Münster. Das Oberverwaltungsgericht NRW (OVG) in Münster befasst sich am Dienstag erneut mit der Berechnung der Lkw-Maut in Deutschland. Das aufwendige Musterverfahren läuft bereits seit einigen Jahren. Es hat durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in einer ihm vorlegten Einzelfrage bereits eine Änderung der Maut-Kalkulation bewirkt. Im Anschluss an die mündliche Verhandlung am Dienstag will der 9. Senat ein Urteil verkünden.
Kläger fordern 12.000 Euro Mautgebühren zurück
In dem Verfahren geht es konkret um mutmaßlich zu viel gezahlte Maut im Zeitraum Januar 2010 bis Juli 2011 durch ein Speditionsunternehmen aus Polen. Die beiden Kläger halten die Mautgebühren aus verschiedenen Gründen für rechtswidrig und fordern rund 12.000 Euro Mautgebühren zurück. Das Verwaltungsgericht Köln hatte die Klage in erster Instanz abgewiesen. In dem Verfahren seien jetzt weitere Streitfragen zu klären, teilte das OVG mit. Für die Klage sind Gerichte in Nordrhein-Westfalen zuständig, weil das für die Lkw-Maut zuständige Bundesamt für Güterverkehr (BAG) in Köln sitzt.
Schon 2019 hatte der OVG während des Verfahrens dem Europäischen Gerichtshof eine einzelne Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt. Der EuGH entschied daraufhin im Oktober 2020, dass die Kosten für die Verkehrspolizei bei der Kalkulation der Lkw-Maut nicht berücksichtigt werden dürfen. Die Bundesrepublik änderte daraufhin die Kalkulation vom Tag der Entscheidung an und erstattete den Klägern 424 Euro Mautgebühren.
36.000 Anträge beim BAG bis Juni eingegangen
Beim Bundesamt für Güterverkehr (BAG) sind seitdem Zehntausende Erstattungsanträge von Speditionen und Logistikunternehmen eingegangen. Bis Juni zählte die Behörde knapp 36.000 Anträge, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage von FDP-Abgeordneten im Bundestag hervorgeht.
Die Speditionsbranche verfolgt das Verfahren aufmerksam. Die Einschätzungen des Gerichts in der mündlichen Verhandlung würden für Tausende von mautzahlenden Unternehmen von Interesse sein, teilte der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) im Vorfeld mit. „Die Positionierung des OVG ist dabei besonders relevant für die Unternehmen, die Anträge auf Rückerstattung der Lkw-Maut gestellt haben oder solche Anträge noch stellen werden“, sagte ein Sprecher. Fällt das OVG ein Urteil und lässt es eine Revision zu, wäre das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die letzte Entscheidungsinstanz.
Die Lkw-Maut wurde in Deutschland 2005 auf den Bundesautobahnen eingeführt und später auf alle Bundesstraßen ausgeweitet. Die Einnahmen werden laut Bundesverkehrsministerium seit 2011 ausschließlich für die Bundesfernstraßen verwendet. Im Jahr 2020 betrugen die Einnahmen rund 7,4 Milliarden Euro. (dpa/sn)