Der richtige Mix

Welche Vorteile bietet E-Learning gegenüber Präsenzschulungen? PB: Es ist zeitlich und räumlich flexibel, bietet multimediale Möglichkeiten und eine Mehrsprachigkeit. Man kann ein individuelles Lerntempo bieten, Kosten sparen, einen Automatisierungsprozess starten, und man erreicht auch Menschen, die in einer Präsenzschulung nur physisch anwesend sind. Zudem kann ich aktuelle Inhalte schnell an alle verteilen. AR: Keine Firma kann es sich leisten, zu jedem Monatsersten neue Leute mit Präsenzschulungen einzulernen. Das geht vielleicht quartalsweise, aber dann laufen manche zwei Monate im Blindflug mit. Gerade Quereinsteiger sind im hektischen Speditionsalltag schnell überfordert. Deshalb bleibt nur ein Drittel nach der Probezeit. E-Learning-Tools wie von Spedifort können in einem Zwölf-Wochen-Programm nötiges Grundwissen vermitteln. Und was sind die Nachteile? PB: Ein E-Learning ermöglicht weniger persönlichen Kontakt als eine Präsenzschulung, in der man noch Fragen stellt oder sich über die Praxis austauscht. Auch fehlt die Gruppendynamik. Und es ist sicher nicht jeder dazu geeignet, selbst zu lernen. "Blended Learning" vereint beide Welten. Doch wann eignet sich was? AR: Große Firmen wie Finsterwalder mit über 1700 Mitarbeitern nutzen E-Learnings, um neuen Kollegen das eigene Portfolio und das technische Equipment zu erklären. Immer wenn es um solches Grundwissen geht oder auch bei Unterweisungen zu Arbeitssicherheit sowie zum Umgang mit Leitern und Tritten, mit denen man sich absichern möchte, macht E-Learning Sinn. Dagegen ist es bei einem Rhetoriktraining oder einer Feuerlöschereinweisung wenig sinnvoll. PB: Im Optimalfall überlegt sich ein Unternehmen ein Lernkonzept, das aus einem Mix aus E-Learning, Präsenzschulungen, Vor-Ort-Ansprechpartnern, Videos und weiteren Methoden besteht. Beispiel Ladungssicherung: Hier lassen sich online die Grundbegriffe vermitteln. Danach sollte man den Lernenden natürlich zu einer Präsenzschulung schicken, wo er zum Beispiel sieht, wie er einen Gurt richtig festzurrt. Was ist für E-Learnings nötig? PB: Jeder braucht ein mobiles Endgerät. Manche Firmen stellen auch einen Laptop im Pausenraum bereit. Ganz wichtig ist ein Ansprechpartner für technische Rückfragen, der sich auch auskennt. Und man muss es behutsam und je nach Zielgruppe erklären, die Leute sensibilisieren und eine Alternative als Zwischenlösung bieten. AR: Wir haben mittlerweile einen Customer Success Manager, der nichts anderes macht, als unsere Kunden 'onzuboarden'. Über Webmeetings bildet er betriebsinterne Administratoren aus, sie bekommen auch eine Bedienungsanleitung zum Ausdrucken und als Kurzvideo sowie E-Mail-Vorlagen. Aber erst seitdem wir eine Supportseite mit Ticketsystem und Livechatfunktion haben, funktioniert es richtig. Wie fließt das Feedback an die Personalabteilung? PB: Im Idealfall betreut das System jemand aus der Personalabteilung. Bei transporttrainer.de und Spedifort kann man nur zugewiesene Kurse absolvieren, das legt ein Administrator fest. Ignorieren Mitarbeiter Schulungen, bekommen sie nach acht Wochen eine Erinnerung. Im Portal kann auch jeder das Zertifikat herunterladen, sowohl die Personalabteilung, derjenige, der zuständig ist, als auch der Arbeitnehmer. Es herrscht das Vorurteil, dass man durch E-Learning die Kontrolle verliert - man hat aber viel mehr Kontrolle! Werden diese Möglichkeiten auch genutzt? AR: Je nach Themenschwerpunkt, ja. Die jährlichen Pflichtunterweisungen nach dem Arbeitsschutzgesetz müssen Sie revisionssicher für die Berufsgenossenschaft reporten. Ein weiteres Beispiel sind Fahrerschulungen nach der EU-Tachografenverordnung. Das Tool eignet sich aber auch zur Erfolgsmessung in der Probezeit. Dank der klaren Rollenverteilung ist das auch datenschutzkonform. Wie definiert man Schulungsthemen? AR: An Themen mangelt es nicht. Der Fahrer entwickelt sich ja immer mehr zum Piloten der Landstraße. Wer Actros fährt, hat drei verschiedene Einstellmöglichkeiten allein beim Spurhalteassistent. Es gibt fünf Fahrprofile. Bei MAN gibt es einen ergonomischen Sitz mit zwölf Einstelloptionen. Ein Lkw kostet 100.000 Euro aufwärts, die Fahrer nutzen aber 20.000 Euro davon nicht. Mit Online-Unterweisungen lässt sich das leicht ändern. Mehr zum Thema finden Sie unter #Weiterbildung www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Will ein Unternehmen weg von der Präsenzschulung und hin zum digitalen Schulen, spart das Geld und Zeit. Doch nicht jeder ist zum Selbstlernen geeignet oder bringt das technische Know-how für die Arbeit am PC mit. Wie der Umstieg dennoch gelingen kann, erklären zwei Fachleute im Interview. Zu den Personen Philomena Bernrieder (PB; 23 Jahre) betreut als Contentmanagerin der VerkehrsRundschau (VR) auch die digitale Lernplattform transport-trainer.de, die Pflichtunterweisungen, Nachschulungen und Management-Kurse für Güter- und Personenverkehrsunternehmen bietet. Der Österreicher Andreas Rinnhofer (AR; 36 Jahre) aus Ebbs/Tirol ist Kooperationspartner der VR und hat 2017 das E-Learning-System Spedifort gegründet, das die Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern in Speditionen vereinfachen soll. akw