Stuttgart. Wer während der Fahrt ein mit einer Freisprechanlage verbundenes Mobiltelefon in der Hand hält und über die Freisprechanlage telefoniert, verstößt nicht gegen das Handyverbot am Steuer gemäß Paragraf 23 Absatz 1a der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), solange er keine weiteren Funktionen des Geräts nutzt. Darauf wies jetzt das Oberlandesgericht Stuttgart hin. Der betroffene Autofahrer hatte bereits vor Fahrtantritt mit seinem Smartphone telefoniert, war in sein gestiegen Auto und hatte den Motor gestartet. Dabei hatte sein Mobiltelefon über Bluetooth eine Verbindung mit der Freisprecheinrichtung des Fahrzeugs hergestellt. Er war anschließend losgefahren, vergaß aber das Handy abzulegen.
Die ursprünglich gegen ihn wegen "fahrlässigen Benutzens eines Mobiltelefons mittels Halten des Mobiltelefons während der Fahrt" verhängte Geldbuße von 60 Euro musste er nicht zahlen. Das zuständige Amtsgericht wollte ihn für das bloße Aufnehmen oder Halten des Geräts bestrafen, obwohl dies in diesem Fall für die Durchführung des Telefonats nicht erforderlich gewesen war. Denn durch Paragraf 23 Absatz 1a der StVO solle sichergestellt werden, dass die Ablenkungen durch das Mobiltelefon auf ein Minimum reduziert werden, damit der Fahrer beide Hände zum Führen des Fahrzeuges frei habe.
Diese Bewertung hielt rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Oberlandesgericht Stuttgart war der Ansicht, dass das Amtsgericht den Wortlaut der gesetzlichen Regelung bei seiner Auslegung überdehnt. Danach darf ein Fahrzeugführer ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss. In dem Streitfall könne aber von „müssen“ im Zusammenhang mit der Nutzung keine Rede sein. Den der Betroffene hielt das Smartphone nicht in der Hand, um das Telefonieren überhaupt zu ermöglichen, das ging automatisch.
Das Oberlandesgericht Stuttgart sah über den Telefonvorgang hinaus kein relevantes Gefährdungspotential durch das Halten des Mobiltelefons. Schließlich seien auch das Essen, Rauchen oder die Bedienung des Radios per Hand während der Fahrt nicht verboten. (ag)
Beschluss vom 25.04.2016
Aktenzeichen 4 Ss 212/16