Paris. Der französische Transport- und Logistikverband Union TLF hat seit März eine neue Führung. Neben dem neuen Präsidenten Eric Hémar (ID-Logistics), der den zurückgetretenen Claude Blot ersetzt hat, und Vizepräsident Herbert de Saint-Simon (Bolloré Logistics) gehört auch der frühere STEF-Vorstand Jean-Pierre Sancier als Vizepräsident dazu. In einem Interview mit „L’Officiel des Transporteurs“ hat er jetzt Stellung bezogen zur aktuellen Anti-Lkw-Stimmung in Frankreich, dem Erstarken der Grünen in Frankreich und Europa sowie zur geplanten Marschroute für die Union TLF in den nächsten Jahren.
Mehrere Medienbeiträge gegen Straßengüterverkehr
In dem Interview mit dem französischen Transportmagazin sprach Sancier von Medienkampagnen – auch durch den TV-Sender „Arte“ – gegen den Güterverkehr auf der Straße. Diese erklärt er sich mit dem zeitlichen Zusammenfallen der gegenwärtig vom französischen Parlament diskutierten Gesetzentwurf zur Zukunft der Mobilität im eigenen Land, dem Loi d’orientation des mobilités (LOM). Gewisse „Lobbys mit starkem Medieneinfluss“ hätten dies genutzt, um das traditionelle Transport- und Logistikgewerbe in Misskredit zu bringen und für alternative Verkehrsträger zu werben.
Es könne aber auch sein, so Sancier, dass die auf verschiedenste Organisationen aufgeteilte Branche in Frankreich ihre Sicht der Dinge nicht genug klar gemacht und zu öffentlichem Gehör gebracht habe. Dabei könne sie sowohl in Umweltfragen als auch bei der Personalpolitik „gute Leistungen“ vorweisen. Aktuell Fernsehsendungen mit dem Titel „Putains de Camions“ (frei übersetzt: „Scheiss-Lkw“) ansehen zu müssen, falle ihm nicht. Die eigene Kommunikation bezeichnete der Union-TLF-Vizepräsident jedoch als nicht effizient genug. Sie reagiere lediglich oder erschöpfe sich in Überreaktionen.
Union TLF plant bessere Verbandskommunikation
Laut Sancier hat sich die neue Verbandsführung unter dem Vorsitzenden Hémar auf einen Kursschwenk verständigt. Man wolle alle Kräfte bündeln und schon im Vorfeld von Kritik agieren, statt den Ereignissen hinterherzulaufen. Nachhaltige Lösungen könne man bei Sozial- und Umweltthemen nur erreichen, wenn man sie gemeinsam mit dem Staat, den diversen Körperschaften, den Regionen, der Europäischen Union und den Lieferanten angehe, wie das die Nachbarländer Holland und Deutschland zu tun verstünden. In Frankreich sei bei Belangen von allgemeinem Interesse zu viel auf Konfrontation ausgerichtet und nicht auf das gemeinsame Kompromisse – auch im Transport- und Logistikgewerbe.
Die künftige Marschrichtung von Union TLF geht nach Angaben von Sancier in drei Richtungen: Einerseits wolle sich der Verband stärker seinen Mitgliedern zuwenden. Dafür ist der neue Generaldelegierte Alexis Degouy zuständig. Der zweite Vizepräsident Herbert de Saint-Simon werde sein Augenmerk auf die Arbeit im Ausland legen – und sich dabei um eine Stärkung der Wettbewerbsposition der französischen Unternehmen ebenso kümmern wie um ein besseres Image der Transport- und Logistikbranche. Ferner gehe es darum, nachhaltige Entwicklung sowohl in den Unternehmen selbst als auch in Bezug auf deren Kunden anzustoßen. Wenn das Gewerbe überleben wolle, müsse es auf Innovation setzen, so Sancier.
Sancier lobt Umweltmaßnahmen der Mitglieder
Angesprochen auf die Umweltbilanz der französischen Transport- und Logistikbranche erklärte der neue Vizepräsident von Union TLF, diese könne sich mehr als sehen lassen und er bezweifle, dass es andere Wirtschaftszweige gebe, die hier vergleichbar viel in die Wege geleitet hätten. Er sei im Übrigen überzeugt, dass der Dieselkraftstoff für „sehr lange Strecken und auf eine lange Zeit die einzige Lösung“ bei Lkw bleiben werde. Ferner machte er sich stark für die Bevorzugung von überlangen Lastwagen, mit denen sich faktisch die Umweltbelastung pro beförderte Tonne reduzieren lasse. Frankreich hinke hier noch hinterher.
Den Vorstoß der französischen Grünen zur Einführung einer speziellen Lkw-Steuer für die Finanzierung der Verkehrswende im Güterverkehr lehnt Sancier ebenso ab wie den Vorschlag des Verbandes OTRE, für dasselbe Ziel die Verlader mit einer Art Steuer zu belasten. Die Industrie- und Handelsunternehmen würden zusätzliche Abgaben sofort auf den Preisen verrechnen, die sie für die Güterbeförderung bezahlen müssten, meint er. Auf diese Weise werde das Transport- und Logistikgewerbe zugrunde gerichtet. Es müsse jetzt im Gegenteil darum gehen, Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass dessen Margen nach oben gingen. (jb/ag)