Der seit Ende Mai für den Verkauf an Tankstellen zugelassene biologische Dieselkraftstoff HVO100 bringe im Vergleich zur HVO-Beimischung aktuell keine zusätzlichen CO2-Einsparungen für den Verkehrssektor, so eine Einschätzung der Denkfabrik Agora Verkehrswende. Das Einsparpotenzial werde auch in Zukunft begrenzt bleiben, „weil sich der Nachschub an Rohstoffen wie Altspeiseöle aus der Gastronomie, zum Beispiel gebrauchtes Frittierfett, oder tierische Abfälle aus der Lebensmittelindustrie kaum ausbauen“ lasse, heißt es in einem sogenannten Faktencheck unter dem Namen „HVO100 – kurz erklärt. Zahlen und Fakten zu Kraftstoffen aus hydrierter Biomasse in Reinform und ihrer Bedeutung für den Klimaschutz im Verkehrssektor“, der kostenlos zum Download angeboten wird.
Vor der Zulassung von HVO100, das zu 100 Prozent aus HVO besteht, wurde der Biokraftstoff bereits herkömmlichem Diesel beigemischt. Im Jahr 2022 betrug die HVO-Beimischung in Deutschland laut Agora Verkehrswende etwa zwei Prozent am verkauften Diesel, obwohl bis zu 26 Prozent erlaubt waren. Mehr sei laut Agora Verkehrswende mit den verfügbaren Rohstoffen „kaum zu erwarten“. Daher mache es für die CO2-Bilanz im Verkehrssektor keinen Unterscheid, ob HVO beigemischt oder in Reinform genutzt wird. Mit HVO100 würden die Rohstoffe zwar anders genutzt, aber es würde in Summe nicht mehr fossiler Diesel ersetzt und deshalb auch nicht mehr CO2 eingespart, lautet das Fazit.
Vorübergehendes Geschäftsmodell im Güterverkehr
Anders als im Pkw-Verkehr zeichnet sich nach Einschätzung von Agora Verkehrswende allerdings im Güterverkehr ein vorübergehendes Geschäftsmodell für das im Vergleich zum Diesel bislang teurere HVO100 ab. Logistikunternehmen könnten mit der biologischen Dieselalternative „nahezu CO2-neutrale Dienstleistungen anbieten und dies in ihren Nachhaltigkeitsberichten anführen“, schreibt die Denkfabrik. Je weiter die Umstellung auf batterieelektrische Lkw voranschreite, desto mehr werde diese Nachfrage jedoch zurückgehen.
Eine langfristig hohe Nachfrage nach HVO-Kraftstoffen biete der Luftverkehr, weil dort batterieelektrische Antriebe kaum eine Alternative sind und ansonsten nur strombasierte synthetische Kraftstoffe für die Reduzierung der klimarelevanten Emissionen infrage kommen. Der Einsatz von HVO sei aber aus Nachhaltigkeitssicht nur dann vertretbar, wenn für die gesamte Liefer- und Wertschöpfungskette nachgewiesen werden kann, dass soziale und ökologische Standards eingehalten wurden.