Das Bundeskabinett hat das CSRD-Umsetzungsgesetz auf den Weg gebracht und den Regierungsentwurf verabschiedet. Damit setzt der Gesetzgeber die EU-Nachhaltigkeitsrichtlinie in nationales Recht um. Sie legt Unternehmen neue Berichtspflichten auf.
Die Umsetzung ins deutsche Recht solle möglichst bürokratiearm erfolgen, teilt das Bundesjustizministerium weiter mit. Die Vorgaben des europäischen Rechts will der Gesetzgeber dabei nicht verschärfen, sondern eins zu eins umsetzen. Bestimmte Unternehmen müssen künftig erstmals oder in deutlich größerem Umfang als bislang darüber berichten, welche sozialen und ökologischen Auswirkungen sowie Risiken ihr Handeln hat.
Bericht gilt für CSRD und deutsches Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz zugleich
Der Gesetzentwurf vermeide eine unnötige Doppelung der Berichtspflichten, erklärt das Ministerium: Er sieht vor, dass Unternehmen, die einen Nachhaltigkeitsbericht im Sinne der CSR-Richtlinie erstatten, damit zugleich auch ihre Berichterstattungspflicht nach dem nationalen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) erfüllen.
„Unternehmen, die nach den europäischen Vorgaben berichten werden, müssen dann nicht mehr nach dem deutschen Lieferkettengesetz berichten. So verhindern wir zumindest doppelte Arbeit“, sagt Bundesjustizminister Marco Buschmann.
Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung Schritt für Schritt
Die neue Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung soll in Deutschland schrittweise in Kraft treten. Für das erste Geschäftsjahr 2024 gilt sie für große kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern. In den nachfolgenden Geschäftsjahren werden bis 2028 stufenweise weitere Unternehmen davon betroffen sein
Von den Vorgaben erfasste Unternehmen müssen ihre Lageberichte um einen Nachhaltigkeitsbericht erweitern. Nachhaltigkeitsaspekte sind Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsfaktoren sowie Governance-Faktoren.
Wirtschaftsprüfer übernehmen Aufgabe
Die Angaben sollen künftig durch Wirtschaftsprüfer unter die Lupe genommen werden. Der Bericht soll damit auch Gegenstand der Prüfung wahlweise durch den Abschlussprüfer des Jahresabschlusses oder durch einen gesonderten Prüfer des Nachhaltigkeitsberichts sein.
Schon nach bisheriger Rechtslage sind in Deutschland bestimmte Unternehmen zur Abgabe von Nachhaltigkeitsinformationen verpflichtet, wie das Ministerium hervorhebt. Diese Informationen seien Gegenstand der sogenannten nichtfinanziellen Erklärung. Die Erklärung enthalte aber nur grundlegende Nachhaltigkeitsinformationen. Diese wird künftig durch den deutlich umfangreicheren Nachhaltigkeitsbericht abgelöst.
„Wir haben uns außerdem in der Bundesregierung darauf verständigt, dass wir uns bei der Europäischen Kommission dafür einsetzen werden, die sehr umfangreichen Vorgaben zum Inhalt der Nachhaltigkeitsberichterstattung wieder deutlich zu reduzieren“, sagte Buschmann weiter. „Der Abbau von Bürokratie bleibt eine drängende Daueraufgabe.“
Der Regierungsentwurf geht nun ins parlamentarische Verfahren. Bundestag und Bundesrat müssen darüber beraten und entscheiden. Es kann also noch zu Anpassungen kommen.
Versicherer rechnen mit höheren Kosten
Erste Verbände äußerten sich zum Gesetzesentwurf, darunter auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Er geht davon aus, dass die Kosten für die Umsetzung höher sind als von der Regierung im Entwurf veranschlagt.
„Die Bundesregierung schätzt den einmaligen Erfüllungsaufwand auf 846 Millionen Euro für 14.600 berichtspflichtige Unternehmen“, führt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Verbands, aus. „Das wären rechnerisch ungefähr 58.000 Euro pro Unternehmen.“
Für den Versicherungssektor rechne der Verband aber im Schnitt mit vier- bis achtmal höheren Kosten. „Für große Versicherungsgruppen liegen die Kosten sogar eher im zwei- bis dreistelligen Millionenbereich.“
Ein weiterer Punkt, den der Verband anführt: Für die erstmalige Erfüllung sind mit 846 Millionen Euro nur ungefähr halb so hohe Kosten angegeben, wie für die laufende Nachhaltigkeitsberichterstattung mit 1,58 Milliarden Euro.
„Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Kosten für die erstmalige Einrichtung einer Berichterstattung mit der notwendigen Qualifizierung von Personal und der Klärung inhaltlicher und methodischer Fragen geringer sein sollen als für die laufende Berichterstattung“, so Asmussen. „Wenn die Bestrebungen zum Bürokratieabbau erfolgreich sein sollen, müssen unbedingt realistische, transparente und nachvollziehbare Ansätze für die Ermittlung von Erfüllungsaufwand gefunden werden.“
Nur Wirtschaftsprüfer – TÜV sieht Mittelstand belastet
Der TÜV-Verband bemängelt, dass für das Prüfverfahren nur Wirtschaftsprüfer zugelassen werden sollen. Eine Mehrheit der Verbände habe sich in ihren Stellungnahmen zum vorhergehenden Referentenentwurf dafür ausgesprochen, auch unabhängige Prüfdienstleister mit einzubeziehen. Sonst werde der Mittelstand stärker belastet, meint der Verband.
„Der Kabinettsentwurf wird in der Praxis nicht zu einer Entlastung, sondern zu einer Belastung führen. Prüfkapazitäten werden künstlich verknappt, vorhandenes Know-how bleibt ungenutzt“, sagt Joachim Bühler, Geschäftsführer des Verbands. Den Preis zahle vor allem der Mittelstand.
„Die Regierung bevorzugt aus nicht nachvollziehbaren Gründen eine einzelne Branche und schafft eine Lex Wirtschaftsprüfer. Genau das wollte der EU-Gesetzgeber mit der Option, auch unabhängige Prüfdienstleister für die Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten zuzulassen, verhindern.“ Es bleibe zu hoffen, dass der Deutsche Bundestag nach der Sommerpause noch Nachbesserungen im Sinne der berichtspflichtigen Unternehmen vornehme, so Bühler.