Mit drei zeitgleich veröffentlichten Urteilen vom 23. April 2009 (Aktenzeichen: V R 84/07), vom 12. Mai 2009 (Aktenzeichen: V R 65/06) und vom 28. Mai 2009 (Aktenzeichen: V R 23/08) hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine Reihe von Zweifelsfragen der Umsatzsteuerbefreiungen bei Lieferungen in Drittstaaten (so genannte Ausfuhrlieferung gemäß § 6 des Umsatzsteuergesetzes (UStG)) und in andere EG-Mitgliedstaaten (so genannte innergemeinschaftliche Lieferung gemäß § 6a UStG) geklärt. Insbesondere innergemeinschaftliche Lieferungen gälten in der Praxis als sehr missbrauchsanfällig und seien häufig Streitgegenstand in Prüfungen der Finanzverwaltung und bei Finanzgerichtsverfahren. Die Steuerbefreiungen für Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftliche Lieferungen setzen laut BFH unter anderem voraus, dass die gelieferte Ware in das Ausland befördert oder versendet wird. Da der Unternehmer die Voraussetzungen der Steuerbefreiungen nur mit unzumutbaren Aufwand vollumfänglich nachweisen könne, ordne das UStG in Verbindung mit der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) an, dass der Unternehmer den Nachweis der Steuerfreiheit bei innergemeinschaftlichen Lieferungen und bei Ausfuhrlieferungen durch Belege und Aufzeichnungen als so genannten Beleg- und Buchnachweis zu erbringen habe. Nach den Urteilen vom 23. April 2009 und vom 12. Mai 2009 komme dem Beleg- und Buchnachweis nur vorläufiger Beweischarakter zu. Zwar sei der Unternehmer berechtigt, die Lieferung als steuerfrei zu behandeln, wenn ihm der erforderliche Beleg- und Buchnachweis vorliege. Die durch den Unternehmer beizubringenden Nachweise unterlägen jedoch der Nachprüfung durch die Finanzverwaltung. Werde dabei die Unrichtigkeit von Beleg- oder Buchangaben festgestellt oder bestünden zumindest begründete Zweifel an der Richtigkeit der Angaben, entfalle die dem Beleg- und Buchnachweis zukommende Vermutung, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit vorliegen. Die Lieferung sei dann nur steuerfrei, wenn die Voraussetzungen der Steuerfreiheit objektiv feststünden oder der Unternehmer die Lieferung trotz einer Täuschung durch den Abnehmer gutgläubig in Anspruch genommen habe. Den BFH-Urteilen vom 23. April 2009 und vom 12. Mai 2009 kommt grundsätzliche Bedeutung zu, da der BFH in beiden Entscheidungen betont, dass sich der Umfang der den Unternehmer treffenden Verpflichtungen abschließend aus der UStDV ergibt. Die Finanzverwaltung sei danach nicht befugt, die Bestimmungen der UStDV um weitere Voraussetzungen zu verschärfen, deren Fehlen für sich allein die Annahme berechtige, Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftliche Lieferungen seien bereits mangels Beleg- und Buchnachweis umsatzsteuerpflichtig. Hole zum Beispiel ein vom Abnehmer Beauftragter die Ware beim Unternehmer im Inland zum Transport in das Ausland ab, sei der Unternehmer mangels gesetzlicher Anordnung in der UStDV nach beiden Urteilen nicht generell verpflichtet, die Abholberechtigung eines Beauftragten belegmäßig nachzuweisen. Weitergehende Nachweispflichten bestünden für den Unternehmer aber, wenn an der Steuerfreiheit der Lieferung im Einzelfall begründete Zweifel bestünden. Mit Urteil vom 12. Mai 2009 hat der BFH weiter entschieden, dass der Nachweis der Versendung auch durch einen so genannten CMR-Frachtbrief geführt werden kann, ohne dass es darauf ankomme, ob der Frachtbrief die in Feld 24 vorgesehene Empfängerbestätigung enthält. Das Urteil vom 28. Mai 2009 betrifft schließlich die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt der Unternehmer den Buchnachweis durch buchmäßige Aufzeichnungen zu führen hat. Der BFH entschied unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung, dass die erforderlichen Aufzeichnungen bis zum Zeitpunkt der Abgabe der jeweiligen Umsatzsteuer-Voranmeldung zu führen sind. Danach könnten die buchmäßigen Aufzeichnungen nur noch ergänzt und/oder berichtigt werden.
Urteil der Woche: Bundesfinanzhof klärt Umsatzsteuerfragen
Bundesfinanzhof (BFH) klärt umsatzsteuerliche Zweifelsfragen bei Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftlichen Lieferungen