Ekol auf der Überholspur

Ahmet Musul wirkt sehr gelassen, ruhig, weder abgehoben noch angriffslustig. Dabei ist das, was der Hauptaktionär und Gründer der internationalen Spedition Ekol Logistics einer Handvoll von Journalisten in der Lobby des Triester Nobelhotels Savoia Excelsior erklärt, durchaus ungewöhnlich, weshalb etwas Pathos nicht verwunderlich wäre. Umsatzverdoppelung in zwei Jahren Denn, so erklärt er den Zuhörern, "wir wollen den Umsatz von Ekol auf über eine Milliarde Euro hochschrauben". Zur Einordnung: Im letzten Jahr lag der Umsatz bei "nur" 565 Millionen Euro (siehe Grafik Seite 21). Eine solche Steigerung würde also fast einer Verdoppelung entsprechen. Im gleichen Atemzug fügt Musul hinzu, dass diese magische Grenze vielleicht schon 2018 übersprungen wird. Damit noch nicht genug. "Wir wollen bis 2019 unsere Präsenz von derzeit 14 Ländern auf 45 Länder erhöhen", sagt Musul. Dabei hat er nicht nur europäische Länder im Blick, sondern auch afrikanische sowie die USA und China. Solche Wachstumssprünge machen hellhörig und skeptisch zugleich. Wo gibt es heutzutage noch solche explosionsartigen Zunahmen? Vielleicht bei irgendwelchen Start-ups. Aber im Transport- und Logistiksektor? "Unvorstellbar", ist ein Gedanke, der einem unweigerlich durch den Kopf schießt. Aber mit derselben Ruhe und Sachlichkeit, mit der Musul von seinen Zielen redet, schildert er den Journalisten, wie es war, als er das Unternehmen gegründet hat. Damals, 1990, als er sich mit 25 Jahren selbstständig gemacht hat, die ersten Jahre ohne eigene Fahrzeuge. Und heute? Zählen zum Fuhrpark 5500 Lkw und Trailer sowie fünf eigene RoRo-Schiffe; ist man an dem Europa Multipurpose Terminal in Triest zu 65 Prozent beteiligt und baut in Yalova in der Türkei ein eigenes Terminal. "Das hätte ich in den Anfangsjahren niemals für möglich gehalten. Wir haben es doch gemacht und es hat funktioniert", sagt Musul. Also doch vorstellbar, so ein Wachstum? Zumindest sind die Umsatzzahlen der vergangenen Jahre beeindruckend. 2014 konnte Ekol seine Erlöse um 25 Prozent steigern, 2015 um 12 Prozent. Ein Treiber bei Ekol ist der KV. Mittlerweile hat das Unternehmen ein Netz an Intermodal-Verbindungen in Europa gesponnen, über das nur wenige Speditionen verfügen. Dem Unternehmen kommt zugute, dass es mit der Türkei einen Wachstumsmarkt bedient und daher die Nachfrage nach Transporten zunimmt. Zudem sind Märkte wie Türkei, Iran oder Griechenland so weit von vielen Staaten in West-, Mittel- und Ost-Europa entfernt, dass eine Bedienung im KV nahezu ideal ist und immer mehr Transporte vom Lkw auf die Bahn umgestellt werden. Aktuelles Beispiel ist die neue Verbindung zwischen Kiel und Triest, die es seit Jahresanfang gibt. "Der Zug ist bereits jetzt gut ausgelastet, weshalb wir möglichst bald einen zweiten Zug auf dieser Relation anbieten wollen", sagt Alaa Jennane, Engineering Business Development Director bei Ekol Logistics, gegenüber der VerkehrsRundschau. Wann es so weit ist, darauf will er sich nicht festlegen. Aber angepeilt ist auf jeden Fall noch dieses Jahr. Ekol setzt auch Subunternehmen ein Musul stellt heraus, dass von Kiel aus viele Regionen bedient werden können. Über die Fähren bestehe Anschluss nach Malmö, Göteborg und Oslo. Zudem könne von Kiel aus über die Ostsee auch das Baltikum und Russland erreicht werden. "Aber wir können natürlich auch Norddeutschland von Kiel aus bedienen", ergänzt Jennane. Ekol setzt für den Vor- und Nachlauf je nach Ort und Bedarf zum Teil eigene Lkw mit eigenen Fahrern, aber auch Subunternehmen ein. Wobei es nicht immer leicht sei, geeignete Unternehmen und Fahrer zu finden. Schon jetzt ist die Auslastung im Zug zwischen Kiel und Triest hoch. Von Süden nach Norden sorgt zum Beispiel die Automobil- und Textilindustrie für Ladung. In umgekehrter Richtung ist es laut Jennane etwas schwieriger, den Zug mit 16 Doppeltaschenwagen (= 32 intermodalen Ladeeinheiten) zu füllen. Doch eine gute Qualität soll helfen, mehr Kunden zu begeistern. "Bislang haben wir noch keine Fähre verpasst, das ist der entscheidende Maßstab", zeigt sich der Ekol-Direktor mit der Leistung der verantwortlichen Bahn TX Logistik zufrieden. Mittlerweile 48 KV-Ganzzugverbindungen bietet Ekol europaweit seinen Kunden an. Dabei arbeitet Ekol mit Operateuren zusammen wie Kombiverkehr, aber auch mit Bahnen, die Operator-Funktionen ausüben wie die Tochter der Österreichischen Bahn - die Rail Cargo Group (siehe Seite 18) -, VIIA und jetzt auch TX Logistik. Doch was macht den Unterschied aus von Ekol zu anderen Speditionen, die ebenfalls im KV tätig sind? "Wir nutzen nicht nur das Angebot an Zügen: Wir kreieren selbst Züge für den Bedarf unserer Kunden", sagt Jennane. Damit übernimmt Ekol Aufgaben, die ursprünglich bei den Operateuren lagen. Ein weiterer Vorteil: "Wichtig im KV ist das Volumen. Ein zu geringes Volumen kann das Aus für einen Zug bedeuten. Wir haben mittlerweile ein so großes Aufkommen, dass wir Sendungen verschieben können und somit die Auslastung unserer Züge permanent hoch ist", sagt Jennane. Nach dem Erfolgsrezept für Ekol als gesamtes Unternehmen gefragt, nennt Musul zwei wesentliche Bausteine. Zum einen eine gute qualitative Leistung für den Kunden, erbracht durch geschulte und motivierte Mitarbeiter. "Unser Ziel ist es, den Kunden auf ein anderes Level zu heben", sagt Musul. Diese Form der Kundenorientierung beinhaltet auch, dass Projekte vor allem im Vergleich zu anderen Unternehmen im KV rasch umgesetzt werden. "Ich habe viel von Dachser gelernt" Als einen zweiten wichtigen Faktor sieht er die Ausrichtung des Unternehmens am Benchmark anderer Industrien, nicht am Benchmark der Transport- und Logistikbranche. Dazu gehört auch, dass Ekol eine eigene Abteilung für Forschung und Entwicklung betreibt. Hier sind über 120 Personen beschäftigt, die sich unter anderem mit detaillierten Prozessanalysen befassen und als Resultat beispielsweise Ekol-spezifische IT-Systeme entwerfen. Das machen nicht viele Unternehmen in der Transportbranche. "Ich habe viel von Dachser gelernt", sagt Musul in diesem Zusammenhang. Auch Dachser hat ein eigenes IT-System zur Prozesssteuerung entwickelt und beschäftigt dafür 600 IT-Spezialisten. Ein Zeichen dafür, dass man bei Ekol Augen und Ohren offen hält. Das ist allerdings auch Pflicht für ein Unternehmen, das sich nach dem französischen Wort für "Schule" benannt hat: "école". Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Türkei www.verkehrsrundschau.de/dossiers Fakten zu Ekol Wer steckt hinter Ekol? Ekol Logistics wurde 1990 in der Türkei von Ahmet Musul gegründet. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 6500 Mitarbeiter und ist in 14 Ländern vertreten. Die erste Niederlassung außerhalb der Türkei wurde 1996 in Deutschland gegründet. Dann folgten 2011 Italien und Rumänien, ein Jahr später Bosnien, Frankreich, Griechenland und die Ukraine. 2013 eröffnete Ekol eine Gesellschaft in Ungarn, ein Jahr später in Spanien, 2015 in Polen und schließlich im letzten Jahr in Slowakei, Iran, Tschechische Republik und Bulgarien. In diesem Jahr kommt auf jeden Fall Slowenien hinzu.Mehrheitseigentümer von Ekol ist weiterhin Ahmet Musul. 2009 beteiligte sich der Investmentfonds Abu Dhabi Investment Company (AD) an Ekol. Damals stieg AD mit 50 Millionen Euro bei Ekol ein.Musul kündigte an, dass er 2018 eine übergeordnete Gesellschaft in den Niederlanden gründen möchte, die allerdings keinerlei operativen Aufgaben übernehmen, sondern die Aktivitäten der Töchter unterstützen soll. Langfristig sei auch geplant, den Anteil von AD zurückzukaufen. cd

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