Bröckelt Deutschland?

Der Einsturz der Morandi-Brücke in Genua am 15. August forderte 43 Todesopfer. Das schürt Ängste: Kann so etwas auch in Deutschland passieren? Ein Blick auf die Statistik zeigt: Es gibt für den Bund noch einiges zu tun, um den Zustand der Brücken zu verbessern. Insgesamt gibt es auf deutschen Fernstraßen 39.621 Brücken. Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) hat im März 2018 eine Auswertung veröffentlicht, nach der sich 12,4 Prozent davon in einem "nicht ausreichenden" oder sogar "ungenügendem Zustand" befinden. Die Bewertung ähnelt dabei Schulnoten in sechs Notenbereichen von 1,0 bis 4,0. Die gute Nachricht: Laut der BASt landet mit 75,5 Prozent der Großteil der deutschen Fernstraßenbrücken zumindest im Mittelfeld. In gutem bis sehr gutem Zustand befinden sich gerade mal 12,5 Prozent aller Brücken. Allerdings bedeuten schlechte Noten nicht automatisch Einsturzgefahr. Laut dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) genügt zum Beispiel bereits das Fehlen einiger Gitterstäbe im Geländer. Die Brücke wird dann mit 3,5 oder schlechter bewertet, da die Verkehrssicherheit beeinträchtigt ist, die Standsicherheit jedoch nicht. Zu wenig öffentliche Mittel Einer der Gründe, warum viele Brücken in Deutschland in eher schlechtem Zustand sind, ist fehlendes Geld. Der Bund investiert zu wenig. Im Jahr 2018 wurden allein für die Instandhaltung 3,9 Milliarden Euro bereitgestellt. Immerhin soll diese Summe bis 2020 auf rund 4,2 Milliarden Euro wachsen. Für die nötigen Modernisierungsmaßnahmen schätzen Experten die Kosten jedoch deutlich höher. Das Problem ist nicht neu. Viele der Brücken an Autobahnen und Bundesstraßen in Deutschland stammen aus den 1960er- und 1970er-Jahren. Aufällig ist, dass ein Großteil der sanierungsbedürftigen Brücken im Westen Deutschlands steht. Grund dafür sind die vielen Neubaumaßnahmen, die nach der Wiedervereinigung in den neuen Bundesländern durchgeführt wurden. Mehr Lkw - mehr Schäden In den letzten Jahren hat der Güterverkehr stark zugenommen. Das bedeutet auch größere Belastung für die Fernstraßenbrücken. Seit 1956 ist das Gesamtgewicht der Lkw von 24 auf 40 beziehungsweise 44 Tonnen im Kombinierten Verkehr gestiegen. Für die Brücken ist dabei die Achslast entscheidend. Laut dem "Vierte-Potenz-Gesetz", das auf den sogenannten AAS-HO-Straßen-Tests aus den USA basiert und in der Fachwelt nicht unumstritten ist, wächst die Beanspruchung einer Straße mit der Höhe der Achslast. Demnach würde durch einen Lkw mit 30 Tonnen dieselbe Belastung wie durch 15.000 Pkw mit jeweils zwei Tonnen entstehen. Hinzu kommt, dass laut dem Statistischem Bundesamt der Güterverkehr weiterhin zunimmt. Wurden 2010 noch 3,12 Milliarden Tonnen auf deutschen Straßen transportiert, waren es im Jahr 2017 3,64 Milliarden Tonnen. Das bedeutet eine Zunahme um 16,7 Prozent. Ein TÜV für Brücken Um die Kontrollen der Brücken zu verbessern, hat Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer einen neuen Prüfindex angekündigt, der den Fokus vor allem auf die Tragfähigkeit legen soll. Mit diesem "Brücken-TÜV" könne laut Scheuer der aktuelle Zustand der Brücken noch genauer erfasst werden. Auch jetzt schon würden die Brücken alle drei Jahre mit einer Einfach- und alle sechs Jahre mit einer Hauptprüfung von Experten detailliert untersucht sowie zusätzlich jedes Jahr kontrolliert und halbjährlich beobachtet, so der Minister. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Infrastruktur www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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