Die Stunde der Vermieter?

Eine ohnehin schwache Konjunktur und jetzt auch noch die Auswirkungen des Coronavirus: Die deutsche Wirtschaft erlebt einen wenig beschwingten Start in die 2020er-Jahre. Auch die Transportbranche bekommt die schwierigen Rahmenbedingungen mit voller Wucht zu spüren: Laut Ifo-Geschäftsklimaindikator für den Straßengüterverkehr sind die Erwartungen an die Geschäftsentwicklung der nächsten Monate zutiefst negativ. Unter diesen Vorzeichen die Fahrzeugkapazitäten wirtschaftlich zu managen, ist eine Herausforderung, die viele Speditionen derzeit stemmen müssen. Das merken auch diejenigen Unternehmen, die Deutschlands Fuhrparks mit Lkw, Aufliegern und Spezialfahrzeugen versorgen, nämlich Nutzfahrzeughersteller, Leasinggeber und Lkw-Vermieter. Unter diesen hat sich die VerkehrsRundschau im Rahmen der Frühjahresumfrage Miete/Leasing zur aktuellen Marktlage umgehört. Neugeschäft läuft verstärkt über Miete "Wir spüren diese Unsicherheit", berichtet Simon Greiwing, Geschäftsführer des Nutzfahrzeugvermieters Greiwing Truck and Trailer. Dabei gebe es zwei Seiten der Medaille: Zum einen werde Neugeschäft verstärkt über Mietfahrzeuge begonnen, was die Mietnachfrage begünstige. Zum anderen wirke sich der konjunkturelle Einbruch aber auch stark negativ auf die Aufrechterhaltung beziehungsweise Verlängerung von Mietverträgen aus. "Im Saldo verzeichnen wir eine schlechtere Auslastung des Fuhrparks, dem wir durch den Abverkauf von Fahrzeugen entgegenwirken", sagt Greiwing. Er betrachtet die Beschaffungsform Miete in Zeiten der Unsicherheit allerdings als klar im Vorteil: Sobald die Nachfrage nach Laderaum wieder deutlich steige, werde der Transportunternehmer Kapazitäten kurz- bis langfristig anmieten, glaubt Greiwing. "Miete hat weiter an Bedeutung gewonnen", ist sich auch Frank Hoffmann, Geschäftsführer MTC Rental, sicher. Risiken in der Auftragslage, Fahrermangel und Risiken bei der Fahrzeugverwertung ließen das Interesse am Eigenerwerb sinken. Allerdings betreffe dieser Trend nur die Kurzzeitmiete beziehungsweise die Langzeitmiete mit Ausstiegsklausel. "Jeder möchte abgesichert sein", so Hoffmann. "Die Fahrzeugmiete holt gegenüber anderen Formen der Fahrzeugfinanzierung weiter auf", beobachtet auch Jan Plieninger, Geschäftsführer BFS Business Fleet Services. Der Vermieter spüre zwar Reaktionen seiner Kunden vor allem im Bereich Standardfahrzeuge. Als Spezialfahrzeugvermieter habe man aber vor allem Fahrzeuge im Portfolio, die aktuell stark nachgefragt würden. Einen Trend zum Spezialfahrzeug beobachtet auch Sebastian Fritsch, COO KLV-rent Deutschland. Während Standard-Sattelzugmaschinen Anteile verloren hätten, steige die Nachfrage nach Fahrzeugen für den Verteilerverkehr, Wechselbrückenfahrzeuge, Entsorgungsfahrzeuge und Baustellenfahrzeuge. Auch Fraikin stellt "im Bereich der normalen Logistik de facto signifikante Anfragerückgänge" fest, wie Steffen Rump, Geschäftsführer Fraikin Deutschland, sagt. "Unsere Kunden stehen unter starkem Druck." Gleichzeitig sei die Fuhrparkgröße bei Fraikin zuletzt um drei Prozent gestiegen. "Was daran liegt, dass wir hauptsächlich Spezialfahrzeuge beschaffen. Und zwar in Langzeitmiete und immer in Kundenspezifikation", so Rump. Auch Fahrermangel ist ein Faktor Hersteller MAN kann die derzeitige Kaufzurückhaltung beziehungsweise eine gewisse Investitionszurückhaltung zwar bestätigen. Man sei "aber weit davon entfernt, in die apokalyptischen Gesänge einzustimmen", betont Alfons Fehlner, Leiter Vertrieb der MAN Financial Services, die Finanzierungs-, Leasing- und Mietkauf-Lösungen anbietet. Neben dem unsicheren konjunkturellen Umfeld führt er die Kaufzurückhaltung unter anderem auch auf den Fahrermangel zurück. Währenddessen verzeichnet Armin Hofer, Geschäftsführer Euro-Leasing, eine "spürbar gestiegene" Nachfrage nach Flexibilitätsoptionen und Kurzzeitmiete. Bei den Kunden punkten will MAN letztendlich aber auf allen Vertriebswegen mit Zusatzservices. "Vor allem unsere Versicherungsprodukte werden derzeit stark angefragt", betont Fehlner. Zudem sei eine der meistverkauften Lösungen das Full-Service-Leasing. Auch Vermieter Euro-Leasing fährt diese Strategie. "Unsere Kunden fragen vermehrt nach Lösungen rund um die Themenfelder Parken, Tanken, Maut und Telematik", so Hofer. Bei Iveco ist das ungünstige Klima ebenfalls spürbar - "obwohl wir im schweren Bereich durch ein neues Produkt, den Iveco S-Way, derzeit überdurchschnittliche Auftragseingänge verzeichnen", wie Manfred Kuchlmayr, bei Iveco für die Unternehmenskommunikation zuständig, berichtet. Käufer tendierten dazu, das Verwertungsrisiko durch Leasing oder Miete kleinzuhalten. Die richtige Balance, insbesondere hinsichtlich des großen Angebots junger Gebrauchter, habe Iveco durch eine starke Zurückhaltung von Buy-Back-Geschäften forciert, so Kuchlmayr. Michael Neuenfeldt, Geschäftsführer Paccar Financial Deutschland und Paccar Leasing, sieht derweil "nach wie vor Substanz im europäischen Transportmarkt", wenngleich man im Miet- und Finanzierungssektor "einen leicht rückläufigen Markt" verspüre. Die Verunsicherung komme demnach traditionell dem Vermietgeschäft zugute. Nach wie vor bilden Sattelzugmaschinen den Löwenanteil in der PacLease-Vermietflotte, diese sei zuletzt aber um bestimmte Branchenfahrzeuge erweitert worden, etwa für die Bau- und Entsorgungsbranche. "In diesem saisonabhängigen Geschäft werden häufig Fahrzeuge angemietet, da sich eine ganzjährige Unterhaltung oft nicht lohnt", sagt Neuenfeldt. Relativ unbeeindruckt von der aktuellen Situation zeigt sich Marius Leder, Leiter Scania Rent und Verkauf Lkw bei Scania Deutschland Österreich: "Für Scania Deutschland Österreich ist aktuell eine Geschäftsentwicklung analog der Vorjahre zu verzeichnen." Man verzeichne eine unveränderte Nachfrage über alle Segmente im Mietfuhrpark. Gisela Staub, Geschäftsführerin von Staub Rent & Leas, hat infolge der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ebenfalls "keine Veränderungen festgestellt". Sie verspürt dank einer verstärkten Auftragsvergabe der öffentlichen Hand einen Trend zu Bau- und Entsorgungsfahrzeugen. Auch im Trailerbereich stellen sich Anbieter auf die angespannte Lage ein. "2020 hat der Aufliegermarkt wieder etwas angezogen, ist aber noch lange nicht auf dem Niveau von 2018", sagt etwa Josef Warmeling, Geschäftsführer Kögel. Aufgrund der nicht gegebenen Planungssicherheit fragen Kunden demnach aktuell vermehrt nach Miete und Finanzierung. Laut Warmeling seien alle Lösungen, die die Kosten der Nutzungsdauer transparent machen, gefragt. Die Kunden setzten deshalb vermehrt auf Full-Service und Zusatzservices wie Telematik. Schmitz-Cargobull Finance Deutschland beobachtet derzeit ebenfalls einen Trend zu speziellen Serviceleistungen. Laut Prokurist Harald Vorbrink würden neben Full-Service-Dienstleistungen und Telematik auch individuelle Versicherungsdienstleistungen zur Absicherung von Fahrzeugen und Personen gewünscht. RPS Trailer-Rental meldet zwar einen leichten Rückgang bei Gardinensattelaufliegern, verzeichnet aber einen gestiegenen Anteil von 50-Kubikmeter-Alu-Mulden, die sich einer 99-prozentigen Auslastung erfreuten. Besonders gefragt seien zudem verschiedene Varianten von Containerchassis und Entsorgungsfahrzeugen, heißt es vom Vermietarm von Fliegl Fahrzeugbau. Mietkauf statt Leasing TIP Trailer Service stellt "im Allgemeinen schon eine Unsicherheit im Markt" fest, verweist aber darauf, dass es generell nicht unüblich sei, dass das erste Quartal eines Jahres schleppend anläuft. Besonders gefragt sei alles, was ultra-kurzfristige Flexibilität biete, heißt es aus Hamburg. Im Bereich der Wechselbrückenvermietung hinterlässt die aktuelle wirtschaftliche Lage ebenfalls Spuren. "Ein Überangebot macht sich bemerkbar", berichtet Stephan Richter, Direktor Nationale Vermietung, bei Seaco. Dabei seien die Folgen in Bezug auf die aktuelle Lage zur Entwicklung des Coronavirus nicht absehbar. Während die Vermieterzunft sich aufgrund der gebotenen Flexibilität noch am wenigsten Sorgen machen dürfte - wie empfinden eigentlich Leasinganbieter die aktuelle Situation? Thomas Conseil, Leiter Direktvertrieb bei Peac Mobility (vormals UTA Truck Lease), sieht einen ungebrochenen Trend zum Mietkauf, der Anteil an Leasingverträgen stagniere. "Unsere Kunden versuchen, sich permanent weiter zu optimieren, weshalb wir vermehrt Anfragen für und Versicherungsangebote und Reparatur- und Wartungsverträge erhalten", so Conseil. Majk Strika, Geschäftsführer ARI-Fleet, spürt eine negative Entwicklung bei den vom Stuttgarter Flottenmanagement- und Leasingspezialisten betreuten Flotten zwar noch nicht. "Dass die augenblickliche weltwirtschaftliche Lage und eine weitere Verunsicherung durch die Corona-Pandemie im weiteren Jahresverlauf Spuren hinterlassen werden, ist aber nicht auszuschließen", so Strika. Mietraten dürften stabil bleiben Die Zeiten für Transportunternehmen sind schon hart genug - immerhin weist aber einiges darauf hin, als würden sie in diesem Jahr von flächendeckenden Mieterhöhungen verschont. Längst nicht alle der befragten Unternehmen machten im Rahmen der Frühjahrsumfrage explizite Angaben zu ihrer Mietpreisentwicklung. Aus den Antworten, die eingingen, lässt sich aber ein Trend zu eher stabilen Mieten herauslesen. Alles andere würde auch ein falsches Signal senden, heißt es etwa seitens eines Marktteilnehmers. In Kürze Schwierige Konjunktur und Verunsicherung rund um die Verbreitung des Coronavirus: Es war schon mal einfacher, Fahrzeugkapazitäten wirtschaftlich zu managen. Schlägt jetzt die Stunde der Lkw-Vermieter? Die Verkehrs-Rundschau hat sich unter Lkw-Herstellern, Vermietern und Leasinganbietern umgehört. Interaktiv Vermieter suchen Die interaktive Online-Version der Marktübersicht Nutzfahrzeugmiete bietet zahlreiche zusätzliche Detailinformationen zu den einzelnen Vermietern sowie den von ihnen angebotenen Fahrzeugen und Dienstleistungen. Mittels verschiedener Filter können Mietinteressenten unter rund 30 Truck- und Trailer-Vermietern gezielt nach denjenigen Anbietern suchen, die den gewünschten Service und das benötigte Fahrzeug bieten.Die Marktübersicht finden Abonnenten im Profi-Portal auf VR-Plus:www.verkehrsrundschau-plus.de/marketoverviewmh

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