Berlin. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat heute seinen Masterplan Schienengüterverkehr vorgestellt. Der Plan soll den Schienengüterverkehr dauerhaft stärken und ihn im Wettbewerb zu anderen Verkehrsträgern wirtschaftlich attraktiver zu gestalten. Mit zahlreichen Maßnahmen verfolgt das Strategiepapier das Ziel eines innovativen und effizienten Schienengüterverkehrs und gibt Handlungsempfehlungen für die Politik und die Bahnbranche.
Mit der schrittweisen Umsetzung soll noch in dieser Legislaturperiode begonnen werden. Im Zentrum des Masterplans stehen der Ausbau der Infrastruktur, die Mobilisierung von Innovationspotentialen und eine Verbesserung der verkehrspolitischen Rahmenbedingungen.
Die wichtigsten Inhalte des Masterplans
Aus den zehn Punkten des Masterplans ergeben sich eine Reihe von Maßnahmen und Handlungsempfehlungen, die kurz- bis mittelfristig umgesetzt werden sollen. Die wichtigsten sind:
1) Trassenpreise
Zu Beginn der nächsten Legislaturperiode sieht der Masterplan Schienengüterverkehr eine „deutliche“ Reduzierung der Anlagen- und Trassenpreise vor. Laut Dobrindt werden im Haushalt 2018 dafür 350 Millionen Euro bereitgestellt.
2) 740-Meter-Netz
Das Maßnahmen-Paket zur Ertüchtigung des Schienennetzes für den Betrieb von 740 Meter langen Güterzügen (EU-Standard) ist im potentiellen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) gelistet, die Bewertung durch das Bundesverkehrsministerium (BMVI) steht noch aus. Dieser Prozess soll nun zügig abgeschlossen werden, um das Maßnahmen-Paket in den vordringlichen Bedarf des BVWP zu überführen und dann unverzüglich umzusetzen. Auch sollen Lösungen zum Einsatz von 1000 Meter langen Güterzügen entwickelt werden.
3) Großknoten
Die Verkehrsknoten Hamburg, Köln, Frankfurt, Ludwigshafen/Mannheim/Heidelberg/Karlsruhe, München und Hannover sowie deren Zulaufstrecken sollen ausgebaut werden. Hierzu sind Maßnahmen im potentiellen Bedarf des BVWP gelistet, die zügig bewertet und umgesetzt werden sollen.
4) Elektrifizierung
Der Masterplan Schienengüterverkehr sieht ein Sonderprogramm zur Elektrifizierung des Schienennetzes vor. Gleichzeitig fordert das BMVI von Verladern und Fahrzeugindustrie, elektrische Lösungen für die Vor- und Nachläufe zu entwickeln.
5) Abgaben und Steuern
Da die Abgabenlast im Schienenverkehr in den vergangenen Jahren stärker als bei den anderen Verkehrsträgern gestiegen sei, schlägt der Masterplan Schienengüterverkehr eine Entlastung der Eisenbahnverkehrsunternehmen vor, etwa durch eine Senkung von Stromsteuer und EEG-Umlage.
6) Digitalisierung/Telematik
Digitale Services erhöhen die Attraktivität des Schienengüterverkehrs für Kunden, zudem lassen sich die Effizienz, Zuverlässigkeit und Sicherheit im Betrieb verbessern. Voraussetzung hierfür ist der Ausbau der digitalen Infrastruktur und eine Modernisierung des IT-Systems der DB Netz AG. Die Mittel hierfür sollen aus dem Zukunftsinvestitionsprogramms des BMVI bereitgestellt werden.
Zusätzlich soll mit dem Programm „Zukunft Schienengüterverkehr“ zu Beginn der nächsten Legislaturperiode die Digitalisierung von Schienenfahrzeugen unterstützt werden. Noch in der laufenden Legislaturperiode sollen Regelungen in der Eisenbahn Bau- und Betriebsordnung (EBO) geändert werden, damit neue Möglichkeiten der zustandsabhängigen Instandhaltung genutzt werden können. Die Bahnen sind laut Masterplan dazu angehalten, ihre Geschäftsprozesse zu digitalisieren und mittels Telematik neue Logistik-Geschäftsfelder zu erschließen.
7) Automatisierung
Der Masterplan setzt auf eine stärkere Automatisierung des Eisenbahnbetriebs. Innovationen in diesem Bereich will der Bund fördern. Der Schwerpunkt liegt dabei beim Rangieren und Kuppeln. Dafür soll im Rangierbahnhof München-Nord eine automatisierte Zugbildungsanlage getestet werden. Verstärkt sollen auch Fahrerassistenzsysteme und automatische Kupplungen zum Einsatz kommen.
8) Ausbildung
Der Bund und die Branche engagieren sich für eine breite Aus- und Weiterbildungsoffensive, um dem Nachwuchs- und Fachkräftemangel der Bahnbranche zu begegnen. Brancheninitiativen sollen gezielt unterstützt werden.
9) Hybridtechnik
Zur Überbrückung von Elektrifizierungslücken im Netz sowie für den Rangierbetrieb will der Masterplan Schienengüterverkehr den Einsatz von elektrischen Hybrid-Lokomotiven in der nächsten Legislaturperiode fördern. Mit einer „Entschlackung“ der nationalen und internationalen Zulassungsvorschriften sollen Innovationen auf diesem Gebiet angeregt werden.
10) Kombinierter Verkehr
Privilegien für Fahrzeuge im Vor- und Nachlauf zur Schiene sollen den Kombinierten Verkehr attraktiver machen. Beispielsweise wird die Befreiung von der Lkw-Maut genannt. Auch die Einrichtung separater Fahrspuren und Parkplätze für elektrische Lkw im Vor- und Nachlauf ist denkbar.
11) Planungsbeschleunigung
Die Planung wichtiger Güterverkehrsprojekte soll vereinfacht und beschleunigt werden.
Als Sofortmaßnahmen, die zeitnah umgesetzt werden sollen, nennt der Masterplan Schienengüterverkehr die Reduzierung der Trassenprise, den Ausbau des 740-Meter-Netzes, Aufbau eines ersten Testfeldes für Digitalisierung und Automatisierung der Zugbildung im Schienengüterverkehr sowie die Konzepterstellung für das Bundesprogramm „Zukunft Schienengüterverkehr. Außerdem seien die bahnunternehmen gefordert, schnellstmöglich ihren Beitrag zur Modernisierung des Schienengüterverkehrs zu leisten.
Verbände mahnen Umsetzung des Strategiepapiers an
Erarbeitet wurde der Masterplan Schienengüterverkehr vom Bundesverkehrsminister und dem BMVI gemeinsam mit Verbänden und Organisationen aus der Eisenbahnbranche, darunter die Allianz pro Schiene, die Deutsche Bahn, Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV), der Verband der Bahnindustrie in Deutschland (VDB) und der Verband der Güterwagenhalter in Deutschland (VPI). Auch Bahnexperten aus der Wissenschaft und der Digitalwirtschaft waren beteiligt.
Die beteiligten Verbände und Organisationen begrüßen die Maßnahmen und Empfehlungen des Strategiepapiers. „Mit dem Masterplan werden wir einen erheblichen Innovationsschub auf die Schiene bringen und selber unsere Hausaufgaben erfüllen“, sagte etwa DB-Verkehrsvorstand Berthold Huber. Der DSLV spricht von einer „wichtigen Weichenstellung für die Zukunft der Schiene“.
Nach Ansicht des VPI besitzen die beschlossenen Maßnahmen und Projekte das Potential, den Schienengüterverkehr nachhaltig zu stärken, aber: „Über den Erfolg entscheidet nun die konsequente Umsetzung“, so Malte Lawrenz, Vorsitzender des VPI. Auch VDB-Hauptgeschäftsführer Ben Möbius weist darauf hin, dass es mit dem Plan alleine noch nicht getan ist: „Ziel muss es jetzt sein, dass zentrale Maßnahmen des Masterplans Eingang finden in den nächsten Koalitionsvertrag und ehrgeizig umgesetzt werden für den Schienengüterverkehr 4.0.“ (jt)
Kasandra