Paris. Ob das geplante Milliardenprojekt einer Kanalverbindung zwischen dem Pariser Becken und den nördlichen Nachbarn Frankreichs wirklich eines Tages realisiert werde, wurde der französische Verkehrsminister Frédéric Cuvillier letzte Woche bei einer Pressekonferenz gefragt. Er werde alles dafür tun, lautete die Antwort. Vorgestellt hat Cuvillier danach „konkrete Maßnahmen“, mit denen das Vorhaben vor allem finanziell abgesichert werden soll.
Zuletzt waren die Kosten für den Bau auf sieben Milliarden Euro geschätzt worden, zweieinhalb Milliarden mehr als ursprünglich veranschlagt. Die jetzt angekündigten Maßnahmen basieren auf einem Bericht, den der Minister mit dem Ziel in Auftrag gegeben hatte, das Projekt auf eine finanziell realistischere Grundlage zu stellen. Als erstes sollen im Bereich von Seine, Oise und der Region Nord-Pas-de-Calais eine Reihe von „Begleitoperationen“ durchgeführt werden, gemeinsam finanziert vom Staat und den Regionen. Paris könnte sich daran bis zu einer Höhe von 500 Millionen Euro beteiligen, erklärte Cuvillier mit Blick auf das aus Brüssel erhaltene Signal, das für das Projekt EU-Mittel bis zu 40 Prozent der Gesamtkosten in Aussicht stellt. Durch den Verzicht auf den Bau einer Schleuse werde man „mindestens 600 Millionen Euro einsparen“, rechnete der Minister weiter vor. Das erfordere allerdings eine Abänderung der aktuellen „Erklärung der öffentlichen Nützlichkeit“ des Kanalvorhabens, und dies könne bis zu eineinhalb Jahren in Anspruch nehmen.
Die Verwaltung soll darüber hinaus nach der geeignetsten rechtlichen Lösung für die Federführung suchen. Cuvillier plädiert für eine rein staatliche Konstruktion anstelle der bislang ins Auge gefassten partnerschaftlichen zwischen Privatwirtschaft und öffentlicher Hand. Hiermit liessen sich rund 1,5 Milliarden Euro einsparen. Prüfen werde die Verwaltung in dem Zusammenhang auch, ob die beteiligten regionalen Körperschaften in der Lage seien, ihre Mitfinanzierungsversprechen einzuhalten. Als „pharaonisch“ rundheraus abgelehnt wird das Projekt nur von den grünen Abgeordneten in der Picardie, wogegen sich alle übrigen Anrainer davon einen erheblichen ökonomischen Aufschwung erwarten.
Auch mit der Brüsseler Finanzspritze, die die Baukosten auf 4,5 Milliarden Euro verringern würde, käme auf Paris letztlich immer noch eine Milliarde Beteiligung zu. Für deren Finanzierung wollte die Regierung unter anderem auf die Einkünfte aus der Ökosteuer zurückgreifen. Nachdem deren Einführung aufgrund der Proteste in der Bretagne auf unbestimmte Zeit verschoben wurde, dürfte es der Regierung nicht leicht fallen, das nötige Geld für den Seine-Nordeuropa-Kanal zusammenzubekommen. Entsprechend unbestimmt äusserte sich Frédéric deshalb auch zu konkreten Terminen für den Baubeginn. Für den Berichterstatter Rémi Pauvros ist die Fixierung eines Zeitplans jedoch unbedingt nötig, damit die beteiligten Körperschaften ihren Finanzierungsrahmen entsprechend abstecken könnten. Es sieht daher momentan eher danach aus, als habe Paris beschlossen, das Projekt, wenn auch uneingestanden, zunächst weiter auf die lange Bank zu schieben. (jb)