Bremen. Der Corona-Virus bringt nicht nur gesundheitliche Probleme mit in den Alltag, sondern auch immer häufiger Rechtsfragen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Nun muss das Arbeitsgericht Dortmund über einen weiteren Fall entscheiden, der auch für anderen interessant sein könnte:
Darf ein Unternehmen seine Mitarbeitenden selbst in Quarantäne schicken? Und muss es dann das Gehalt weiterzahlen? Die Arbeitsrechtskanzlei Wittig Ünalp erklärt den Fall:
Zwei Eheleute, die beide beim selben Arbeitgeber arbeiten, machten für fünf Tage Urlaub in Tirol. Noch während ihres Aufenthalts stufte das Robert-Koch-Institut Österreich als Corona-Risikogebiet ein. Nach seiner Rückkehr wollte der Mann wieder zur Arbeit gehen, denn es lag keine offizielle Aufforderung des Gesundheitsamtes vor, sich in Quarantäne zu begeben. Das Unternehmen forderte ihn daraufhin auf, 14 Tage der Arbeit fernzubleiben, und zwar unbezahlt.
Die Quarantäne war rechtens - gezahlt werden muss dennoch
Daraufhin verklagte der Arbeitnehmer das Unternehmen, da ihm seiner Meinung nach der Lohn für 62,5 Stunden zustand. Das Unternehmen argumentierte, es hätte keine andere Möglichkeit gesehen, Kollegen zu schützen. Die Risiken einer Reise nach Österreich seien bekannt gewesen, der Arbeitnehmer habe sich also grob fahrlässig verhalten.
Das Arbeitsgericht Dortmund entschied, dass die Anordnung der Quarantäne durch das Unternehmen zulässig gewesen sei. Allerdings habe das Unternehmen das Gehalt zu zahlen, weil der Arbeitsausfall in diesem Fall zum betrieblichen Risiko gehöre. Konkret stellte das Arbeitsgericht Dortmund fest: „Beschließt ein Arbeitgeber aus eigenem Antrieb, seinen Betrieb zu schließen oder einen Arbeitnehmer zum Schutz der sonstigen Belegschaft in Quarantäne zu schicken, trägt er nach den Grundsätzen der Betriebsrisikolehre das Vergütungsrisiko. Dies gilt (...) selbst dann, wenn die Störung - wie im Fall des Coronavirus - nicht aus einer vom Arbeitgeber beeinflussbaren Gefahrensphäre stammt."
„Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn eine Quarantäne behördlich vorgeschrieben oder der Arbeitnehmer wissentlich in ein Risikogebiet gefahren wäre", sagt Maximilian Wittig, Fachanwalt für Arbeitsrecht sowie Partner der Kanzlei Wittig Ünalp. (ste)