Die CO2-Maut kommt

Ehrlich währt am längsten." Das ist eine dieser alten Redewendungen, die im Zeitalter des Internets und von Fake News zusehends an Bedeutung verlieren. Selbstkritischer Staatssekretär Zu diesem Ausspruch gehört aber mehr, als nur bei der Wahrheit zu bleiben. Dazu gehört auch, dass man selbstkritisch ist und Dinge von sich aus eingesteht, die nicht so gut laufen. Wer auf dem Unternehmertag des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes DSLV aufmerksam zugehört hat, der hat von dieser Form der Ehrlichkeit überraschend viel mitbekommen. Zum Beispiel die Feststellung, dass die Bundesregierung in diesen Wochen keine gute Figur abgibt. Diese Aussage kam nicht von einem Verbandsvertreter oder einem enttäuschten Unternehmer, sondern von einem, der selber Politik macht: Gerhard Schulz, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. "Eine Bundesregierung ist dazu da, den Menschen die Zukunftsängste zu nehmen. Sieht man sich die letzten Wochen an, hat man jedoch den Eindruck, dass die Politik sich viel mit sich selbst befasst, aber nicht mit Themen beschäftigt." Ein solches Eingeständnis hätte man aus dem Scheuer-Ministerium nicht unbedingt erwartet. In seiner Rede vor knapp 200 Teilnehmern des Unternehmertages schilderte Schulz, was notwendig ist, um Ängsten entgegenzuwirken und mehr Zuversicht zu verbreiten: "Unsere große Herausforderung lautet: Wir müssen schneller werden und Antworten geben auf die Themen der Zeit." Dazu gehört offenbar auch, unangenehme Dinge zur Sprache zu bringen. "Ich weiß, dass Ihnen die Mautstruktur zum 1. Januar 2019 Kopfzerbrechen bereitet. Aber mit der neuen Ausrichtung der Maut berücksichtigen wir das Gewicht stärker. Das führt dazu, dass größere Fahrzeuge mehr Geld zahlen müssen. Damit sind Sprünge verbunden, die ihnen wehtun", zeigte Schulz, dass ihm die Sorgen der Unternehmen bekannt sind. Jetzt hätte er es auch dabei belassen können. Doch stattdessen goss er weiter Essig in den ohnehin schon sauren Wein: "Wir werden diesen Weg weitergehen in Brüssel, um die externen Kosten stärker in der Maut zu verankern. Das sage ich Ihnen ganz offen." Eine Offenheit, auf die viele vielleicht gut hätten verzichten können. Andererseits, vielen Unternehmern dürfte lieber sein, früh zu wissen, wohin der Hase läuft, als erst relativ kurzfristig über Mautanhebungen informiert zu werden. Ein Vorwurf, den das Gewerbe dem Verkehrsministerium aus gutem Grunde zu den ab dem kommenden Jahr gültigen Mautsätzen gemacht hat. Damit noch nicht genug: Schulz machte keinen Hehl daraus, was das Ziel der deutschen Verkehrspolitik ist: "Am Ende der neuen Mautstruktur wird eine CO2-Bemautung stehen. Das muss Ihnen klar sein und ich sage Ihnen das auch lieber jetzt schon im Vorfeld. Denn wichtig ist, dass wir ihnen Planungssicherheit geben." Wer dachte, dass Schulz damit das letzte Folterinstrument aus der Tasche gezogen hat, der lag erheblich falsch. Erheblich insofern, weil seine bisherigen Ankündigungen ohne ein Zeitfenster blieben, während das neue Klimaschutzgesetz schon für 2019 geplant ist. "Es muss allen klar sein, dass der Verkehr dazu seinen Beitrag wird leisten müssen. Das wird eine wirklich schwierige Debatte", sagte Schulz. Denn der Verkehr sei einer der wenigen Sektoren, die keine Einsparungen vorweisen könnten. "Auch wenn das am Verkehrswachstum liegt: Der Verkehrssektor wird deshalb nicht außen vor bleiben können." "Lkw-Hersteller haben geschlafen" Eine Ankündigung, die auch in der Führungsetage des DSLV für Überraschung sorgte. "Dass es ein solches Gesetz geben soll und auch wir davon stark betroffen sein sollen, war uns so nicht bekannt", gestand Frank Huster, Hauptgeschäftsführer des DSLV. Schulz stellte zwar klar, dass ordnungspolitische Maßnahmen nicht das seien, was die Bundesregierung sich vorstellt, um den CO2-Ausstoß im Verkehr zu senken. "Wir wollen lieber mit Anreizen arbeiten, aber die Frage wird sein, ob das reicht", meldete Schulz Bedenken an. Das Förderprogramm zum Kauf von CO2-armen Fahrzeugen sei so ein Anreiz. Doch Schulz weiß wie die Speditionsbranche um das Problem, dass es viel zu wenig solcher Fahrzeuge gibt. Das sei ein echtes Manko und hier nahm er ebenfalls kein Blatt vor den Mund, wer aus seiner Sicht den schwarzen Peter in den Händen hält: "Die deutsche Automobilindustrie, die Lkw-Hersteller haben da einfach geschlafen." Sein Appell auch an die anwesenden Vertreter der Nutzfahrzeugindustrie war unmissverständlich: "Da muss einfach viel mehr passieren, das muss schneller gehen. Wir sehen ja, dass bei Ihnen - den Spediteuren - die Bereitschaft vorhanden ist, in diese Technik zu investieren." Schneller gehen muss es laut Schulz auch bei den Baustellen, um den Investitionshochlauf zügig abzuwickeln. "Wir planen zu langsam", benannte er den Engpass. Zwar sei im Sommer das Planungsbeschleunigungsgesetz vom Kabinett verabschiedet worden. Aber das sei nicht ausreichend: "Wir müssen an das europäische Recht heran", forderte Schulz. Als einen "echten Meilenstein" bezeichnete er die Gründung der Infrastrukturgesellschaft für Autobahnen, erst vergangene Woche vollzogen. 15.000 Menschen zusammengeholt aus 16 Bundesländern sollen in der neuen GmbH beschäftigt werden. "Eine Reform, die es so in den letzten 40 Jahren nicht gegeben hat", hob Schulz hervor. Doch das Echo auf diese Bekanntgabe: gleich null. "Sie haben dazu in den Medien nichts gelesen. Wir dringen mit unseren Themen kaum durch", zeigte sich Schulz enttäuscht. Ein Phänomen, das auch die Verbände nur allzugut kennen. Doch daran will der DSLV etwas ändern. Axel Plaß, der neue Präsident des DLSV, sagte vor den Gästen des Unternehmertages, dass Spedition in der Öffentlichkeit häufig zu sehr auf negative Dinge reduziert werde wie Lärm, Luftverschmutzung, Staus und Abbiegeunfälle. "Aber Spedition ist mehr: ein Synonym für alle Verkehrsträger, für Logistik. Spedition ist prozessbildend. Logistik ist systemrelevant und damit hightech", sagte der geschäftsführende Gesellschafter der Spedition Zippel in Hamburg. Plaß ging auch auf den anhaltenden Wettbewerbsdruck ein. Daher sei es wichtig, dass "der Gesetzgeber für eine hohe Kontrolldichte sorgt, um einen fairen Wettbewerb zu garantieren", forderte Plaß. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "DSLV" www.verkehrsrundschau.de/dossiers DSLV wählt ein neues Präsidium Gute Konjunktur sorgt für eine verbesserte ErtragslageDer DSLV hat auf seiner Jahrestagung ein neues Präsidium gewählt. Axel Plaß tritt die Nachfolge von Mathias Krage als Präsident an, der sich nicht zur Wiederwahl stellte, aber als Vizepräsident weiterhin dem obersten Gremium des DSLV angehört. Durch Satzungsbeschluss wurde das Präsidium von fünf auf drei Mitglieder verkleinert. Johannes Offergeld wurde für den dritten Präsidiumsposten im Amt bestätigt. Planmäßig aus dem engeren Präsidium ausgeschieden sind Günther Haberland und Willem van der Schalk. Gegenüber der Fachpresse sprach Plaß die gute Auftragslage an."Die müsste auch dazu geführt haben, dass sich die Ertragslage bei den meisten Speditionen verbessert hat", konnte er eine positive Nachricht verkünden, drückte sich aber bewusst vorsichtig aus. "Die Unternehmen sind in der Lage, bestimmte Geschäfte abzulehnen, die sich für sie nicht rentieren", so Plaß.Das Angebot einer schnelleren Abwicklung an der Rampe bei Lidl gegen ein Entgelt sah Plaß nicht negativ."Die Kosten dafür müssen den Auftraggebern in Rechnung gestellt werden", sagte er. Er verglich die Situation mit der seines Unternehmens im Hafen Hamburg."Bei manchen Terminals würde ich gerne ein paar Euro für eine schnellere Abwicklung zahlen, wenn ich dann die Garantie hätte, dass meine Lkw nicht mehr zwei, drei Stunden warten müssten", so Plaß. Der Hauptgeschäftsführer des DSLV, Frank Huster, ergänzte, dass die Marktsituation es hergäbe, diese Kosten an die Auftraggeber weiterzugeben.Huster kündigte zudem an, dass der DSLV in Kürze ein Positionspapier zu den Rechten an der Rampe veröffentlichen werde, damit alle Beteiligten auch wissen, zu was sie rechtlich verpflichtet sind. cd Interview mit Axel Plass Lesen Sie in der nächsten Woche das Interview mit dem neuen DSLV-Präsidenten Axel Plaß: über den Fachkräftemangel, den Kimawandel und Lidls Vorstoß an der Laderampe

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