Die umstrittene Neuaufstellung bei der kriselnden Bahn-Güterverkehrstochter DB Cargo wird konkreter. Der Konzern unterrichtete in dieser Woche den Aufsichtsrat über die genauen Pläne, wie Cargo-Chefin Sigrid Nikutta am Freitag, 7. Juni, sagte. Neben dem Abbau von rund 2000 Stellen, vor allem durch den Weggang von Ruheständlern, soll der sogenannte Kombinierte Verkehr - etwa Containerverkehr von den Seehäfen oder Terminals - an Tochterunternehmen ausgelagert werden. Dort gelten andere Arbeitsbedingungen. Außerdem sollen bisher gemeinsam geführte Transportsegmente wie Stahl, Autos oder Chemieprodukte in jeweils eigene Geschäftsfelder aufgeteilt werden.
Cargo seit Jahren in der Krise
Das Unternehmen fährt seit Jahren hohe Verluste ein. Allein 2023 belief sich das Minus aus dem operativen Geschäft (Ebit) bei DB Cargo auf fast eine halbe Milliarde Euro. Die Kundenzufriedenheit war mittelmäßig, die Pünktlichkeit laut Geschäftsbericht bei lediglich knapp 70 Prozent. Der Großteil der Verluste stammt Nikutta zufolge aus dem sogenannten Einzelwagenverkehr.
Dabei werden die Waggons direkt bei den Firmenkunden abgeholt und auf Rangierbahnhöfen zu langen Zügen zusammengestellt. Am Zielort werden diese dann wieder auseinander gebaut und die Waggons einzeln weiter transportiert. Das ist aufwendig und so teuer, dass damit aus Sicht der Bundesregierung kein Geld verdient werden kann. Sie fördert deshalb den Einzelwagenverkehr, der in Deutschland von DB Cargo dominiert wird, in diesem Jahr und den kommenden mit rund 300 Millionen Euro.
Sorgenkind Kombinierter Verkehr
Doch auch der sogenannte Kombinierte Verkehr gilt bei DB Cargo als Sorgenkind. Das ist vor allem der Containerverkehr von den Seehäfen oder Binnenterminals, der teils mit Schiff, teils mit der Bahn transportiert wird. Das Geschäftsfeld gilt als Wachstumsmarkt. Nur der Bahn gelingt es nicht, damit Geld zu verdienen. Hier will Nikutta ansetzen: Der Kombinierte Verkehr soll künftig an Bahn-Tochterunternehmen wie die Mitteldeutsche Eisenbahngesellschaft (MEG) ausgelagert werden. Auf einen Schlag müssten dort nun 150 zusätzliche Stellen entstehen, sagte die Vorständin. "Es geht dabei nicht darum, Personalkosten zu sparen", betonte sie. Schließlich verdienten die MEG-Beschäftigten zum Teil deutlich mehr als bei DB Cargo. "Es geht vielmehr um die Einsatzbedingungen." Bei DB Cargo sind die Schichten so organisiert, dass ein Lokführer am Ende seines Dienstes wieder am Ausgangsort ankommt. Nach der Hälfte der Schicht muss der Zug also von jemand anderem übernommen werden.
Bei den Töchtern ist dieses System flexibler. Hier sind Lokführerinnen und Lokführer länger unterwegs, auch mal über mehrere Tage hinweg. So sei es auch bei den Bahn-Wettbewerbern geregelt, betont Nikutta.Es ist aus ihrer Sicht ein Grund dafür, dass die Konkurrenz im Kombinierten Verkehr häufig profitabel unterwegs ist und die Bahn nicht.
Weitere Maßnahmen geplant
Die Umstrukturierung bei DB Cargo geht noch weiter: Bisher gemeinsam geführte Transportsegmente wie Stahl, Autos oder Chemieprodukte sollen in separate Geschäftsfelder aufgeteilt werden mit je einem eigenen Fuhrpark und einer eigenen Belegschaft. So sollen die Leitungsebenen der jeweiligen Segmente besser planen können und die Übersicht behalten bei Kosten und Kapazitäten. Auf Kundenwünsche könne so besser eingegangen werden, sagt Nikutta. "Wir lösen diese gesamthafte Verbundproduktion auf, in der alles mit allem verbunden ist." Um die Transformation umzusetzen, stellt DB Cargo den eigenen Vorstand neu auf. Er bekommt ein neues Ressort für den Kombinierten Verkehr sowie eines für die neuen Segmente, die sogenannte Bahnlogistik. Der Aufsichtsrat soll am 20. Juni der Umstellung des Vorstands zustimmen. Zuvor hatte der "Business Insider" berichtet.
Widerstand der Betriebsräte und der EVG
Die Betriebsräte sowie die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) versuchen seit Monaten, die Neuausrichtung in der geplanten Form zu verhindern. Sie werfen Nikutta vor, eigene Vorschläge nicht zu berücksichtigen und fürchten vor allem den Wegfall wichtiger Arbeitsplätze. DB Cargo weist darauf hin, dass der Stellenabbau vor allem die Verwaltung betreffe und nicht mit Kündigungen einhergehe. Tausende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gingen in den nächsten Jahren in den Ruhestand. Diese Stellen blieben dann einfach unbesetzt. Dass sie mit ihrem Vorgehen EVG und Betriebsräte gegen sich aufbringt, nimmt Nikutta in Kauf. "Ich habe einen klaren Auftrag: Die Rettung der DB Cargo", sagt sie. "Wir werden das im Sinne der Beschäftigten machen. Es geht am Ende darum, dass Unternehmen wettbewerbs- und zukunftsfähig zu machen - und so letztlich zu retten."