Sechs Tage lang will die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) weite Teile des Bahnverkehrs in Deutschland lahmlegen. Bis Montagabend soll der Ausstand dauern. Dass es der letzte Arbeitskampf im aktuellen Tarifkonflikt ist, gilt als unwahrscheinlich. Zu unversöhnlich ist derzeit der Ton zwischen der Bahn und der GDL, zu weit auseinander liegen ihre Positionen.
Knackpunkt der Verhandlungen ist die Forderung der GDL nach einer Absenkung der Arbeitszeit für Beschäftigte im Schichtbetrieb. In einem Schreiben an die Deutsche Bahn hat die Gewerkschaft die Forderungen weiter konkretisiert.
„Die Vorschläge orientieren sich an den Tarifabschlüssen, die wir in den vergangenen Wochen mit unseren Tarifpartnern erzielen konnten“, heißt es in dem Schreiben, das die GDL am Mittwoch, 24. Januar, veröffentlicht hat. Die Arbeitszeitreduzierung soll demnach stufenweise umgesetzt werden, der letzte Schritt soll zum 1. Januar 2028 erfolgen.
Wissing schlägt Schlichtung vor
Die Bahn lehnte die Vorschläge der GDL als Grundlage für weitere Verhandlungen ab. Es handele sich lediglich um die „Wiederholung altbekannter Maximalforderungen“, sagte eine Sprecherin am Mittwochmorgen. Schon nach der zweiten Verhandlungsrunde hatte die GDL die Gespräche mit der Bahn für gescheitert erklärt. Seit November wurde nicht mehr verhandelt. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) forderte die Gewerkschaft am Mittwoch auf, über eine Schlichtung mit einem externen Vermittler zu einer Lösung zu kommen.
Er erwarte von der Gewerkschaft, dass sie Verantwortung übernehme und an den Verhandlungstisch komme, sagte der FDP-Politiker am Mittwoch im Deutschlandfunk. „Und wenn das so festgefahren ist, dass man offensichtlich nicht mehr miteinander reden kann, dann brauchen wir dringend eine Mediation oder ein Schlichtungsverfahren.“ Allerdings schätzt auch der Bundesverkehrsminister die Chancen für eine Schlichtung derzeit als gering ein. Die GDL lehnt ein solches Verfahren weiterhin ab.
Wirtschaft fürchtet große Schäden
Unterdessen wächst die Unzufriedenheit nicht nur in der Wirtschaft und bei den Fahrgästen. Auch der Interessenverband Allianz pro Schiene, in dem die GDL Mitglied ist, der aber auch von der Bahn unterstützt wird, kritisierte das Vorgehen der Arbeitnehmerseite. „Die häufigen und zunehmend längeren Streiks auf der Schiene sind Querschüsse für die Verkehrswende“, teilte Verbandsgeschäftsführer Dirk Flege am Mittwoch mit. „Sowohl in der Wirtschaft als auch bei den Reisenden wird Vertrauen zerstört.“ Er wünsche sich ein verbales Abrüsten. Zudem sprach sich Flege ebenfalls für Schlichtung aus.
Der Streik führt im Güterverkehr zu erheblichen Einschränkungen. Unternehmen drohten harte Einschränkungen bis hin zu einzelnen Produktionsausfällen, Drosselungen und Stillständen in der Industrie, sagte Tanja Gönner, die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Deutschen Industrie. „Bei einem sechstägigen Streik ist eine Schadenshöhe von insgesamt bis zu einer Milliarde Euro nicht unrealistisch.“
144 Stunden Streik im Güterverkehr
Der Ausstand auf der Schiene soll bis Montag um 18 Uhr andauern. Mit Einschränkungen ist auch danach noch zu rechnen. Der vierte Arbeitskampf der GDL im laufenden Tarifstreit mit dem bundeseigenen Konzern sei „der längste in der Geschichte der Deutschen Bahn“, sagte die Sprecherin. 136 Stunden soll er im Personenverkehr andauern, 144 Stunden im Güterverkehr. Der Streik umfasst erstmals im aktuellen Konflikt auch ein komplettes Wochenende.