Hamburg. Zum Jahreswechsel steigt die Spannung im Konzert der weltweiten Großreedereien. Die letzte Arie sang gleich nach Weihnachten Jürgen Weber, Aufsichtsratsvorsitzender der Hapag-Lloyd AG. Im „Hamburger Abendblatt“ verkündete er exklusiv, dass Hapag-Lloyd zuallererst seine Allianzen „weiterzuentwickeln“ habe. Er zielte dabei direkt auf die vor zwei Jahren gegründete Reederei-Allianz „G6“, zu der neben Hapag-Lloyd fünf weitere Reedereikonzerne aus China, den USA, Japan und Südkorea zusammengefunden haben. Sein Konzern Hapag-Lloyd gehöre zu den Besten, eine entscheidende Voraussetzung für das künftige Überleben. Um das zu bleiben „müssen wir durch Zukäufe, Mergers und Übernahmen unseren Firmenkern vergrößern, um damit mehr Stärke im Einkauf und im Vertrieb zu erreichen.“
Weber stellte sich damit hinter den noch amtierenden Vorstandschef Michael Behrendt, der wenige Wochen zuvor die Parole „aus mehreren Unternehmen etwas Größeres schaffen“ ausgegeben und entsprechende Kontakte zur chilenischen Reederei Compania Sud Americana de Vapores (CSAV) aufgenommen hatte. Demgegenüber legt Weber das Thema „Börse“ fürs erste aufs Eis. Im „Abendblatt“ machte er unmissverständlich deutlich, dass er einem „Börsengang 2014 für Hapag-Lloyd“ kaum Chancen gebe. Das dürfte unmittelbar auf den Hapag-Lloyd-Miteigentümer TUI gemünzt sein. Dem Reisekonzern - er hält 22 Prozent an Hapag-Lloyd - wird das Bestreben nachgesagt, sich im Laufe des neuen Jahrs von seinen Reederei-Anteilen trennen zu wollen.
Die Erklärung des früheren Lufthansa-Bosses Weber zielte aber noch auf ganz andere Marktteilnehmer. Direkt sprach er die zweitgrößte deutsche Reederei Hamburg-Süd an, die zum Oetker-Konzern aus Bielefeld gehört. Erste Kooperationsgespräche waren ergebnislos geblieben, damit will sich Weber nicht zufrieden geben. Er hofft, dass die Allianz-Pläne seines Konzerns „für die Oetker-Familie Mahnung und Ansporn“ sind: „Zu dritt wären wir noch stärker.“
Damit spielt Weber wohl auf seinen eigentlichen Albtraum an: Die „P3“-Allianz der drei Branchenriesen Maersk, CMA CGM und MSC. Diese weltweiten Marktführer hatten sich Mitte 2013 zusammengetan und wollen mit zusammen über 2.000 Schiffen ab Frühjahr 2014 mit einem gemeinsamen P3- Fahrplan auf allen wichtigen Linien die Marktbedingungen diktieren. Allerdings mussten die P3-Manager sich am Dienstag vor Weihnachten bei der amerikanischen Schifffahrtsbehörde FMC einem Verhör zum Thema Wettbewerb unterziehen, zu dem auch die Wettbewerbskollegen aus China und der EU nach Washington gekommen waren. Ein offizieller Spruch der Wettbewerbshüter ist noch nicht bekannt; sie sollen aber, so munkelt etwa das „Wall Street Journal“, den P3-Partnern nur geringe Hindernisse in den Weg gelegt haben. Insbesondere wird es eine Genehmigung der Mega-Allianz erst nach dem Frühjahr geben. Für Jürgen Weber sicher das klare Signal, am Hamburger Ballindamm keine Zeit zu vergeuden. (cfd)