Brüssel. Als Mittel gegen illegale Einwanderung wollen die Staats- und Regierungschefs der EU wieder begrenzt Grenzkontrollen zulassen. Infolge des Flüchtlingsstroms aus Nordafrika sind die 27 EU-Staaten bereit, in Ausnahmefällen örtlich und zeitlich begrenzte Kontrollen zu erlauben. Das geht aus dem Entwurf der Abschlusserklärung des Brüsseler Gipfels hervor, der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. Darin wird die EU-Kommission aufgefordert, bis September einen Vorschlag auszuarbeiten, ob und wie der Schengen-Vertrag über das Reisen ohne Grenzkontrollen dafür verändert werden kann. Dabei macht der Gipfel enge Vorgaben und betont das Prinzip der Reisefreiheit.
Kontrollen sollen nur örtlich und zeitlich begrenzt erfolgen, heißt es in dem Entwurf für die Abschlusserklärung. Sie seien nur erlaubt „in wahrhaft kritischen Situationen, in denen ein Mitgliedstaat nicht mehr in der Lage ist, seine Verpflichtungen gemäß den Schengen-Vorschriften in Bezug auf die Verhütung der illegalen Einwanderung von Angehörigen von Drittstaaten zu erfüllen", heißt es im Text der Erklärung. Es müsse „hohen Druck" an den Grenzen geben; dies sei zum Beispiel der Fall bei negativen Folgen für andere Schengen-Staaten.
Im Mai war ein Grenzstreit zwischen Frankreich und Italien ausgebrochen, weil Italien tausende tunesische Wirtschaftsmigranten mit Schengen-Visa ausgestattet hatte, mit denen sie nach Frankreich weitergereist waren. Frankreich hatte daraufhin die Grenze geschlossen. Beide Länder hatten eine Änderung des Schengen Vertrags verlangt – allerdings stehen viele EU-Mitglieder, darunter Deutschland, Vertragsänderungen äußerst skeptisch gegenüber. Auch Dänemark hatte für Streit gesorgt, weil es mit Kontrollen an den Grenzen zu Deutschland und Schweden die internationale Kriminalität wirksamer bekämpfen will. Das Schengen-Abkommen ist ein grundlegender Pfeiler der Europäischen Union. Der Vertrag von 1985 hat eine nie gekannte Reisefreiheit innerhalb Europas geschaffen. (dpa)