVZ und in Flughafennähe die Logistikdienstleister. Der boomende Online-Handel hat mittlerweile auch Logistikregionen geschaffen. So stehen große Distributionszentren für den E-Commerce im Regiopark Mönchengladbach, im GVZ Erfurt oder in Haldensleben-Ost. In der Industrie sorgen vor allem die Autobauer für das Entstehen von Clustern: GVZ Wolfsburg, Böllinger Höfe Heilbronn, Hub Böblingen oder Hansalinie Bremen. Es gibt logistisches Niemandsland "Viele Gewerbegebiete liegen dicht beieinander in Clustern. Deren Verteilung über die Bundesrepublik erinnert an eine Banane", sagt Nehm. Gebogen von Hamburg über das Ruhrgebiet, das Rheinland, Frankfurt und Stuttgart nach München. Das nördlichste der erfolgreichsten Gewerbegebiete liegt in Neumünster, das südlichste in Gottmandingen an der Grenze zur Schweiz. Den westlichen Außenposten markiert Hückelhoven, den östlichen Ferienbrink bei Berlin (siehe Karte Seite 47). Während sich in einigen Regionen Hot-Spots ausgebildet haben, sind andere logistisches Niemandsland. In weiten Teilen Mecklenburg-Vorpommerns, im Süden Sachsens, in Nordbayern und im Saarland konnten sich keine Logistik-Gewerbegebiete für das Ranking qualifizieren. Unternehmen, die an den guten Standorten noch ein Plätzchen abhaben wollen, müssen sich beeilen. "Der Erfolg spricht sich schnell rum", weiß Fraunhofer-Forscher Veres-Homm. In den Bestandsimmobilien gebe es oft wenig Leerstand, der zudem schnell wieder vermietet sei. Auch für potenzielle Bauherren gibt es nur bedingt gute Nachrichten: "Etwa 20 Prozent der Gewerbegebiete sind komplett dicht", sagt Veres-Homm. In den anderen gebe es dagegen noch mindestens 20.000 Quadratmeter freie Grundstücksfläche. Nach üblichen Umrechnungsfaktoren reicht das für eine 10.000-Quadratmeter-Lagerhalle. Aber es gibt Hoffnung: In oder in der Nähe von bereits erfolgreichen Gewerbegebieten würden Kommunen häufiger versuchen, weitere Neubauflächen zu erschließen. Allerdings, so Veres-Homm: "Die Neubaudynamik der letzten zehn Jahre lässt sich dort nicht fortsetzen." Erweiterungsflächen frühzeitig sichern Heddesheim, das neue Zuhause von Pfenning Logistics, kam im Ranking der besten Logistik-Gewerbegbiete auf Rang 27. Dort stehen fünf Logistikimmobilien mit einer Gesamtfläche von gut 200.000 Quadratmetern. Das Neubauvolumen seit 2005 ist in der Studie "LoGe 2015" mit 150.000 Quadratmetern angegeben. Ob dort noch Platz für weitere Logistikdienstleister ist, lässt die Studie offen. In dem Feld "Verfügbare Flächen größer als zwei Hektar" steht: keine Angabe. Pfenning indes hat sich wegen der in vielen Regionen angespannten Flächensituation in Heddesheim bereits die Möglichkeit gesichert, die gleiche Anlage angrenzend an die bestehende noch einmal zu bauen. Logport I Duisburg - Über 550.000 Quadratmeter an Bestandsfläche in Logistikimmobilien- Mehr als 30 Logistikimmobilien- Seit 2005 wurden über 300.000 Quadratmeter Lagerfläche neu errichtet GVZ Bremen - Über 820.000 Quadratmeter an Bestandsfläche in Logistikimmobilien- Mehr als 30 Logistikimmobilien- Seit 2005 wurden über 250.000 Quadratmeter Lagerfläche neu errichtet

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