Ein fortlaufende Echtzeitüberwachung ist bei schweren Lkw bereits gang und gäbe. Nun implementiert Ford ein solches System auch auf seine Transporter „Nach Abschreibung und Kraftstoff sind Ausfallzeiten der höchste Kostenfaktor“, erklärt Claudia Vogt, Chefin der deutschen, österreichischen und Schweizer Dependance von Ford Pro. Das Kürzel steht für Produktivität und damit für die Transporter. Ärgerlich sind teure Ausfallzeiten zusätzlich, da schwer kalkulierbar.
Hier setzt Ford Liive ein. Basis ist ein Modem an Bord der Transporter, schrittweise eingeführt ab 2018, für sämtliche Modelle Serie ab 2020. Wenn Ford-Eigner es aktivieren, wird der Transporter gläsern. Flottenmanager können mit – teils kostenlosen – Telematiksystemen erkennen, ob eine Wartung fällig ist, auch wenn im in den Instrumenten eine Warnlampe aufleuchtet und daraufhin einen Termin beim Servicepartner einplanen.
Der wiederum muss nicht erst in der Werkstatt die Daten des Fahrzeugs auslesen, sondern erhält über das Liive-Servicecenter Informationen über den Zustand des Fahrzeugs wie etwaige Fehlercodes und die Laufleistung, kann Reparaturen und Rückrufe einplanen, zum Termin Ersatzteile passend und pünktlich vorbereiten. Das Modem übermittelt die Zustandsdaten fortlaufend nach Köln. „Sie werden für jeden Transporter immer für die vergangenen 60 Tage gespeichert“, so Michael Anton, Manager Ford Pro Service.
Mit Ford Liive verbunden ist sind klare Ziele. Zum Beispiel soll jeder Transporter innerhalb von spätestens 72 Stunden seinen Wartungs- und Reparaturtermin bekommen. Und der fällt dann so kurz wie möglich aus. 500 Ford-Betriebe in Deutschland machen mit. Und mit aktuell durchschnittlich zwei Tagen Vorlaufzeit für einen Termin unterbieten sie dieses Zeitziel sogar deutlich. Unternehmen mit dezentralen Flotten können über Ford Liive von der Zentrale aus sogar Termine für Transporter an entfernten Standorten buchen, müssen dort nicht auf Werkstattsuche gehen. Die Ford-Mitarbeiter unterstützen auch bei kniffligen Reparaturen mit Arbeitsanweisungen, damit die Transporter möglichst schnell wieder auf die Straße kommen – eine beruhigende Rückfallebene für den Betrieb vor Ort.
Die Werkstatt kommt bei Ford nun auf Wusch zum Kunden
Und sie sehen viel mehr als einzelne Fahrzeuge oder Flotten. Jetzt kommt die Videowand ins Spiel: Dort sind fortlaufend die generellen Ausfallraten und Reparaturzeiten der Transporter dokumentiert, die Zahl der Garantiefälle, der Stand der Ersatzteile, die Zahl notwendiger weiterer Besuche in der Werkstatt und vieles mehr. Auch die Zahl der aktivierten Modems wird hier dargestellt. Im Moment sind es rund 55 000 von knapp 230 000 – das Thema Telematik ist in vielen Branchen frisch oder spielt in kleinen Betrieben bisher keine Rolle, Ford Liive startet gerade erst. Deshalb geht Ford zurzeit auf seine Bestandskunden zu, damit der Anteil steigt – bei neu zugelassenen Modellen beläuft er sich auf zwei Drittel der Transporter. Schließlich profitieren nicht nur Ford-Kunden, auch die Servicebetriebe von besserer Planbarkeit von Terminen und Arbeitsumfängen.
Das Niveau der schweren Jungs unter den Nutzfahrzeugen erreicht Ford mit Liive indes noch nicht: Vorausschauende Hinweise auf mögliche Ausfälle, verbunden mit entsprechenden Tipps, das bekommen die Fuhrparks nicht. Zwar werden dafür notwendige Daten wie Bremsbelagverschleiß oder die Temperatur des Getriebeöls ermittelt. Doch einer Weitergabe steht, so Ford, der Datenschutz entgegen. Das kann sich ändern: In Großbritannien jedenfalls werden entsprechende Versuche gestartet. Ein weiterer Schritt um Ausfälle und damit verbundene Kosten zu senken.
An anderer Stelle hat Ford-dagegen die Transit-Nase vorn: In sehr vielen Fällen muss der Transporter nicht in die Werkstatt – dann kann die Werkstatt ins Unternehmen kommen. Auch dieser Service zielt auf Flottenkunden. Er gilt bis 30 Kilometer Entfernung vom Servicebetrieb und funktioniert auch außerhalb klassischer Öffnungszeiten. Beliebt sind Frühtermine, erläutert Ford-Servicemanager Jeffrey Scott, damit der Transporter aufgefrischt in den Arbeitstag fährt. Erledigt werden auf diese Weise klassische Wartungsthemen einschließlich Ölwechsel und Software-Updates, aber auch Reparaturen. Die Monteure schwärmen mit Ford Transit aus. Deren professionelle Einrichtung stammt durchweg von Würth. Sie reicht von der Rampe zum Hineinrollen von Kompletträdern, über einen Hydraulikheber und klassisches Werkzeug bis zum Wechselrichter zur Versorgung von drei 230-Volt-Steckdosen. „Manche Monteure sagen, die Transporter sind umfangreicher ausgestattet als die eigene Werkstatt“, erklärt Scott mit Augenzwinkern. Bundesweit sind für den mobilen Service inzwischen rund 90 Fahrzeuge im Einsatz. Etwa zwei Drittel aller Werkstattarbeiten lassen sich auf diese Weise erledigen, so Ford. Auch wenn digital normal wird: Es gibt weiterhin auch die klassischen Schrauberthemen. (Randolf Unruh)