Berlin. Die Bundesregierung nimmt die Wirtschaft künftig stärker in die Verantwortung, wenn es um die Arbeitsbedingungen im eigenen Unternehmen und die Vergabe von Aufträgen geht. Sowohl für Industrie- und Handelsunternehmer, die immer mehr Aufgabenfelder auslagern und Arbeiten fremdvergeben, als auch für Spediteure, die wiederum oft Frachtführer oder Logistikdienstleister einsetzen, um Aufträge der Verlader abzuwickeln, verschärft sich durch das Mindestlohngesetz (MiLoG) ab 2015 das Haftungsrisiko deutlich:
Gemäß Paragraf 13 des MiLoG haftet ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit einer Werk- oder Dienstleistung beauftragt, wie ein Bürge dafür, dass der beauftragte Unternehmer oder dessen Nachunternehmer seinen abhängig Beschäftigten die 8,50 Euro brutto pro Stunde zahlt. In der Praxis sorgt die Auslegung der Auftraggeberhaftung aber für Probleme. In Bezug auf Vertragsverhältnisse im gewerblichen Güterverkehr ist den wenigsten klar, ob der Verlader oder der Spediteur gemeint ist, und wann welcher von beiden den Kopf für die gesamte Nachunternehmerkette hinhalten muss.
Maßgeblich ist die vertragliche Verpflichtung
Das Bundesarbeitsministerium hat nun klargestellt, wie sich der Gesetzgeber die zivilrechtliche Durchsetzung des für alle Branchen und Regionen gültigen Mindestlohns vorstellt: Ein Auftraggeber hafte lediglich dann unabhängig vom eigenen Verschulden, „wenn er sich vertraglich dazu verpflichtet hatte, eine bestimmte Dienst- oder Werkleistung zu erbringen und diese sodann nicht mit eigenen Arbeitskräften erledigt, sondern sich zur Erfüllung dieser Verpflichtung eines oder mehrerer Subunternehmen bedient“, erklärte Pressesprecher auf Anfrage der VerkehrsRundschau.
Eine Haftung des Auftraggebers für die Ansprüche der Arbeitnehmer eines Subunternehmers bestehe danach nur insoweit, wie dem beauftragenden Unternehmer die Vorteile einer Arbeitsteilung zur Erfüllung eigener vertraglich übernommener Pflichten zugutekämen. Das Ministerium stützt sich bei seiner Argumentation auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2005, das das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) in seiner damaligen Fassung einschränkt. Hintergrund: Die vorgesehene Auftraggeberhaftung im MiLoG richtet sich nach der, die bereits im AEntG festgelegt ist.
Beim Versendungskauf haftet der Verlader
Ein Industrieunternehmer reiche demnach etwa für gewöhnlich keine eigene vertragliche Verpflichtung weiter, wenn er einen Spediteur aus eigenem Interesse mit einem Transport beauftrage, der diesen wiederum an einen Frachtführer weitergibt. „Soweit also der Produzent nicht durch einen Vertrag mit einem Zwischen- oder Endabnehmer der von ihm produzierten Waren auch zur Lieferung derselben verpflichtet ist, stellt die Beauftragung des Spediteurs keine Vergabe von Werk- oder Dienstleistungen zur Erfüllung eigener vertraglicher Pflichten dar“, so der Sprecher gegenüber der VerkehrsRundschau.
Der Verlader sei damit kein Unternehmer im Sinne der erwähnten Rechtsprechung und unterliege deshalb nicht der Auftraggeberhaftung des Paragrafen 13 im MiLoG, sondern der Spediteur sei dafür zuständig, dass alle von ihm eingesetzten Subunternehmer ihren Arbeitnehmern den Mindestlohn zahlen. Anders gestaltet sich nach Auskunft des Ministeriums die Situation, wenn das Industrieunternehmen durch einen Vertrag mit einem Zwischen- oder Endabnehmer zu einer Leistung verpflichtet ist und sich dafür eines externen Dienstleisters behilft. In diesem Fall hafte nicht der Spediteur, sondern der Verlader für die gesamte Nachunternehmerkette. Dasselbe gilt für den Handel - zum Beispiel beim Versendungskauf.
Einen ausführlichen Bericht zum Thema „Heutige und künftige Pflichten der Verlader bei LKW-Transporten“ lesen Sie in der VerkehrsRundschau 42/2015, Seite 32, die am 17. Oktober erscheint, und als E-Paper unter www.verkehrsrundschau.de/epaper verfügbar ist. (ag)