Begleitetes Lkw-Fahren mit 17 – Meinungen aus der Branche

Es ist eigentlich nur eine Randnotiz im vergangenen VR-Bericht aus Brüssel – allerdings eine, die die Branche verändern könnte. Wie bekannt wurde, arbeitet die Generaldirektion der EU-Kommission für die Bereiche Mobilität und Verkehr an einer Reform der bisherigen Führerscheinrichtlinie. Im Raum steht auch die Idee, den Lkw-Führerschein in einer begleiteten Form ab dem Alter von 17 Jahren zu ermöglichen. Die VerkehrsRundschau hat sich bei verschiedenen Unternehmern und Institutionen umgehört und die Meinungen dazu abgefragt. Georg Dettendorfer, Geschäftsführer der Johann Dettendorfer Spedition Ferntrans findet den Ansatz gar nicht schlecht: „Wenn ein junger Mensch im Alter von 17 Jahren schon Auto fahren darf, dann könnte ich mir auch vorstellen, dass er oder sie auch in Begleitung einen Lkw lenkt“, so der Unternehmer gegenüber der VerkehrsRundschau. Voraussetzung sei allerdings nicht zuletzt eine gewisse persönliche Reife, so Dettendorfer. Grundlegend halte er aber jede Idee, die mehr junge Leute zum Lkw-Fahren bringe, für diskussionswürdig. Ein Testlauf für den „17er“? Gemischte Meinungen hat Hajo Agena, Leiter der Ausbildungsinitiative O.P.A (Ostfriesisch-Papenburger Ausbildungsverbung für Logistikberufe), im Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen e.V. vernommen. „Ein Teil unserer Mitglieder ist begeistert von der Idee, andere finden, dass 17 Jahre einfach zu jung ist. Grundsätzlich ist es aber gut, dass über solche Vorschläge diskutiert wird, auch wenn noch keinerlei Details zu den möglichen Rahmenbedingungen bekannt sind“, so Agena. Der Leiter der Ausbildungsinitiative denkt aber zugleich, dass es schwierig sein dürfte, zeitnah einen Konsens unter allen europäischen Ländern zu finden, der für die Änderung der Führerscheinrichtlinie aber vonnöten wäre. Als Basis dafür könnten möglicherweise Modellversuche in einzelnen Ländern oder Regionen dienen. „Ich persönlich bin ein Befürworter von solchen Testläufen“, ergänzt Agena. Bei der Deutschen Polizeigewerkschaft DPolG hat sich die hauseigene Kommission "Verkehr" mit dem Lkw-Führerschein ab 17 beschäftigt und lehnt das Modell ab. Sie kommt zu dem Schluss, dass ohne Beachtung der rechtlichen Umgebung die Absenkung des Eintrittsalters wohl nur einmalig einen Anstieg bei den Führerscheinabsolventen zur Folge haben dürfte. Dieser könne mit dem zeitgleichen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes – und damit dem Fahrerbedarf - nicht mithalten. Zudem befürchtet die DPolG, dass es durch eine Absenkung des Einstiegsalters zu mehr Unfällen kommen könnte, da junge Fahrzeugführer statistisch gesehen eine höhere Risikobereitschaft aufweisen, wenngleich in einer dazu vorliegenden Erhebung des ADAC 17-Jährige nicht berücksichtigt wurden. Trotzdem, so die Kommission, sei grundlegend ein Abwärtstrend der Risikobereitschaft mit zunehmendem Alter zu erkennen. Die Begleitpersonen sind entscheidend Der ADAC selbst hat sich gegenüber der VerkehrsRundschau auch geäußert und tendiert mit seiner Meinung in eine andere Richtung. „Für Fahranfängerinnen und Fahranfänger im Pkw bietet das Begleitete Fahren ab 17 bereits die Möglichkeit, zusätzliche Fahrerfahrung vor dem Beginn des Alleinfahrens innerhalb eines geschützten Rahmen zu gewinnen“, heißt es in der Stellungnahme. „Dadurch wird auch das Sicherheitsverständnis der Führerscheinneulinge gesteigert. Es bietet sich daher an, die positiven Erfahrungen im BF17 auf die Gruppe der Berufskraftfahrenden zu übertragen.“ Zugleich weist der ADAC aber auch darauf hin, dass die Anforderungen an die Begleitpersonen von zentraler Bedeutung seien und deshalb gegebenenfalls auch die Lenk- und Ruhezeiten speziell angepasst werden müssten, da die Verantwortung der Begleiter nicht mit der Ruhezeit gleichzusetzen sein sollte. Eine weitere Perspektive eröffnet Joachim Einig, der neben seiner Tätigkeit als Fahrlehrer auch als 1. Vorsitzender im Fahrlehrerverbande Rheinland e.V. tätig ist: „Im begleitenden Fahren mit 17 der Fahrerlaubnisklasse B macht man oft die Erfahrung, das sich der Bewerber (m/w/d) zwar oft rechtzeitig anmeldet um mit 17 Jahren seine Fahrerlaubnis zu haben, lässt dann aber oft die Ausbildung so schleifen, das er erst kurz vor seinem 18. Geburtstag oder später die Prüfung abgelegt hat“, berichtet Einig von seinen Erfahrungen. „Sollte es gelingen, zwingend vorzugeben das der Auszubildende (m/w/d) ein Jahr begleitend Kraftfahrzeuge des Berufsstandes fährt, könnte es eine gewinnbringende Verbesserung werden. Ich gehe auch mit meiner Denkensweise davon aus, dass der 17 Jährige (m/w/d) in seiner Ausbildung von einem erfahrenen Berufskraftfahrer begleitet wird, welcher gesetzlichen Vorgaben unterliegt. (Alter, Berufserfahrung, Einträge beim KBA o.Ä.)“ Noch ist allerdings völlig unklar, unter welchen Umständen und Rahmenbedingungen der Berufskraftfahrer ab 17 ermöglicht werden könnte – wenn es denn überhaupt so weit kommt. Nach dem aktuellen Plan soll im kommenden Frühjahr, also 2023, ein erster Entwurf der überarbeiteten EU-Führerscheinrichtline vorliegen. Bis es also zu einer Änderung derer kommt, dürften noch einige Monate, wenn nicht Jahre vergehen. (ff)

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