Düsseldorf. Von Schadstoffen in der Atemluft gehen möglicherweise größere Gesundheitsgefahren aus als bisher bekannt. Feinstaub und Stickstoffoxid führten nicht nur zu einer Zunahme von Atemwegserkrankungen und Herz-Kreislauf-Beschwerden, sagte der nordrhein-westfälische Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) am Dienstag in Düsseldorf. Mittlerweile gebe es auch Hinweise auf Zusammenhänge zwischen Feinstaub und Diabetes-Erkrankungen.
Besonders gefährdet seien Anwohner von Hauptverkehrsstraßen. Dort liege die Sterblichkeit deutlich höher als an verkehrsarmen Straßen, wie eine neue Langzeitstudie des Umweltministeriums zeige. "Das sind alarmierende Fakten, die uns unter Handlungszwang setzen", sagte Remmel. Der Gesundheitsschutz müsse oberste Priorität erhalten.
Die Untersuchung belege, dass sich bei Frauen, die näher als 50 Meter an einer Hauptverkehrsstraße lebten, die allgemeine Sterblichkeit um mehr als 40 Prozent erhöhe. Das Risiko an einer Herz-Kreislauf-Krankheit zu sterben, steige sogar um fast 80 Prozent, berichtete der Minister. Für die Studie wurden rund 5000 Frauen aus dem Ruhrgebiet sowie dem Münsterland untersucht.
Die Studie zeige auch die soziale Dimension der Feinstaubbelastung, sagte der Minister. An viel befahrenen Straßen wohnten zumeist sozial schlechter gestellte Familien, da dort die Mieten niedriger seien. Wer Geld habe, könne dagegen gesünder leben.
Als Beispiele nannte Remmel die Brackeler Straße in Dortmund, wo die Feinstaubbelastung besonders hoch sei. Dort seien rund 45 Prozent der Anwohner Hartz-IV-Empfänger.
Die Schadstoffbelastung der Luft müsse dringend gesenkt werden, forderte Remmel. "Jedes Mikrogramm zählt." Nach Angaben des Umweltministerium kann eine Absenkung der Feinstaubbelastung um zehn Mikrogramm pro Kubikmeter die rechnerische Lebenserwartung um 100 Tage verlängern.
Trotz der alarmierenden Befunde berichtete Remmel über Fortschritte bei der Luftreinhaltung. Erste Rückgänge bei Feinstaub und Stickstoffoxid seien erkennbar. Allerdings sei im vergangenen Jahr bei den Feinstaubmessungen in sieben Städten der EU-Grenzwert an mehr als 35 Tagen überschritten worden. Eine positive Wirkung hätten die Umweltzonen im Ruhrgebiet. Dort sei 2009 die Zahl der Überschreitungstage um 19 gesunken. An Messstationen außerhalb der Zonen in NRW sei der Rückgang deutlich geringer ausgefallen. (dpa)