Wiesbaden. Im hessischen Regierungslager mehren sich die Anzeichen für eine Revision gegen das vom Verwaltungsgerichtshof (VGH) geforderte weitgehende Nachtflugverbot am Flughafen Frankfurt. Auch das Bundesverkehrsministerium sprach sich am Dienstag dafür aus, das Urteil vom Bundesverwaltungsgericht überprüfen zu lassen. „Eine höchstrichterliche Klarstellung ist zwingend erforderlich“, so der Parlamentarische Staatssekretär Jan Mücke (FDP). SPD und Grüne im Landtag rechnen fest mit einer Revision. Verkehrsminister Dieter Posch (FDP) will am Mittwoch über das Vorgehen der Regierung informieren. Außerdem wird sich der Landtag in einer Sondersitzung noch vor Weihnachten mit dem Thema befassen. Aus Sicht des Bundes muss das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Frage klären, ob der hessische Landesentwicklungsplan beim Ausbau des Flughafens nächtliche Flüge verbieten kann. Dies würde bedeuten, dass Festlegungen im Landesentwicklungsplan in bundesrechtliche Kompetenzen bei Planfeststellungsverfahren eingreifen. „Wir sehen hier Bundesinteressen unmittelbar betroffen“, erklärte Mücke in einer Mitteilung. Die Frage habe Bedeutung bei fast allen Infrastrukturprojekten, die im Wege von Planfeststellungsverfahren verwirklicht werden. Solche Verfahren sind eine Art Baugenehmigung für große Projekte. Die Erwartung einer Revision hegen SPD-Fraktionschef Thorsten Schäfer-Gümbel, sein Grünen-Kollege Tarek Al-Wazir und das Mitglied der Fluglärmkommission, Franz-Rudolf Urhahn. Schäfer-Gümbel wies dazu unter anderem auf Gremiensitzungen von CDU und FDP am Dienstag mit Posch hin. Urhahn, Grünen-Stadtrat von Mörfelden-Walldorf am Rande des Flughafens berichtete von Absagen Poschs zu Gesprächen mit der Kommission unter anderem am Mittwoch. Posch hätte dann dem Gremium wohl die Revision verkünden müssen. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Christean Wagner berichtete, Posch habe in der Frage einer Revision gewichtige Gründe dargelegt. Die Zeit dränge, denn bis zum 4. Januar nächsten Jahres müsse eine Entscheidung getroffen werden. Wagner wies zudem auf die Forderung des Bundesministeriums nach einer gerichtlichen Klärung hin. Auch aus Sicht der FDP-Fraktion spreche vieles für eine Revision, erklärte deren Vorsitzender Florian Rentsch. Schäfer-Gümbel will für den Fall, dass Posch den Gang nach Leipzig antritt, eine Sondersitzung des Landtags noch vor Weihnachten. Die Landesregierung hat ebenfalls eine Sondersitzung des Landtags zum Flughafen-Ausbau noch vor den Feiertagen beantragt. Als Thema nannte Regierungssprecher Dirk Metz am Dienstag die „Unterrichtung der Planfeststellungsbehörde über die Entscheidung, schnell Rechtssicherheit zum Ausbau des Frankfurter Flughafens zu suchen“. Posch, dessen Behörde den Flughafenausbau genehmigt hat, werde sprechen. Die Sitzung könnte am 22. Dezember stattfinden. Al-Wazir wertete eine Revision als „Wortbruch der Landesregierung“ und sah die Abgeordneten der Regierungskoalition in der Pflicht: „Ich fordere die Abgeordneten von CDU und FDP auf, jetzt Rückgrat zu zeigen und das nicht einfach abzunicken“. Auch der Grünen- Fraktionschef ist für eine Landtags-Sondersitzung. Ursprünglich war ein Nachtflugverbot als Voraussetzung für den Ausbau versprochen worden. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel hatte den Ausbau des Frankfurter Flughafens bestätigt, die im Planfeststellungsbeschluss erlaubten bis zu 17 Nachtflügen in der Zeit von 23.00 bis 5.00 Uhr aber verworfen. Beim Flughafenausbau seien nur „annähernd null“ nächtliche Flüge möglich, um die Bevölkerung im Rhein-Main-Gebiet für den zusätzlichen Lärm am Tag zu entschädigen. Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hatte unter anderem im Landtag erklärt, das eingeschränkte Nachtflugverbot mit 17 Flügen sei das Bestmögliche, was das Recht erlaube. Schäfer-Gümbel sieht mit dem Urteil des VGH dieses Argument entkräftet. „Wir erleben gerade den Übergang von einer juristisch zweifelhaften Konstruktion hin zum aktiven Wortbruch“, sagte er. Das sei auch schlecht, weil die Menschen im Rhein-Main-Gebiet den Politikern künftig nicht mehr glaubten, wenn die einen Ausgleich für Belastungen etwa bei Industrieansiedlungen versprechen. „Welcher Mensch sollte uns das noch abnehmen, wenn beim größten Infrastrukturprojekt des Landes dieses Vertrauen gebrochen wird.“ Die Linkspartei kritisierte: „Den Flughafenausbau an ein Nachtflugverbot zu koppeln war von Anfang an eine Finte zur Besänftigung der Ausbaugegner.“ Die Landesregierung vertrete ausschließlich das Interesse des Flughafenbetreibers Fraport und der Fluggesellschaften. (dpa)
Frankfurt: Revision zum Nachtflugverbot wird erwartet
Anzeichen für Revision mehren sich / Bundesverkehrsministerium will Urteil überprüfen lassen