Berlin. Am Mittwoch öffnet in Berlin für drei Tage der 30. Deutsche Logistik-Kongress seine Tore. Im Gespräch mit Raimund Klinkner, Vorstandsvorsitzender der Bundesvereinigung Logistik (BVL) zu Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Europas größter Logistik-Fachkonferenz.
Herr Klinkner, welche Rolle spielt heute aus Ihrer Sicht der Deutsche Logistik-Kongress in der deutschen Logistik-Veranstaltungslandschaft?
Der Deutsche Logistik-Kongress ist das Jahrestreffen der Logistiker und Supply Chain Manager in Deutschland und weit darüber hinaus. Er hat seinen festen Platz in den Terminkalendern. Hier treffen sich die Logistikentscheider, hier tauschen sie sich aus, hier aktualisieren sie Informationen, erhalten Impulse für Ideen und Innovationen, aber auch Anregungen über das Berufsfeld im engeren Sinne hinaus.
Und in Europa und weltweit?
Der Kongress hat bei insgesamt etwa 3300 Teilnehmern darunter etwa zwölf Prozent ausländische Besucher aus 40 Ländern weltweit und dies mit steigender Tendenz. Die zweitgrößte Veranstaltung dieser Art in Europa ist das Logistics Seminar unserer Freunde von der Logy in Finnland mit etwa 1000 Teilnehmern. Angesichts des großen Zulaufs, der hohen Qualität und der günstigen Lage in der Mitte Europas ist der Deutsche Logistik-Kongress in der Tat die Nummer 1.
Warum ist der Deutsche Logistik-Kongress nach wie vor so erfolgreich, während es andere Veranstaltungen schwer haben, sich am „Logistik-Kongressmarkt“ zu etablieren oder zu halten?
Drei Eckpunkte machen die Attraktivität des Kongresses aus. Erstens: Eine 30jährige Geschichte, in der der Kongress jedes Jahr von den Themen her aufs Neue erfunden wurde. Da gibt es kein „Business as usual“. Zweitens: Die hohe Qualität der Inhalte, aber auch der Kommunikationsangebote, der Location und des Rahmenprogramms. Drittens: Das Netzwerk der Bundesvereinigung Logistik, das vielen Logistikern das ganze Jahr über eine fachliche Heimat bietet – und einmal im Jahr diesen spektakulären Treffpunkt.
Wie unterscheidet sich der heutige Logistikkongress inhaltlich zu den Anfangsjahren? Welche Meilensteine in der Entwicklung der Logistik lassen sich an den 30 Jahren Kongress ablesen?
Logistik ist heute mehr denn je ein höchst komplexes, international vernetztes Arbeitsfeld mit großem Einfluss auf die Wettbewerbsposition von Unternehmen und Branchen bis hin zu ganzen Volkswirtschaften. Als 1984 der erste Deutsche Logistik-Kongress in Berlin stattfand, war die Logistik gerade dabei, ihren Wirkungskreis über Transport, Umschlag und Lagerung hinaus zu erweitern. Im Verlauf der 80er-Jahre setzte sich der Ansatz durch, Logistik als betriebliche Querschnittsfunktion zu betrachten und die Schnittstellen von der Beschaffung über die Produktion bis hin zum Vertrieb zu optimieren. Im nächsten Entwicklungsschritt ging es um Prozess- und später um Wertschöpfungsketten: So wurden mit den Mitteln der Logistik und des Supply Chain Managements Funktionen in Prozessketten integriert, später Unternehmen in Wertschöpfungsketten. Dieser Entwicklungsschritt ist noch nicht abgeschlossen, findet aber seit der Jahrtausendwende in globalen Netzwerken statt – und verstärkt durch IT-Einsatz.
Seit wann besuchen Sie den Deutschen Logistik-Kongress, und was war in dieser Zeit ihr persönliches Highlight?
Seit dem 10. Deutschen Logistik-Kongress im Jahr 1993 bin ich als Teilnehmer jedes Jahr dabei. Der 30. Deutsche Logistik-Kongress ist also „mein“ 20. Kongress. Besonders beeindruckt haben mich in all den Jahren der Auftritt von Altbundeskanzler Helmut Schmidt 2005 und die Begegnung mit dem heutigen Bundespräsidenten Joachim Gauck, der 2009 nach seiner Rede über Freiheit und Verantwortung beim Galaabend Standing Ovations erhielt.
Wenn man den Deutschen Logistik-Kongress heute auf der „grünen Wiese“ neu konzipieren dürfte, was würden Sie auf Basis der Erfahrungen der vergangenen 30 Jahre heute anders machen?
Lassen Sie mich den Kongress mit Städten wie London oder Paris vergleichen: Dort sind die gewachsenen alten Stadtkerne bis heute weit spannender und lebendiger als auf dem Reißbrett konzipierte neue Städte. Will sagen: Das organische Wachstum des Kongresses macht gerade seine Attraktivität aus. Die Kongresshotels InterContinental und Schweizerhof sind mit dem Kongress gewachsen und haben stets Lösungen für unsere veränderten Bedürfnisse angeboten. Gleiches gilt auch für das Estrel Convention Center, in dem wir häufig unsere Abendveranstaltung durchführen. Mit solchen Partner an der Seite gibt es eigentlich eher ein Fein-Tuning.
Wie wird der Deutsche Logistik-Kongress in zehn Jahren aussehen? Ihre Vision für den 40. Deutschen Logistik-Kongress?
Veranstaltungsort Berlin, wo sonst? Themenschwerpunkte Nachhaltigkeit durch Innovation sowie neue Geschäftsmodelle in der digitalen Welt. Teilnehmerzahl 5000 Besucher, davon 1500 im 3-D-Modus virtuell zugeschaltet. Ich selbst werde aber weiterhin vor Ort sein und den Kongress sehr entspannt als Gast genießen.
Interview: Andre Kranke
Bildergalerie:
Der Deutsche Logistik-Kongress in Berlin feiert im Oktober 2013 seinen 30. Geburtstag. Eine Bilder-Zeitreise von den ersten Kongressjahren bis heute. (siehe unten oder dieser Link)