Berlin. Führende Umweltverbände haben Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) Untätigkeit vorgeworfen und ihn aufgefordert, "Bürger und Kommunen nicht im Feinstaub stehen zu lassen". "Röttgen wickelt die Luftreinhaltepolitik seiner Vorgänger ab", sagte der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch, am Dienstag in Berlin mit Blick auf drohende Strafzahlungen an die Europäische Union wegen zu starker Feinstaubbelastungen.
Das Bundesumweltministerium wies die Vorwürfe zurück: Deutschlands Luftreinhaltepolitik sei international vorbildlich und ein Schwerpunkt der Bundesregierung. Die DUH, der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), der Naturschutzbund Deutschland (NABU), und der Verkehrsclub Deutschland (VCD) kritisierten unter anderem, dass die Regierung trotz des "schleichenden Umweltgifts Feinstaub" ein Ende der Förderung für Rußfilternachrüstungen plane.
Das Umweltministerium betonte, derzeit stünden noch für rund 100.000 Fahrzeuge Nachrüstmittel zur Verfügung.Resch kritisierte zudem, die Regierung verzichte auch auf die eigentlich geplante Maut-Erhöhung für abgasreiche Lastwagen.
Zudem wolle die Regierung die Einfahrvorschriften in die Umweltzonen der Innenstädte lockern, während 40 Kommunen und Ballungsräumen wegen Nichteinhaltung der Luftwerte hohe Strafzahlungen drohten. Die EU- Kommission entscheide angesichts von Feinstaubverstößen bereits im November über ein Vertragsverletzungsverfahren.
Die "aberwitzigste Maßnahme" sei aber, dass zum 1. April 2011 ungefilterte Dieselfahrzeuge von der bisher geltenden "Strafsteuer" befreit würden, sagte Resch. Das Ministerium betonte, mit der Steuer seien die Kosten für die Förderung der Nachrüstung finanziert worden. Nach Wegfall würden alle Diesel-Autos nach dem Regelsteuersatz besteuert.
"Wir stellen die Frage: Wo ist Norbert Röttgen?", sagte Resch. Er sei in Talkshows und im Wahlkampf um den CDU-Vorsitz in Nordrhein-Westfalen zu sehen, aber für die Anliegen der Umweltverbände habe er keine Zeit. Dietmar Oeliger, Verkehrsexperte des NABU, betonte, Feinstaub sei keine Panikmache der Umweltschützer: Die Giftstoffe im Verkehr machten praktisch 82 Millionen Deutsche zu einer Art Passivraucher. Feinstaub mache krank und erhöhe das Krebsrisiko. (dpa)