Berlin/Leipzig. Die geplante Vertiefung der Elbe wird sich weiter verzögern. Grund dafür ist die aktuelle Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig, das das Projekt insgesamt zwar billigt, die Planfeststellungsbeschlüsse für den Fahrrinnenausbau jedoch als rechtswidrig und nicht vollziehbar bewertet hat. In der Transport- und Logistikbranche sorgte dies für Unmut und große Enttäuschung. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Entscheidung stürzte die Aktie des Hamburger Hafenkonzerns HHLA um mehr als 13 Prozent ab.
„Es ist außerordentlich bedauerlich, dass die vom BVerwG geforderten Nachbesserungen zu weiteren Zeitverzögerungen bei der Fahrrinnenanpassung der Elbe führen werden“, klagt Willem van der Schalk, Vizepräsident im Deutschen Speditions- und Logistikverband (DSLV) und Sprecher des Komitees Deutscher Seehafenspediteure. Von daher müsse es jetzt das vordringliche Ziel aller Beteiligten sein, so schnell wie möglich mit der Abarbeitung der vom Gericht gemachten Auflagen sowie den erforderlichen Ausschreibungen zu beginnen, machte er deutlich. Die erneute Verzögerung einer endgültigen Entscheidung habe gezeigt, dass die bürokratischen Hürden, die in Deutschland für Infrastrukturprojekte übersprungen werden müssten, inzwischen standort- und damit arbeitsplatzgefährdende Dimensionen angenommen hätten.
„Auch wenn es begrüßenswert ist, dass nahezu alle von den klagenden Umweltverbänden vorgetragenen Einwände vom Gericht als unbegründet abgewiesen wurden, überwiegt doch die Enttäuschung darüber, dass der Schierlings-Wasserfenchel schützenswerter sein soll, als die Zukunftsfähigkeit einer der bedeutendsten Wirtschaftsbereiche Deutschlands“, sagt auch Johan P. Schryver, Vorsitzender des Vereins Hamburger Spediteure. Ferner sei die nunmehr 15 Jahre andauernde Umsetzung der Fahrrinnenanpassung ein offensichtlicher Beleg dafür, dass das deutsche Planungsrecht und insbesondere das Verbands-Klagerecht einer Korrektur bedürfe, da es inzwischen zu einem reinen Blockadeinstrument gegen Infrastrukturvorhaben geworden sei, führte er an.
Der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) zeigte sich erfreut darüber, dass durch das Urteil der Weg für die Elbvertiefung grundsätzlich frei gemacht wurde. Dennoch hätte sich der Verband nach über 15 Jahren Planung gewünscht, dass das Projekt nun auch endlich in die Tat umgesetzt werden kann, sagte Carsten Taucke, Vorsitzender des BGA-Verkehrsausschusses. Als eine der führenden Export- und Importnationen der Welt sei Deutschland auf reibungslose Transportketten angewiesen. So bleibe zu hoffen, dass die geforderten Nachbesserungen schnell umgesetzt würden und mit einer Elbvertiefung zeitnah begonnen werden könnte.
„Enttäuschung für den deutschen Logistikstandort“
Als Enttäuschung für den deutschen Logistikstandort bezeichnete die Entscheidung Thomas Rackow, Geschäftsführer des Unternehmensverbandes Logistik Schleswig-Holstein (UVL). Da bereits im Vorfeld des gesamten Verfahrens Planungsfehler durch die Richter festgestellt wurden, stelle sich seiner Ansicht nach die Frage nach der Qualität der Planungen selbst. „Offensichtlich reichen die Planungskapazitäten des Bundes und der Stadt Hamburg nicht aus, um derartige Projekte ans Laufen zu kriegen“, sagte er. Diese Entwicklung sei trotz des positiven Signals für die Elbvertiefung äußerst dramatisch für den gesamten Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein. Rund 30.000 Menschen im Bundesland seien von der Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens abhängig.
Mit „gemischtem Gefühlen“ nahm die Hamburger Wirtschaft das Urteil zur Kenntnis. „Die Frage ist, wie zeitnah die Auflagen erfüllt werden können“, betonte Fritz Horst Melsheimer, Präses der Handelskammer Hamburg. „Die Antwort darauf entscheidet über das Schicksal unseres Hafens.“ (sno)