Die deutschen Versicherer rechnen aufgrund des neuen Hinweisgeberschutzgesetzes kurzfristig mit höheren Schäden in der Vertrauensschadensversicherung. Diese sichert Vermögensschäden von Betrieben ab, die durch Gesetzesverstöße entstehen, die von Mitarbeitern oder Dritten begangen werden.
Sie zahlt zum Beispiel, wenn die eigenen Mitarbeiter Geld unterschlagen oder das Unternehmen sabotieren. Auch wenn Zeitarbeiter oder externe Dienstleister entsprechende Taten begehen, sind die Betriebe versichert.
Höhere Schäden durch Aufdeckung bisher unbemerkter Verstöße
Durch das Hinweisgeberschutzgesetz und den damit verbundenen besseren Schutz von sogenannten Whistleblowern könnten kurzfristig mehr Wirtschaftsstraftaten offen gelegt werden, wie der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft ausführt. „Bisher unbemerkte Verstöße dürften nun aufgedeckt werden und zu entsprechend höheren Schäden in der Vertrauensschadenversicherung führen“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
Das Gesetz verpflichtet Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden dazu, sogenannte Hinweisgebersysteme einzuführen, über die ihre Beschäftigten Verstöße im Unternehmen melden können. Unternehmen ab 250 Mitarbeitern müssen dies einen Monat nach Inkrafttreten des Gesetzes (voraussichtlich im Juni) umsetzen. Unternehmen ab 50 Beschäftigten haben Zeit bis Mitte Dezember.
Unter anderem müssen die Betriebe ihren Angestellten interne oder externe Ansprechpartner benennen und die Vertraulichkeit von Hinweisen sicherstellen. Diese sollen so ohne Angst vor negativen Folgen für sich selbst Regelverstöße melden können.
Auf längere Sicht weniger Wirtschaftskriminalität und weniger Schäden
Langfristig erwarten sich die Versicherer aber positive Folgen durch das Gesetz: „Zum einen erhöhen Whistleblowing-Systeme das Risiko, entdeckt zu werden, und schrecken potenzielle Täter ab“, erklärt Asmussen.
Zum anderen würden Taten früher erkannt und können so weniger Schaden anrichten. „Das wird langfristig positive Effekte für die deutsche Wirtschaft und auch für die Vertrauensschadenversicherung haben“, so Asmussen. Die Versicherer rechnen damit auf längere Sicht mit einem Rückgang der Wirtschaftskriminalität.
Haftung der Geschäftsführer
Zudem weist der Verband darauf hin, dass Geschäftsführern und Vorständen, die bis zum Stichtag kein Hinweisgebersystem in ihren Unternehmen etabliert haben, künftig Bußgelder und im Schadenfall hohe Haftungsansprüche drohen können. Nach einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag des GDV gab es im Frühjahr 2022 nur in jedem vierten mittelgroßen Unternehmen ein Hinweisgebersystem, wie es jetzt vorgeschrieben wird.
Mehr zu den Inhalten des Hinweisgeberschutzgesetzes hier:
>>>Hinweisgeberschutzgesetz: Vermittlungsausschuss erreicht Einigung