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Deutsche Industrie fürchtet um Aufschwung

10.06.2021 16:29 Uhr
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© Foto: Rinson Chory / unsplash

Angesichts starker Verspätungen in der weltweiten Containerschifffahrt fürchten deutsche Hersteller um den Aufschwung nach der Corona-Rezession.  

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Berlin/Hamburg. Die deutsche Industrie sorgt sich angesichts starker Verspätungen in der weltweiten Containerschifffahrt um den Aufschwung nach der Corona-Rezession und hat deshalb einen Brandbrief an die Bundesregierung verfasst.

„Es muss unbedingt vermieden werden, durch künstliche Engpässe der Transportkapazitäten in den maritimen Lieferketten den Hochlauf der Industrie ins Stottern zu bringen“, heißt es in dem Brief, der am Donnerstag in Berlin veröffentlicht wurde. „Die seeverladende Industrie leidet seit langem unter einer rapiden Verschlechterung der Zuverlässigkeit und Qualität der Transportdienstleistungen im Container-Seeverkehr, insbesondere auf den Strecken zwischen Asien, Nordamerika und Europa.“

Hapag-Lloyd zeigt für Vorstoß wenig Verständnis

Bei Hapag-Lloyd, mit einer Flotte von 241 Schiffen und einer Gesamttransportkapazität von 1,7 Millionen Standardcontainern (TEU) einer der weltweit wichtigsten Linienreedereien in der Containerschifffahrt, stößt der Vorstoß der Industrieverbände auf wenig Verständnis. Hapag-Lloyd spreche regelmäßig mit allen Beteiligten über die Situation. „Dabei reden wir lieber miteinander als übereinander“, sagte ein Sprecher. „Wir kennen die Herausforderungen der Industrie - und sie sind letztlich auch die unseren. Gemeinsam muss die Industrie - ob Schifffahrt, Häfen, Inlandtransporteure und Versender - an einem Strang ziehen.“ Brandbriefe seien nicht das geeignete Mittel, um die Situation zu verbessern.

Engpässe beeinträchtigen die Lieferketten

Konkret ist in dem Schreiben der Industrieverbände die Rede von mangelnder Verfügbarkeit von Containern, fehlenden Transportkapazitäten, unpünktlichen Schiffsankünften sowie Qualitätsdefiziten bei stark ansteigenden Transportkosten. Diese beeinträchtigten die Lieferketten und teilweise auch die Produktionsabläufe. Unterzeichnet ist das Schreiben an die Minister Peter Altmaier (CDU/Wirtschaft) und Andreas Scheuer (CSU/Verkehr) unter anderem vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sowie den Branchenverbänden der Autoindustrie, des Maschinenbaus und der Chemie.

Verkettung unglücklicher Umstände

In Branchenkreisen wird indes bestritten, dass es Versäumnisse der Schifffahrtsindustrie gebe. Vielmehr liege eine „Verkettung unglücklicher Umstände“ vor. Im Hintergrund steht zum einen die Corona-Pandemie, die die Linienpläne auf den maritimen Schlagadern rund um den Globus kräftig durcheinandergewirbelt hat. Der tagelange Stau im Suezkanal - ausgelöst durch die Havarie des Containerfrachters „Ever Given“ beeinträchtigte die ohnehin angespannten Lieferketten zusätzlich. Als neuestes Problem kam ein Corona-Ausbruch in China hinzu, der im riesigen Hafen von Yantian in der chinesischen Provinz Shenzen Reedereien zu Planänderungen zwingt. Der weltweite Branchenprimus Maersk rechnet im Hafen von Yantian beispielsweise mit Schiffsverspätungen von mehr als 16 Tagen.

Seeschiffe müssen wegen der Corona-Pandemie in Häfen ohnehin teils lange auf das Laden oder Löschen ihrer Ladung warten. Ein hohes Ladungsaufkommen führt verbunden mit einer coronabedingt geringeren Produktivität in den Häfen sowie Kapazitätsengpässen bei Bahn und Lastwagen zu teils erheblichen Verzögerungen. Als große Herausforderung der Schifffahrtsindustrie gilt zudem aktuell die Bereitstellung von genügend Containern, die wegen der gestörten Abläufe nicht immer dort zur Verfügung stehen, wo sie gebraucht werden. „Hapag-Lloyd hat in den vergangenen Monaten alles getan, um die Kapazitäten zu erhöhen - sowohl Schiffskapazitäten als auch im Hinblick auf Leercontainer“, hieß es am Donnerstag bei der Reederei.

Auf zügiges Wiederhochfahren nicht vorbereitet

„Auf ein zügiges Wiederhochfahren infolge einer gestiegenen Nachfrage nach Schiffsraum war der Markt augenfällig nicht vorbereitet“, kritisiert indes der BDI in einem Positionspapier. Außerdem gebe es schon längere Zeit Defizite, „die auf ein abnehmendes Wettbewerbsniveau“ im maritimen Transportmarkt hindeuteten.

Absprachen zwischen Unternehmen, die den Wettbewerb beeinträchtigen könnten, sind durch EU-Recht im Prinzip untersagt. Ausnahmen können aber gemacht werden, beispielsweise wenn das zum Wohle von Herstellern und Verbrauchern der Herstellung oder Verteilung von Gütern nutzt. Die entsprechenden Spielregeln sind seit langem in einer so genannten Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) für den Seeverkehr geregelt. Aktuelle Forderung der Industrie: Die Bundesregierung müsse in Brüssel dafür sorgen, dass die EU-Regelungen zur Zusammenarbeit von Reedereien in puncto Qualität und Zuverlässigkeit nachgebessert werden.

Die GVO erlaubt unter bestimmten Bedingungen beispielsweise die Abstimmung von Fahrplänen oder die gemeinsame Nutzung von Schiffen und Hafenanlagen. Ähnlich wie in der Luftfahrtindustrie gibt es auch in der Containerschifffahrt drei große globale Allianzen, in denen die größten Player kooperieren. (dpa/eh)

 

 

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