Bochum. Die deutschen Tankstellenkonzerne stehen entgegen der öffentlichen Meinung unter erheblichem Wettbewerbsdruck. Der Gewinn für einen Liter Benzin schwankt im Verlauf eines Jahres wie ein hektisches EKG meistens zwischen null und zwei Cent, bei heftigen Ausschlägen auch schon mal zwischen minus zwei und plus vier Cent.
Am Ende kommt im Jahresdurchschnitt ein Gewinn von 1,03 Cent pro Liter heraus. Das wird von keiner Seite angezweifelt und ist alles andere als üppig. Die Mineralölkonzerne verdienen zwar viele Milliarden Euro, Dollar und Pfund, aber nicht mit ihren Tankstellennetzen, sondern mit ihren Ölförderanlagen.
Das ständige Auf und Ab der Preise an der Tankstelle nervt die Verbraucher, aber auch die Unternehmen. Genau 196 mal haben die Tankstellen im vergangenen Jahr die Preise heraufgesetzt und noch öfter gesenkt. Im Jahr 1999 reichten noch 43 Preisrunden. Der Wettbewerb ist viel härter geworden, die Kritik an den Konzernen auch.
Neid auf die Niederlande
"Die Kollegen in den Niederlanden haben es besser", sagt der Manager eines Hamburger Mineralölunternehmens. Dort ist mehr Luft in den Preisen, ein Gewinnpolster. Die Märkte sind weniger hektisch, aber auch nicht ganz so effizient. Folge: Höhere, aber stabilere Preise. "Die Schwankungen bei der Beschaffung können dann abgefedert werden", sagt Rainer Wiek vom Energie-Informationsdienst EID. "Nur so lassen sich stabile Preise herstellen." Bei einer engen Marge geht das nicht.
Vor diesem Hintergrund erscheinen die Aral-internen Entwürfe für einen neuen Pächtervertrag plausibel, die am Montag von der Zeitung "Die Welt" veröffentlicht wurden. Darin wird den Pächtern ein finanzieller Anreiz geboten, die Preise möglichst oben zu halten.
Beruhigung der Preise
Bislang ist es genau umgekehrt: Die Pächter wollen niedrige Preise, damit sie viel Benzin und Diesel verkaufen können. Entsprechenden Druck üben sie auf ihre Zentralen aus. Denn sie werden nach Menge bezahlt, jeder Liter bringt ihnen Einkommen, der Preis ist egal. Wenn die Pächter nun - wie andere Kaufleute - ein eigenes Interesse an möglichst hohen und nicht an niedrigen Preisen hätten, dann ließe sich vielleicht ein wenig Dynamik aus dem Wettbewerb nehmen und die Preiswellen würden länger und flacher. Die Preise würden nach den Erhöhungen langsamer sinken.
Aral beeilte sich am Montag, diese Absicht schriftlich zu dementieren. Der Marktführer bestätigte aber, dass er mehrere alternative Provisionsmodelle teste, um die Wettbewerbsfähigkeit der Aral-Tankstellen halten zu können. Die Tests stünden ganz am Anfang, entschieden sei gar nichts, ergänzte eine Sprecherin. Und überhaupt gehe es nicht nur um die Provisionen für das Benzin, sondern um das Gesamtprodukt Tankstelle.
Und das ist auch das Problem der Pächter: Sie erzielen rund zwei Drittel ihrer Einnahmen aus dem Verkauf von Zeitungen, Zigaretten, Snacks und Getränken. Und weniger als 20 Prozent mit Benzin und Diesel. Wenn aber die Preise einer Tankstelle um einen Cent nach oben abweichen, dann fahren die Kunden zur Nachbartanke. Und den Pächter schmerzt das entgangene Shopgeschäft mehr als das nicht verkaufte Benzin.
Aral ist zwar die größte Tankstellenkette in Deutschland, mit mehr als 23 Prozent Marktanteil und rund 2400 Stationen in Deutschland.
Das reicht aber nicht, um bei rund 14.500 Tankstellen insgesamt den Markt nach Belieben zu dominieren. Bei Shell, Esso und den anderen Tankstellengesellschaften gibt es wenig Neigung, dem Marktführer zu folgen und ebenfalls die Pachtverträge zu verändern. Die Autofahrer müssen - jedenfalls aus diesem Grund - wohl keine höheren Preise befürchten. (dpa)