Alzenau. Weil das Ladungsaufkommen den zur Verfügung stehenden Frachtraum seit geraumer Zeit weit übersteigt, ist der Transportmarkt aus dem Takt geraten. In dem damit einhergehenden Qualitätsverlust sehen viele Unternehmen ein Organisationsversagen ihrer Transportdienstleister und blenden dabei völlig aus, dass sie die Ursachen großenteils selbst zu verantworten haben.
„In Unkenntnis und Missachtung der Marktmechanismen haben die großen Verlader den Spediteuren und Frachtführern im Wege von Ausschreibungen und Cherry Picking über Jahre hinweg noch den letzten Prozentpunkt abgerungen. Da darf man sich nicht wundern, dass die Transportunternehmen jetzt nicht über die Kapazitäten verfügen, die hohe Volatilität des Marktes auszugleichen“, kritisiert ELVIS-Vorstand Jochen Eschborn. Die Auftraggeber müssten endlich verstehen, dass die Logistiker die für die Wirtschaft so wichtige Pufferfunktion nur ausfüllen können, wenn sie auskömmlich bezahlt würden.
Wohin der ruinöse Preiskampf im Transportsektor führt, lässt sich derzeit besonders deutlich am Spotmarkt ablesen. Den Zahlen der Transportbörse Timocom zufolge bewegt sich das Verhältnis von eingestellten Ladungen zu angebotenen Lkw auf innerdeutschen Relationen seit Frühjahr dieses Jahres auf einem extremen Niveau. Im Durchschnitt werden vier Mal mehr Ladungen eingestellt, als Lkw zur Verfügung stehen. Dieses Ungleichgewicht hat erhebliche Auswirkungen auf die Preise. Allein für den Mai liegt die Steigerungsrate gegenüber dem Vormonat laut dem Transport Market Monitor von Transporeon bei 8,4 Prozent.
In der Kontraktlogistik wirkt sich die hohe Beförderungsnachfrage nach Einschätzung von ELVIS hingegen bislang allenfalls bedingt auf die Entgeltentwicklung aus. Gerade die kleinen und mittelständischen Speditionen und Frachtführer haben sogar weiterhin große Probleme, offenkundige und nachvollziehbare Kostensteigerungen – insbesondere bei Kraftstoffen – umzulegen. Darüber hinaus erschweren es der anhaltende Fahrpersonalmangel einhergehend mit Corona-bedingten Lieferengpässen bei Zugmaschinen, Aufliegern und Ersatzteilen den Unternehmen, ihre Kapazitäten kurzfristig der gestiegenen Nachfrage anzupassen. „Vor diesem Hintergrund sind die Verlader gut beraten, ihre Blockadehaltung aufzugeben und für gute Leistungen endlich faire und angemessene Preise zu zahlen“, fordert Eschborn. „Andernfalls sind Marktkonzentrationen in erheblichem Umfang die erwartbare Folge.“ Spätestens dann werde es ohnehin zu Preisanpassungen in beträchtlichem Umfang kommen. Bis dahin sei jedoch mit erheblichen Störungen in den Lieferketten zu rechnen. (ste)