Bahn frei?

Bahn frei?Nach der Entscheidung des Bundeskabinetts für die Teilprivatisierung der Deutschen Bahn sind die Diskussionen um die Ausgestaltung voll entbrannt.Der Weg für eine Teilprivatisierung der Deutschen Bahn AG ist frei. Das Bundeskabinett hat in der vergangenen Woche den Entwurf eines Gesetzes zur „Neuorganisation der Eisenbahnen des Bundes“ beschlossen. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Privatunternehmen mit bis zu 49 Prozent an der Bahn beteiligt werden können. Damit verbliebe die Anteilsmehrheit beim Bund. In einem ersten Schritt könnten, so Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), 20 bis 25 Prozent veräußert werden. Die im Vorfeld heiß umstrittene Frage der Bewirtschaftung des Schienennetzes soll durch einen Kompromiss gelöst werden. So geht das juristische Eigentum am Netz an den Bund über – die Bahn darf dieses jedoch 15 Jahre bewirtschaften und in ihrer Bilanz führen. Wird nichts Neues beschlossen, fällt das Bewirtschaftungsrecht nach drei weiteren Jahren an den Bund zurück. Dies wird jedoch Kosten verursachen: Die Bahn soll in diesem Fall einen Ausgleich für die Vermögensverluste bekommen. Zur Zustandserhaltung des Netzes sieht der Gesetzesentwurf Zahlungen des Bundes von bis zu 2,5 Milliarden Euro pro Jahr vor. Die Reaktionen auf den vorgelegten Gesetzentwurf fallen unterschiedlich aus. Bei den Bundesländern, deren Zustimmung im Bundesrat erforderlich ist, stößt der Beschluss auf teils heftigen Widerstand. Während die rot-rote Koalition in Berlin die Teilprivatisierung grundsätzlich ablehnt und sich ein „Nein“ des Landes im Bundesrat abzeichnet, hoffen die meisten Länder noch auf Nachbesserungen. Hessen, NRW und Niedersachsen halten den vorliegenden Entwurf für nicht zustimmungsfähig und fürchten Probleme bei der Finanzierung des Nahverkehrs. Auch kritisieren viele Länderpolitiker mangelnden Wettbewerb auf der Schiene, sollte das Netz wie geplant von der Bahn bewirtschaftet werden. „Beispiellose Selbstenteignung“Auch im Bundestag regt sich Widerstand. Winfried Hermann, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, kritisierte den vorliegenden Entwurf als „beispiellose Selbstenteignung des Bundes“. Die Bahn-Gewerkschaft GDBA begrüßte hingegen die Entscheidung des Kabinetts. Der Gesetzentwurf stärke den integrierten Konzern und schaffe damit die Voraussetzung, dass der konzernweite Arbeitsmarkt erhalten bleibt. Zugleich forderte GDBA-Chef Klaus-Dieter Hommel die Länder auf, dem Gesetzentwurf nun zuzustimmen, um die angestrebte Privatisierung nicht noch weiter zu verzögern. Dies scheint jedoch ein frommer Wunsch zu bleiben – in der Diskussion um den richtigen Weg bei der Bahnprivatisierung ist noch kein Ende in Sicht. ❙❚■ Tobias RauserAnsichtssache: Ob durch die geplante Teilprivatisierung der Wettbewerb auf der Schiene gesteigert wird, ist umstrittenStreitpunkt: Die Trennung von Netz und BetriebPro:„Eine Trennung von Netz und Betrieb macht aus meiner Sicht keinen Sinn, wenn man zum einen den Börsengang der Bahn möchte und andererseits ähnliche Fehler vermeiden will, wie sie sich bei den Bahnprivatisierungen in Dänemark und Großbritannien zugetragen haben.“Dietrich Austermann (CDU), Verkehrsminister, Schleswig-HolsteinKontra:„Das Netz bleibt beim Staat und wird befahren von Zügen verschiedener Eisenbahngesellschaften. Nur so können faire Wettbewerbsbedingungen herrschen. Dies lässt sich aber nur verwirklichen, wenn nicht ein Unternehmen gleichzeitig das Netz besitzt und so immer einen unfairen Vorteil hat.“Alois Rhiel (CDU), Verkehrsminister, HessenDie Länder entscheiden mitGleiche Partei, unterschiedliche Meinungen: Ist die geplante Bewirtschaftung des Netzes durch die DB sinnvoll oder soll das Netz komplett unter Kontrolle des Staates bleiben?

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