Ersatzteillogistik unter Druck

Der 3-D-Drucker könnte zur Bedrohung des Welthandels werden. Davon geht zumindest die niederländische ING Bank in einer Analyse aus. Der Handel mit produzierten Gütern könnte bis 2060 um mehr als ein Fünftel zurückgehen, sollte sich die Technik wie angenommen durchsetzen. Während große und komplexe Fertigprodukte wohl noch lange nicht aus dem Drucker kommen dürften, wird die Technik erhebliche Auswirkungen auf die Ersatzteillogistik der Unternehmen und ihrer Dienstleister haben. Derzeit arbeiten in Deutschland einige Firmen daran, ihre Ersatzteile künftig vor Ort zu drucken, anstatt sie aus großen Zentrallagern liefern zu lassen. Potenzieller Milliardenmarkt So fertigt Thyssenkrupp in Mühlheim in seinem neuen TechCenter für das sogenannte Additive Manufacturing, wie der industrielle 3-D-Druck genannt wird, bereits Metalle und Kunststoffe nach Kundenwunsch mit dem Drucker. Den 3-D-Druck sieht Thyssenkrupp zwar nur als Ergänzung des Kerngeschäftes. Dennoch soll das Verfahren mittelfristig industrialisiert und kommerziell genutzt werden. Seinen relevanten Markt für diese Produkte schätzt Thyssenkrupp immerhin auf zehn Milliarden US-Dollar. Ein Unternehmenssprecher ist sich sicher: "Hierdurch ändern sich die Anforderungen an heutige Transportdienstleister aufgrund sich verändernder Transportgüter und wachsender Flexibilitätsanforderungen im Abrufverhalten von Produkten." Insbesondere rechnet er aufgrund der dezentralen Produktion-on-Demand mit geringerem Materialeinsatz sowie kleineren Lagerbeständen. In der Folge sinken die Transportlosgrößen weiter, während die Lieferfrequenzen sowie die Individualisierung des Lieferbedarfs steigen. "Für neue 3-D-Druck-bezogene Dienstleistungen werden wir neue Transportsysteme aufbauen, die den kurzfristigen und individuellen Kundenbedarf mit 3-D-Druckprodukten bedienen", kündigt der Sprecher an. Da vor allem Klein- und Leichtteile hergestellt würden, liege es nahe, auf Dienste bestehender Paketdienstleister zuzugreifen. Lkw-Ersatzteil aus dem 3-D-Drucker Auch in der Autoindustrie setzt man auf den Drucker. Bei Porsche ist der Einsatz bisher noch auf einige wenige Teile beschränkt. In den 3-D-Druckern würden Teile hergestellt, die extrem selten seien und nur in geringen Stückzahlen benötigt würden. Das betrifft vor allem ältere Porsche-Modelle, die teilweise nur in geringen Stückzahlen vom Band liefen. Porsche Classic prüfe derzeit für rund 20 Bauteile, ob sich für deren Fertigung der Druck eigne. Bei Mercedes-Benz Lkw kam im vergangenen Jahr erstmals ein Lkw-Ersatzteil aus Metall aus einem 3-D-Drucker. Auch hier gehe es in erster Linie um in kleiner Stückzahl für nicht allzu häufig nachgefragte Ersatzteile, Sonderteile sowie Klein- und Klassikserien, beteuert das Unternehmen. Allerdings denkt Mercedes schon weiter. Künftig könnte der Metalldruck eine dezentralisierte und somit erheblich beschleunigte Produktion direkt vor Ort in den weltweiten Mercedes-Benz-Produktionsstandorten erlauben, glaubt Andreas Deuschle, verantwortlich für die Ersatzteilprodukte bei Mercedes-Benz Lkw. Dies würde die Ersatzteilverfügbarkeit weiter optimieren: Kostspielige Lagerhaltung und damit verbundene aufwendige Transportprozesse würden überflüssig, die Lieferzeit zum Kunden verkürzt, so Deuschle. Die Bahn setzt bei der Ersatzteilversorgung ebenfalls auf den Drucker. Seit Ende 2017 habe man bereits 2000 Ersatzteile verschiedenster Art gedruckt. Ende dieses Jahres sollen es schon 15.000 Teile sein. Die Bandbreite reiche vom Lüftungsgitter über Kopfstützen bis zur Querdämpferkonsole. "Für die Instandhaltung unserer Fahrzeuge brauchen wir sofort lieferbare Ersatzteile", erklärt Uwe Fresenborg, Vorsitzender der Geschäftsführung der DB Fahrzeuginstandhaltung, den Einsatz der neuen Technik. Kein Wunder, dass die Bahntochter DB Schenker im 3-D-Druck eine strategische Notwendigkeit sieht. "3-D-Druck wird irgendwann Transporte reduzieren, aber aktuell ist es eher noch ein Nischengeschäft", erklärt ein Unternehmenssprecher. Der Transportdienstleister untersucht derzeit selber, wie die Drucker in großen Materiallagern eingesetzt werden können. Damit sollen Ersatzteile für Kunden vor Ort ausgedruckt und so Lagerbestände verringert werden. Aktuell laufe die Suche nach geeigneten Testkunden. Sorgen macht man sich bei Schenker aber nicht. "Aktuell bringt die Technologie sogar mehr Volumen für uns, da die Drucker und auch die Granulate transportiert werden müssen", betont ein Unternehmenssprecher. Sicher sei aber auch, dass ein großer Teil des Umsatzes eines Logistikers zukünftig aus digitalen Geschäftsmodellen kommen müsse. Der US-Expressdienstleister FedEx baut seit Jahresbeginn mit seiner Firma FedEx Forward Depots einen neuen Dienstleister auf, der sich vor allem mit dem 3-D-Druck beschäftigen soll. Im Visier dürfte FedEx vor allem die Versorgung von Kunden mit kritischen Lagerbeständen und Ersatzteilen haben. FedEx betreibt dafür in mehreren Ländern bereits 3-D-Druck-Stationen. Auch der US-Rivale UPS baut bereits ein Drucker- und Verteilnetzwerk für gedruckte Ersatzteile auf. In Deutschland hat die Andreas Schmid Logistik ebenfalls reagiert und zusammen mit der Friedberger Voxeljet, einem Anbieter von 3-D-Drucksystemen, das Gemeinschaftsunternehmen Digital Supply Chain Solutions (DSCS) gegründet. 3-D-Druck birgt auch Potenzial Bei den Paketdiensten sieht man die Entwicklung durchaus positiv. Der 3-D-Druck sei keine Bedrohung für das Geschäftsmodell, sondern biete enormes Potenzial, teilt etwa DPD auf Anfrage mit. Künftig würden spezialisierte Dienstleister mit optimal ausgelasteten Drucker-Farmen die gewerbliche Nutzung bestimmen. Diese würden Dienstleister brauchen, welche die gedruckten Waren zustellen. Langfristig könne der 3-D-Druck sogar das Geschäftsmodell der Paketdienste ergänzen, glaubt man DPD. Konkrete Planungen dazu gebe es allerdings noch nicht. E-Mobilität verändert Lieferstrukturen Ein weiteres Thema, das nicht ohne Auswirkungen auf die Logistikbranche bleiben dürfte, ist die E-Mobilität. Auch hier werden sich Lieferstrukturen deutlich verändern. Der Automobilzulieferer Schaeffler geht davon aus, dass in etwas mehr als zehn Jahren bereits 30 Prozent aller neu produzierten Autos rein elektrisch angetrieben werden. Der Anteil der Verbrenner sinke bis dahin auf ebenfalls 30 Prozent. Der Rest der Fahrzeuge werde mit hybriden Antrieben ausgestattet. Während aber ein Verbrennungsmotor aus bis zu 1200 Teilen besteht, kommt ein Elektromotor mit gerade einmal 20 Komponenten aus. Vergaser, Katalysatoren, Auspufftöpfe, Kraftstoffpumpen oder Tanks sind beim E-Auto schlicht überflüssig. Weniger Teile bedeutet aber weniger Lieferanten und damit weniger Transporte. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research (CAR) der Universität Duisburg-Essen befürchtet gar, dass ein möglicher E-Auto-Boom das Geschäftsmodell einiger Zulieferer gefährde und damit indirekt die Geschäfte deren Logistikdienstleister. Neue Kundenmärkte in Sicht Bei Schenker gibt man sich dennoch entspannt. "Sowohl Elektromotoren als auch die Maschinen für E-Motoren und neue Antriebe müssen transportiert werden", erklärt das Unternehmen. Außerdem habe die E-Mobilität neue Transportvolumen gebracht, etwa durch den Boom bei den E-Bikes. Hinzu kommt, dass neue Kunden den Markt betreten. E-Motoren benötigen Stecker für die Ladesysteme, Kabel und Steuerungsgeräte, die oftmals von kleinen Unternehmen ohne logistisches Netzwerk kommen. Auch neue Player wie Tesla, Google, Apple oder chinesische Hersteller drängen auf den Markt und haben Transportbedarf. Ein neues Geschäftsfeld sehen Experten wie Dudenhöffer zudem bei der Stromversorgung: Denn auch Batterien müssen transportiert werden. Mehr zum Thema im Dossier Ersatzteillogistik www.verkehrsrundschau.de/dossiers 3D-Druck-Initiative Gemeinsamer Know-how-Transfer Das Logistikunternehmen DB Schenker hat zusammen mit der Deutschen Bahn den Verein Mobility goes Additive e.V. gegründet. An dem Netzwerk beteiligen sich rund 50 Unternehmen, Universitäten und Startups. Als Ziel schreibt sich der Verein auf die Fahnen, durch den Know-how-Transfer zwischen den Mitgliedern Lösungen für die Herausforderungen in der Mobilitäts- und Logistikbranche zu finden. Dazu gehören etwa die Optimierung der Supply Chain, die Identifikation 3-D-Druck-geeigneter Bauteile sowie die Reduzierung des Lageraufwands durch On-demand-Fertigung. Aktuell finden sich unter den Mitgliedern allerdings nur wenige Logistikunternehmen. Neben der Deutschen Bahn, der Schweizer SBB und der österreichischen ÖBB ist einzig die Paul Schockemöhle Logistics aus Mühlen als Logistiker in der Liste der Mitglieder zu finden. ahInformationen zur Initiative finden sich unter: https://mobilitygoesadditive.com/

DKV Mobility und MFG: Neue Partnerschaft für ultraschnelles Laden in Großbritannien

KEYOU bringt schweren Wasserstoff-Lkw auf den Markt

Transformation des Straßengüterverkehrs: Aiwangers Plan für eine grüne Logistikzukunft

Umstrittenes Personal für neue EU-Kommission

Neue Auto-Strafen in Italien wegen verschärfter Straßenverkehrsordnung

Alle Schlagzeilen

Ersatzteillogistik unter Druck

HASHTAG

#Ersatzteillogistik

Imperial übernimmt Ersatzteillogistik für Schindler

Krone investiert in neue ET-Struktur

Who is Who Logistik: Das sind die Logistik-Trends 2018

MEISTGELESEN

Emons Spedition siedelt sich am c-Port an

Bund und Länder fördern Brennstoffzellen-Lkw von Daimler Truck

Fiege baut Logistikzentrum bei Leipzig

STELLENANGEBOTE

Head of Logistics (w/m/d) mit fundierter Erfahrung im internationalen Versand

Area HR Business Partner

Schichtleiter (w/m/d) Logistik - Warenausgang

Koordinator (m/w/d) Intralogistik mit Teamleitungsfunktion

Leiter (w/m/d) Logistik Teilbereich Warenausgang

WEITERLESEN

NEWSLETTER