Deutsche Post DHL startet Fahrer-Initiative

Das erste Jahr bei DHL Freight ist nun für Sie rum - wo steht DHL Freight jetzt? Ich bin mit dem Ziel angetreten, DHL Freight nach vorne zu bringen. Dafür haben wir vor einem Jahr das Programm "Freight 2020" aufgelegt, mit dem wir unser Geschäftsergebnis signifikant verbessern und unsere Marktposition weiter ausbauen wollen. Dafür haben wir insgesamt zehn Bausteine definiert, die wir bis 2020 erfolgreich umsetzen wollen. Aktuell arbeiten wir mit Hochdruck an den Themen Qualität und Produktivität und sind hier an vielen Stellen deutlich weitergekommen. Das ist uns zu vage. Konkret konnten wir zum Beispiel unsere Zustellqualität deutlich steigern. Wir betrachten dafür den Anteil der Sendungen, die zum geplanten Liefertermin durch das Zielterminal zugestellt wurden. Wir bewegen uns hier jenseits der 90 Prozent und sind damit auf einem sehr guten Weg. Außerdem haben wir unsere Produktivität kräftig erhöht, indem wir unseren Personaleinsatz der Mengenentwicklung besser angepasst haben. Dies klingt einfach - aber es ist ein enormer Hebel, den sie ansetzen können, wenn sie wissen, wann und wie viele Mitarbeiter sie bestenfalls vor Ort haben müssen. Dafür haben wir uns die Verläufe der einzelnen Sendungen pro Terminal angesehen, diese aggregiert und mit Daten in anderen Niederlassungen in dem jeweiligen Land verglichen, aber auch länderübergreifend auf den Prüfstand gestellt. So erkennt man sehr schnell Ausreißer nach oben, aber auch nach unten. Wie schlägt sich das konkret zahlenmäßig bei DHL Freight nieder? Wo wird Ihr EBIT in 2017 im Vergleich zum Vorjahr landen? Wir sind aktuell in der Quiet Period. Deshalb kann ich leider keine Details nennen. So viel sei aber gesagt, wir wollen mindestens das EBIT erwirtschaften, das auch unsere besten Wettbewerber erzielen. Und wenn wir weiter konsequent unser Programm "Freight 2020" abarbeiten, werden wir dieses Ziel erreichen. Wir sind also auf einem wirklich guten Weg. Ein gutes Stück dürfte Ihnen da aber die glänzende Konjunktur in 2017 in die Hände gespielt haben. In der Tat sind insgesamt die Transportbedarfe und Sendungsmengen im vergangenen Jahr stark gestiegen. Das ist eine gute Nachricht und zeigt, dass es der Wirtschaft in Europa und Deutschland im Moment gut geht. Problem ist nur: Es stehen zwar genügend Lademeter bereit, aber es gibt nicht genügend Fahrer. Vor dieser Problematik können wir nicht mehr die Augen verschließen. Wir alle müssen uns um das Thema Fahrermangel kümmern. Einerseits die Deutsche Post DHL Group als Branchenführer, andererseits aber auch unsere gesamte Industrie. Aus Ihren Plänen einer Lkw-Fahrer-Ausbildungs-Initiative ist aber offenbar nichts geworden. Zaubern können wir nicht. Aber wir arbeiten hinter den Kulissen mit Hochdruck an dem Thema. Deutsche Post DHL Group wird, so viel steht fest, eine Lkw-Fahrer-Initiative starten und auch selbst Berufskraftfahrer ausbilden. Wie viele Fahrer das sein werden, prüfen wir noch. Da sind noch einige Dinge zu klären, etwa die vertragliche Ausgestaltung, die wir mit den Gewerkschaften und Arbeitnehmer-Vertretern abstimmen müssen. Unser Ziel ist es jedoch, eine nennenswerte Anzahl von Berufskraftfahrern selbst auszubilden. Wir stellen uns bei DHL Freight aber noch eine andere Frage: Wie sollen wir mit dem wertvoller werdenden Transportraum umgehen? Wir sind überzeugt, dass Brokerage-Plattformen wie unsere digitale Frachtplattform Saloodo dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Dank dieser Lösung können Transportpartner ihre Rückladungsverkehre noch besser auslasten. Zudem werden wir durch eine noch stärkere Nutzung von Prognose-Tools auf Basis von Big Data und Data Analytics die nächste Stufe in der Transportplanung zünden. Wir werden damit die Prognose-Genauigkeit weiter erhöhen und dies hilft uns, die Koffer-Trailer besser auszulasten und den Anteil zu senken, den wir in den Spotmarkt geben. Apropos Saloodo: Wann soll Ihre Plattform Gewinn schreiben? Gegenfrage: Wie kommen Sie darauf, dass Saloodo keinen Gewinn schreibt? (lacht) Mal im Ernst ... Bitte haben Sie Verständnis, aber diese Zahlen zu Saloodo kommunizieren wir nicht. Was wir sagen können, wir haben jeden Monat steigende Zahlen - sowohl was die Volumina angeht, die über Saloodo abgewickelt werden, als auch betreffend der Transportanbieter und Versender. Zudem planen wir den Rollout in anderen Ländern. Da Saloodo vom Traffic lebt, müssen wir aber verstärkt dafür sorgen, dass wir noch mehr Direktaufträge auf die Plattform bekommen Welche Rolle spielt überhaupt Saloodo für DHL und welche Rolle DHL für Saloodo? DHL Freight nutzt die Saloodo-Plattform in beide Richtungen, also zum Beispiel, um Ladung und um Frachtraum zu finden. Zudem bietet uns Saloodo die Möglichkeit, neue Kunden zu erschließen. ... weil DHL Freight bekanntlich für jede in Saloodo eingestellte Transportanfrage ein eigenes Sofortangebot abgibt. Das ist richtig. Darüber gewinnen wir weiteres Geschäft. Im ersten Schritt ist es für uns aber wichtiger, mit Saloodo Traffic auf die Plattform zu bekommen. Wenn Saloodo nicht für deutlich mehr Umsatz sorgt. Was tun Sie dann, um bei DHL Freight die Zahlen nach oben zu bringen? Da setzen wir an etlichen Hebeln an. So starten wir in diesem Jahr mit der Pilotierung eines neuen Transportmanagement-Systems (TMS), das wir EVO getauft haben. Beginnend zunächst in Frankreich und dann auch in der Türkei. Deutschland folgt zu einem späteren Zeitpunkt. Zudem werden uns die Möglichkeiten der Digitalisierung bei bestehenden Lösungen wie unserem Stückgutprodukt "Eurapid" helfen, noch besser zu werden. So können wir durch neue Funktionen wie Track & Trace taktgenauer abholen und ausliefern, weil wir weitere Daten zur Verfügung haben. Wir haben noch andere Neuerungen im Köcher, aber das Jahr ist jung und wie gesagt sind wir aktuell in der Quiet Period. Apropos Freight Eurapid: Wie viel Prozent seines Umsatzes macht DHL Freight damit? Tut mir leid, aber auf Zahlen möchte ich hier nicht eingehen. Viel entscheidender als eine Zahl ist die Tatsache, dass wir kundenseitig den Bedarf nach einer Ausweitung des Services wahrgenommen haben. Und mit der Ausweitung von Freight Eurapid im vergangenen Jahr auf 105 Regionen in 22 Ländern begegnen wir nun erfolgreich dieser Nachfrage. Wir garantieren unseren Kunden, ihre Ladung bei Destinationen bis 1000 Kilometer in 24 Stunden zu liefern und bei 2000 Kilometern innerhalb von 48 Stunden - dieser Service wird sehr gerne und mit wachsendem Anteil angenommen. Welche Rolle will DHL Freight im Stückgutsegment auf mittlere Sicht spielen? DHL Freight gehört jetzt schon zu den führenden Anbietern im europäischen Landverkehr. Unser klares Ziel ist, diese Position und unseren Marktanteil weiter auszubauen. Wir wollen führend werden - sowohl in Bezug auf Volumina als auch EBIT. Und um wie viel Prozent will DHL Freight überhaupt in diesem Jahr zulegen? Unser Ziel ist es, etwas stärker als der Markt zu wachsen. Also um rund 2,5 Prozent. Das ist uns zu schlapp! Mehr sage ich dazu nicht. Wir sind da sehr zuversichtlich, weil wir davon ausgehen, dass sich der wirtschaftliche Schwung aus dem Vorjahr in 2018 fortsetzt. Und den werden wir als DHL Freight mitnehmen. Zumal die Themen Warenverfügbarkeit und "Sofortness" für unsere Kunden immer bedeutsamer werden. Auch im B2B-Geschäft. Wer hier - wie DHL Freight- Komplettlösungen aus einer Hand bieten kann, wird klar im Vorteil sein. Die schönste Zuversicht hilft nichts, wenn Sie Ihre Aufträge nicht abwickeln können, weil schlichtweg die Transportkapazitäten im Markt fehlen. Wie gesagt, die Transportkapazitäten sind da. Es fehlen oft die Fahrer. Aber an diesem Thema arbeiten wir. Wichtiges Problem ist auch, dass unsere Infrastruktur in Deutschland nicht mitwächst. Das deutsche Autobahnnetz ist überlastet. Von den vielen Brückenschäden möchte ich gar nicht sprechen. Da müssen wir ran. Abgesehen davon müssen wir uns alle, da meine ich die gesamte Logistikindustrie, stärker um das Thema Schiene kümmern. Auch DHL Freight wickelt nur einen Bruchteil seiner Transporte auf der Schiene ab. Noch ist das so. In den nächsten Jahren können wir uns aber vorstellen, bis zu zehn Prozent unserer Transporte auf der Schiene abzuwickeln. Im Blick habe ich da die klassischen Nord-Süd- sowie Ost-West-Verbindungen. Damit wir mit dem Thema Schiene vorankommen, reicht es aber nicht, nur die Trassenpreise für die Schiene zu senken. Es geht auch um die Verfügbarkeit der Güterzüge sowie um die Frage der Zusatzkosten, die durch die zusätzlichen Be- und Entladevorgänge bei der Schiene entstehen. Alles das muss die Logistikindustrie im Dialog mit der Politik abstimmen. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "Landverkehr" www.verkehrsrundschau.de/dossiers Daten + Fakten DHL Freight Seit Anfang 2017 ist Uwe Brinks CEO von DHL Freight, der Landspedition von deutsche Post DHL Group. Er löste damit Amadou Diallo ab, der nun die Bereiche Value Added Services und Integrated Logistics in der Luft- und Seefrachtspedition (DHL Global Forwarding) leitet. Zuvor war Brinks lange Jahre Produktionschef der Brief- und Paketsparte gewesen.DHL Freight ist mit 13.000 Mitarbeitern an über 200 Standorten in Europa tätig. Europaweit werden jährlich über 43 Millionen Sendungen mit über 45 Millionen Tonnen befördert. Dazu werden täglich rund 1600 nationale und internationale Linienverbindungen unterhalten. Der Umsatz von DHL Freight im Jahr 2016 betrug 4,274 Milliarden Euro. eh